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Der Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO ist ein Weckruf. Mehrere Staaten, allen voran Israel, fordern jetzt strengere Sanktionen gegenüber dem Iran.

© dpa

Atom-Bombe: Gibt es jetzt Krieg mit dem Iran?

Nie hat es die Internationale Atomenergiebehörde IAEO so deutlich gesagt: "Der Iran hat Schritte unternommen, die relevant sind für die Entwicklung einer Atombombe." Und mehr noch. Der Iran setze seine Bemühungen fort.

Welche konkreten Ergebnisse liefert der Bericht?

Der lang erwartete Iran-Report der IAEO führt nach Jahren der Bemühungen, dem Iran seine Nuklearwaffen-Ambitionen nachzuweisen, die bislang umfangreichsten und stärksten Belege auf. In einem Anhang zu dem am Dienstag bekannt gewordenen Report beschreiben die Waffenkontrolleure detailliert die Bemühungen des Iran um alle nötigen Komponenten einer Nuklearrakete. Insbesondere die Entwicklung eines Zündmechanismus, der eine nukleare Kettenreaktion in Gang setzt, lässt sich nicht mehr mit ziviler Nutzung der Atomkraft erklären. Ebenso alarmieren vorbereitende Arbeiten für Atomtests und Computersimulationen die Kontrolleure. Die Erkenntnisse bedeuten eine Zäsur. Jetzt diskutiert der Westen darüber, ob der Iran mit schärferen Sanktionen, Sabotage oder militärischen Aktionen gestoppt werden kann.

Greift Israel nun die iranischen Atomanlagen an?

Israel wird den Iran auf absehbare Zeit nicht militärisch angreifen. Jerusalem will abwarten, welche internationalen Sanktionen gegen Teheran ergriffen werden und wie diese greifen. Der IAEO-Report ändert für Jerusalem nichts an der Gefahrenlage, an der atomaren Bedrohung. Denn nichts von dem, was in dem Bericht steht, ist für Israel neu. Die in den letzten Tagen intensivierten israelischen Angriffsdrohungen dienten allein dazu, die internationale Gemeinschaft, insbesondere die USA, aber auch die EU, aufzuwecken und eine drastische Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran zu bewirken.

Ob Israels Luftwaffe zu einem Angriff überhaupt fähig wäre, darüber streiten sich internationale Experten, israelische Politiker und Militärs. Allerdings hat Israel in der Vergangenheit bereits einige Male ähnliche Manöver gestartet. So wurde der irakische Atomreaktor Osirak, unter dem Saddam Hussein gemäß israelischer Version den Bau von Atombomben vorantrieb, 1981 trotz großer Entfernung von Israels Luftwaffe zerstört, genauso wie der im Bau befindliche syrische Atomreaktor im September 2007, in dem laut der amerikanischen CIA jährlich zwei Atombomben hätten hergestellt werden sollen.

Auch Israel selbst hat bisher den Atomwaffensperrvertrag von 1970 nicht unterzeichnet und lässt offen, ob es Atombomben besitzt. Es gilt aber allgemein als sicher, dass Israel über eine erhebliche Anzahl verfügt, mindestens 200 heißt es in Veröffentlichungen außerhalb Israels.

Welche Sanktionen gibt es bereits gegen den Iran?

Die seit 2006 angeordneten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats treffen die Iraner auf verschiedenen Ebenen: So verbietet das UN-Gremium jede technische, finanzielle und logistische internationale Hilfe für wesentliche Teile des iranischen Atomprogramms. Die Lieferung von Ersatzteilen für Irans Atomanlagen ist untersagt. Zudem verhängte der Rat ein Embargo für schwere Waffen. Panzer, Artillerie und Kriegsschiffe etwa dürfen nicht mehr an das Land am Persischen Golf geliefert werden. Weiter ordnete der Rat das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote an. Doch trotz der Sanktionen: Der Iran lässt sich von seinem atomaren Kurs bisher nicht abbringen.

Gibt es im UN-Sicherheitsrat eine Mehrheit für weitere Sanktionen?

Washington will im Sicherheitsrat der UN eine fünfte Runde von Sanktionen gegen die Iraner durchbringen. Frankreichs Außenminister Alain Juppé drohte sogar mit „Sanktionen beispiellosen Ausmaßes“. Bislang versucht eine Gruppe aus sechs Staaten innerhalb der Vereinten Nationen die Iraner von ihrem atomaren Konfrontationskurs abzubringen: Die fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland sowie das jetzige nichtständige Sicherheitsratsmitglied Deutschland. Während die westlichen UN- Mächte eine gemeinsame Front gegen den Iran aufgebaut haben, gefallen sich Russen und Chinesen als Bremser. Die beiden UN-Vetomächte verfolgen im Iran ökonomische und strategische Interessen. So bezieht die Wirtschaftssupermacht China einen Großteil ihrer Öl- und Gaslieferungen von dem Energiegiganten Iran. Während Russland ein Nein zu neuen Iran-Sanktionen schnell formuliert hatte, blieb China zunächst passiv. Peking, so meldeten Agenturen, wolle den IAEO-Report prüfen. Der Iran solle aber „ernsthaft und flexibel“ mit der IAEO zusammenarbeiten, forderte Peking. Russen und Chinesen können mit ihrem Einspruch jeden Beschluss des Sicherheitsrates verhindern. Diplomaten betonen: Falls es im Sicherheitsrat überhaupt zu Verhandlungen über neue Strafen gegen Teheran kommt, werden die Gespräche sehr zäh.

Gehen die Europäer über die Maßnahmen der UN hinaus?

Bundesaußenminister Guido Westerwelle kündigte bereits an, man werde „für den Fall, dass sich die Dinge weiter zuspitzen sollten, in Europa auch eine nächste Sanktionsrunde vorbereiten.“ Sollten Russland und China bei neuen Sanktionen nicht mitziehen, schließt Westerwelle auch einen möglichen Alleingang der Europäer nicht aus.

Schon jetzt geht die Europäische Union mit ihren Sanktionen über die Beschlüsse der Vereinten Nationen hinaus. Nicht nur klar auf Nukleartechnologie ausgerichtete Güter unterliegen Handelsbeschränkungen. Auch die sogenannten Dual Use-Produkte: Güter, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können wie Chemikalien oder Informationstechnologien. Investitionen in die iranische Öl- und Gasindustrie sollen unterbleiben. Sämtliche Geschäfte zur Versicherung der iranischen Regierung oder iranischer Gesellschaften ebenfalls. Bei Verdacht auf Transport verbotener Güter dürfen iranische Flugzeuge nicht mehr gewartet oder repariert werden. Auch die Liste von Personen, deren Guthaben eingefroren wird und die mit einem Einreiseverbot belegt werden, geht über die UN-Liste hinaus.

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