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Europawahl 2014: Union und SPD steuern auf Streit zu wegen Schulz und Juncker

Martin Schulz oder Jean-Claude Juncker - wer wird Kommissionspräsident? Die konservative EVP wird stärkste Kraft - doch Union und SPD reklamieren beide das Amt für ihre Kandidaten. Seehofer kriegt die Krise. In Frankreich gewinnen Rechtsextreme. Unser Blog zum Nachlesen.

+++ Wer hat wie entschieden in Europa? +++

28 Länder, 28 unterschiedliche Wahlsysteme, 751Abgeordnetenplätze im Europaparlament und rund 400 Millionen Wahlberechtigte: Wir fassen, dpa sei Dank, zusammen - ein Überblick über die Länder, aus denen es schon vor Schließung der letzten Wahllokale in der EU am Abend um 23.00 Uhr in Italien Prognosen und Hochrechnungen gab - oder geben sollte:

BELGIEN (21 Sitze): Noch offen.

BULGARIEN (17): Die oppositionelle bürgerliche GERB gewinnt mit klarem Vorsprung. Sie erhielt laut Prognose 28,6 Prozent der Stimmen, wie das Meinungsforschungsinstitut Gallup mitteilte. Die regierenden Sozialisten kamen demnach nur auf 19,8 Prozent. Die bisher in Straßburg vertretene nationalistische Partei Ataka wird den Sprung ins EU-Parlament diesmal wohl verfehlen. Im ärmsten EU-Land gab es erneut Vorwürfe von Stimmenkauf und Wahlmanipulation.

DÄNEMARK (13): Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei („Dansk Folkeparti“) ist stärkste Kraft des Landes. Nach einer Prognose kommt die Partei auf rund 23 Prozent der Stimmen. Mit 20,5 Prozent erreichten die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt die zweitmeisten Stimmen. Bei einer gleichzeitigen Volksabstimmung entschieden sich die Dänen laut einer Prognose klar für ein europäisches Patentgericht.

DEUTSCHLAND (96): Trotz Einbußen bestätigen die Unionsparteien in Deutschland ihre Vorrangstellung. Die SPD legt laut Hochrechnungen nach ihrem Tief 2009 deutlich zu. Die euroskeptische Alternative für Deutschland (AfD) erreicht bei ihrer ersten Europawahl demnach mehr als sechs Prozent und damit mindestens sechs Sitze im EU-Parlament. (Alle Zahlen und Grafiken finden Sie hier.)

ESTLAND (6): Noch offen.

FINNLAND (13): Die rechtspopulistische Partei Wahre Finnen liegt laut Prognosen bei fast 13 Prozent der Stimmen und käme damit auf zwei Sitze im neuen EU-Parlament. Stärkste Kraft wurde mit rund 22 Prozent die zu den europäischen Konservativen gehörende Nationale Koalitionspartei.

FRANKREICH (74): Die rechtsextreme Front National (FN) hat die Wahl in Frankreich gewonnen. Nach ersten Prognosen kam sie auf knapp 25 Prozent - nach 6,3 Prozent 2009. Zweitstärkste Kraft wurde die konservative Oppositionspartei UMP mit etwa 20 Prozent. Die regierenden Sozialisten von Präsident François Hollande kassierten mit nur etwa 14 Prozent eine erneute Niederlage.

GRIECHENLAND (21): Die oppositionellen radikalen Linken (Syriza) um den europaweiten Linken-Spitzenkandidaten Alexis Tsipras sind laut Angaben aller Demoskopieinstitute mit 26,7 Prozent stärkste Kraft in Griechenland. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete mit 22,8 Prozent auf Platz zwei. Drittstärkste Kraft ist demnach die rechtsradikale und rassistische Partei Goldene Morgenröte mit 9,3 Prozent.

GROSSBRITANNIEN (73): Zwar sind jegliche Vorabveröffentlichungen von Wählerbefragungen bei Europawahlen in Großbritannien verboten - ein Trend war aber schon absehbar: Mit Blick auf die parallelen Kommunalwahlen scheint die rechtspopulistische und EU-kritische UKIP deutlich dazugewonnen zu haben. Herbe Verluste erlitten demnach unter anderem die Konservativen von Premierminister David Cameron.

IRLAND (11): Die irischen Wähler strafen ihre Regierung ab. Die konservative Fine-Gael-Partei von Premier Enda Kenny kam Prognosen zufolge nur auf 22 Prozent, die mitregierenden Sozialdemokraten (Labour) erzielen nur sechs Prozent der Stimmen. Unabhängige Bewerber profitieren, auch die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei um Ex-IRA-Mann Gerry Adams legt zu.

ITALIEN (73): Noch offen.

KROATIEN (11): Noch offen.

LETTLAND (8): Laut einer ersten vorläufigen Prognose gewinnt der EU-freundliche Einheitsblock von Regierungschefin Laimdota Straujuma in Lettland klar. Das vor den Wahlen favorisierte oppositionelle Harmoniezentrum käme demnach auf Platz zwei, vor den beiden anderen Mitte-Rechts-Regierungsparteien. Europakritik ist in Lettland kaum zu sehen. Die Wahl ist ein Stimmungstest für die Parlamentswahl im Oktober.

LITAUEN (11): Noch offen.

LUXEMBURG (6): Noch offen.

MALTA (6): Erste inoffizielle Schätzungen sehen die Labour Partei von Regierungschef Joseph Muscat (PL) in Malta deutlich vorn.Die Partei kam demnach auf mehr als die Hälfte der Stimmen. Für die größte Oppositionspartei, die konservative Nationalistische Partei (PN), hätten rund 40 Prozent gestimmt. 75 Prozent der Wahlberechtigten gingen in Malta an die Urne.

NIEDERLANDE (26): Die Niederländer wählten schon am Donnerstag - und bescherten Prognosen zufolge der Partei des rechtspopulistischen Europaskeptikers Geert Wilders eine überraschend deutliche Schlappe. Die europafreundlichen Kräfte der linksliberalen D66 und der Konservativen hatten klar die Nase vorn.

ÖSTERREICH (18): Die konservative ÖVP bleibt in Österreich laut ersten Hochrechnungen stärkste Kraft. Zweitstärkste Partei hinter den Konservativen wird demnach die sozialdemokratische SPÖ. Deutlich zugelegt hat die rechte FPÖ, die laut Hochrechnungen knapp 20 Prozent erreicht.

POLEN (51): Erste Prognosen sehen die liberale Bürgerplattform (PO) von Regierungschef Donald Tusk nahezu gleichauf mit der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Beide Parteien erreichen demnach je 19 der insgesamt 51 polnischen Sitze im Europaparlament.

PORTUGAL (21): Noch offen.

RUMÄNIEN (32): Rumäniens regierende Sozialisten (PSD) haben die Wahl laut Prognosen haushoch gewonnen. Die Partei des Ministerpräsidenten Victor Ponta käme demnach auf 41 bis 43 Prozent der Wählerstimmen. Zweitstärkste Kraft würde demnach die oppositionelle Nationalliberale Partei (PNL) mit rund 14 Prozent. Das in zwei Parteien zersplitterte bürgerliche Lager, das der Europäischen Volkspartei (EVP) nahesteht, käme auf die Plätze drei und vier.

SCHWEDEN (20): Wenige Monate vor der Parlamentswahl im September haben die Schweden ihrer Regierung einen kräftigen Dämpfer verpasst. Einer Prognose zufolge erreichte die konservative „Moderate Sammlungspartei“ von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt nur 13 Prozent der Stimmen. Wahlsieger wurden die Sozialdemokraten mit 23,7 Prozent. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten erreichten 7 Prozent und sitzen damit wohl zum ersten Mal im Europaparlament.

SLOWAKEI (13): Die sozialdemokratische Regierungspartei siegte nach ersten inoffiziellen Angaben, aber längst nicht so klar wie vermutet: Vier Sitze im EU-Parlament gehen demnach an die Sozialdemokraten, die restlichen neun verteilen sich auf bis zu acht Splitterparteien.

SLOWENIEN (8): Wie erwartet siegt in Slowenien die oppositionelle SDS-Partei. Sie bekommt laut dem TV-Sender RTV drei der acht Parlamentssitze des Landes. Eine konservative Liste habe demnach zwei Mandate erzielt, je einen Abgeordneten stellen die Rentnerpartei, die Sozialdemokraten und eine Bürgerplattform.

SPANIEN (54): Die Wahlbeteiligung in Spanien ist wie 2009 historisch niedrig. Bis 18 Uhr - zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale auf dem spanischen Festland - gaben nach amtlichen Angaben nur 34,1 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 2009 waren es zur gleichen Zeit 33,8 Prozent, am Ende verzeichnete das Land damals mit einer Beteiligung von 45 Prozent einen nationalen Minusrekord.

TSCHECHIEN (21): Die Wahlbeteiligung in Tschechien war extrem niedrig. Laut Prognosen stimmten nur 19,5 Prozent der Wahlberechtigten ab. Das war deutlich weniger als noch 2009, als die Beteiligung bei 28,2 Prozent lag.

UNGARN (21): Noch offen.

ZYPERN (6): Deutlicher Sieg für die proeuropäische konservative Partei Demokratische Gesamtbewegung (DISY). Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen kommt sie auf knapp 38 Prozent. Zweitstärkste Kraft wird die Linkspartei AKEL mit rund 27 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag ersten Angaben zufolge deutlich unter 50 Prozent.

+++ Giovanni di Lorenzo wählt doppelt und gelobt Besserung +++

Doppelt hält besser: „Zeit“-Chefredakteur und "Tagesspiegel"-Herausgeber Giovanni di Lorenzo hat bei der Europawahl gleich zweimal gewählt. „Einmal gestern im italienischen Konsulat und einmal heute in einer Hamburger Grundschule“, verriet er am Sonntagabend bei Günther Jauch in der ARD. Di Lorenzo hat einen deutschen und einen italienischen Pass. Dennoch dürfte er nach dem Europawahlgesetz nur einmal die Stimme abgeben. Bei Wolfgang Schäuble (CDU), der früher als Innenminister auch für die Verfassung zuständig war, stieß di Lorenzo auf wenig Verständnis. „Ich gönne es Ihnen ja, ich freue mich ja, dass sie so eifrig sind“, sagte der heutige Bundesfinanzminister. Aber es könne nicht sein, dass manche Bürger zweimal wählen. „Ins Gefängnis müssen sie deshalb nicht“, sagte Schäuble. Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück (SPD) liebäugelte gar mit noch mehr Stimmen. „Ich möchte demnächst vier Pässe haben.“ Di Lorenzo gelobte Besserung: „Ich lasse nächstes Mal eine Wahl weg, Herr Schäuble.“

+++ Athen: Konservativer Ministerpräsident will trotz Wahlschlappe weiter machen +++

In Griechenland zeichnete sich bei der Europawahl am Sonntagabend ein Sieg des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza) ab. Die regierenden Konservativen landeten auf Platz zwei. Ministerpräsident Antonis Samaras will dennoch seinen Kurs fortsetzen: „Wir werden noch entschlossener daran arbeiten, das Land aus der Krise zu führen und Ungerechtigkeiten zu beseitigen“, erklärte Samaras am Sonntagabend in einer kurzen Fernsehansprache.

+++ Konservative EVP wird stärkste Kraft +++

Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) mit ihrem Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker geht als stärkste Kraft aus den Europawahlen hervor. Wie das EU-Parlament am Sonntagabend mitteilte, erreicht die EVP, zu der auch CDU und CSU gehören, voraussichtlich 211 Sitze. Die Sozialdemokraten und Sozialisten kommen auf 193 Sitze. Sie errang 28,1 Prozent der Stimmen, teilte das Europaparlament am Sonntagabend in Brüssel in einer Prognose mit.

+++ Union und SPD steuern auf Streit zu +++

Nach der Europawahl steuern Union und SPD auf einen Streit über den neuen EU-Kommissionspräsidenten zu. CDU/CSU fuhren am Sonntag zwar ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Europawahl ein, blieben aber dennoch stärkste Kraft. Daraus leiten führende Unionspolitiker den Anspruch ab, den EVP-Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker für den Brüsseler Posten vorzuschlagen. Die SPD mit ihrem europäischen Spitzenkandidaten Martin Schulz verbuchte deutliche Gewinne, weshalb sie sich ebenfalls in Stellung für das Spitzenamt bringt. Entscheidend wird allerdings sein, wie beide Parteienfamilien europaweit abgeschnitten haben.

+++ Zweikampf Schulz-Juncker geht weiter +++

Konkurrenten? Konkurrenten ums Amt des Kommissionspräsidenten - sonst, wie es scheint, einander eher wohlwollend begegnend.
Konkurrenten? Konkurrenten ums Amt des Kommissionspräsidenten - sonst, wie es scheint, einander eher wohlwollend begegnend.

© dpa

Der europaweite Spitzenkandidat der Konservativen, Jean-Claude Juncker, hat den Posten des EU-Kommissionschefs für seine Europäische Volkspartei (EVP) beansprucht. "Die EVP ist dabei, die Europawahlen zu gewinnen", teilte Juncker am Sonntagabend über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. "Sie beansprucht somit die Präsidentschaft der Europäischen Kommission." Zu der EVP gehören auch CDU und CSU. Bei der Europawahl haben die großen Parteien erstmals europaweite Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt, die auch als Anwärter auf den Posten des Kommissionspräsidenten gelten. Juncker betonte am Wahlabend, die stärkste Kraft im Europaparlament müsse den neuen Kommissionspräsidenten stellen. Sein härtester Widersacher, der deutsche SPD-Politiker Martin Schulz, dürfte mit seinen Sozialdemokraten hinter der EVP liegen. Er setze jedoch darauf, dass es im neuen EU-Parlament eine Mehrheit für ihn gebe, sagte Schulz am Wahlabend.

+++ Schweden strafen Regierung ab +++

Wenige Monate vor der Parlamentswahl im September haben die Schweden ihrer Regierung bei der Europawahl einen kräftigen Dämpfer verpasst. Einer Prognose zufolge erreichten die Konservativen („Moderate Sammlungspartei“) von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt nur 13 Prozent der Stimmen und verschlechterten sich damit im Vergleich zu 2009 um 5,8 Prozentpunkte. Wahlsieger wurden die Sozialdemokraten mit 23,7 Prozent der Stimmen. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten erreichten 7 Prozent und bekommen damit wohl zum ersten Mal einen Sitz im Europaparlament.

+++ Politisches Erdbeben in Frankreich +++

Ein Gewinner und viele Verlierer, das ist das Ergebnis der Europawahl in Frankreich. Der Gewinner ist die rechtsextremistische  Nationale Front (FN). Die Verlierer sind die traditionellen Parteien von der konservativen Oppositionspartei Union für eine Volksbewegung (UMP) über die regierenden Sozialisten (PS) bis hin zu den Grünen (EELV). Vor allem aber hat Europa in Frankreich eine Niederlange erlitten. 25 Prozent der Wähler stimmten nach den am Abend veröffentlichten Hochrechnungen für die antieuropäische Nationale Front. Für die UMP votierten 20,3 Prozent und die Partei des sozialistischen Präsidenten Francois Hollande landete mit 14,7 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz. Es ist das erste Mal, dass die bisher als Außenseiter geltende Nationale Front bei einem landesweiten Urnengang vor allen anderen Parteien auf dem ersten Platz landete.

Konkurrenten? Konkurrenten ums Amt des Kommissionspräsidenten - sonst, wie es scheint, einander eher wohlwollend begegnend.
Konkurrenten? Konkurrenten ums Amt des Kommissionspräsidenten - sonst, wie es scheint, einander eher wohlwollend begegnend.

© dpa

+++ Protestwahl im Pleiteland Portugal +++

Im Pleiteland Portugal zeichnete sich eine Abfuhr für die europäische Geldgeber-Troika und für die konservative Regierung ab. Den Prognosen von Sonntagabend zufolge fuhr Ministerpräsident Pedro Passos Coelho mit seiner konservativen Regierungskoalition aus Sozialdemokraten (PSD) und Volkspartei (CDS-PP) eine Niederlage ein. Nach der Wahlvoraussage des öffentlichen Fernsehens RTP kam die Koalition auf 25-29 Prozent der Stimmen. Bei der EU-Wahl im Jahr 2009 lagen die beiden Parteien zusammen noch bei über 40 Prozent. Laut Prognosen konnten die oppositionellen Sozialisten (PS) zulegen und lagen mit etwa 30-34 Prozent vorn (2009: 26 Prozent). Drittstärkste Kraft wurden demzufolge die Öko-Kommunisten (CDU/PCP-PEV) mit 12-15 Prozent (2009: 10,6 Prozent). Auch dem kleineren Linksblock wurden Gewinne zugetraut. Ein schlechtes Omen für Passos Coelho, dessen Zukunft in der portugiesischen Parlamentswahl in 2015 in den Sternen steht. Rechtsradikale machten bisher im Land nicht von sich reden.

+++ Wahlbeteiligung EU-weit bei 43,11 Prozent +++

Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl hat ersten Schätzungen zufolge EU-weit bei 43,11 Prozent gelegen. Diese Zahl veröffentlichte das Europaparlament am Sonntagabend in Brüssel. Bei der Europawahl im Jahr 2009 hatte die Beteiligung mit 43 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht, nachdem sie zuvor stetig gesunken war.

+++ Polen: Liberale und Nationalkonservative gleichauf +++

In Polen liegt bei der Europawahl ersten Prognosen zufolge die liberale Bürgerplattform (PO) von Regierungschef Donald Tusk nahezu gleichauf mit der nationalkonservativen Opposition. Beide Parteien schicken danach jeweils 19 der insgesamt 51 polnischen Abgeordneten ins Europaparlament, wie die Fernsehsender TVN24 und TVP unter Berufung auf Prognosen des Instituts Ipsos berichteten. Dies sei ein "historischer Moment", da der bisherige Abwärtstrend gestoppt worden sei, sagte ein Sprecher des EU-Parlaments am Sonntagabend in Brüssel. Die Zahlen seien aber noch vorläufig, betonte der Parlamentssprecher. In Italien sind die Wahllokale noch bis 23.00 Uhr geöffnet. In Deutschland war die Wahlbeteiligung mit knapp 48 Prozent deutlich höher als 2009 mit 43,3 Prozent. Auch aus Frankreich und Portugal wurde eine höhere Wahlbeteiligung vermeldet, dagegen gingen in den osteuropäischen Ländern nur sehr wenige Bürger an die Urnen.

Mit einem historischen Wahlerfolg hat die rechtsextreme Front National (FN) in Frankreich bei der Europawahl andere Parteien deklassiert. Nach ihrem europakritischen Wahlkampf kam die Partei unter Marine Le Pen laut ersten Prognosen mit einem deutlichen Zuwachs auf rund 25 Prozent
Mit einem historischen Wahlerfolg hat die rechtsextreme Front National (FN) in Frankreich bei der Europawahl andere Parteien deklassiert. Nach ihrem europakritischen Wahlkampf kam die Partei unter Marine Le Pen laut ersten Prognosen mit einem deutlichen Zuwachs auf rund 25 Prozent

© Reuters

+++ Radikale Linke gewinnt in Griechenland +++

Das oppositionelle Bündnis der radikalen Linken (Syriza) ist nach Hochrechnungen bei der Europawahl in Griechenland stärkste Kraft geworden. Die Partei des Spitzenkandidaten der europäischen Linken, Alexis Tsipras, kam am Sonntag nach Angaben aller Demoskopieinstitute auf 26,7 Prozent. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete demnach mit 22,8 Prozent auf dem zweiten Platz. Drittstärkste Kraft soll nach den Hochrechnungen die rechtsradikale und rassistische Goldene Morgenröte mit 9,3 Prozent sein, wie das Fernsehen berichtete. Regierungssprecher Simos Kedikoglou sagte der halbamtlichen Nachrichtenagentur ANA, es gebe keinen Grund für vorgezogene Wahlen. Der kleinere Koalitionspartner der Regierung, die Olive-Partei (verschiedene Sozialisten und die mitregierende Pasok), kommt demnach auf 8,1 Prozent. Es folgen die neue pro-europäische Partei Der Fluss mit etwa 6,7 Prozent und die Kommunisten mit etwa sechs Prozent. Analysten erwarteten mit Spannung die Reaktionen von Linkenchef Tsipras und dem konservativen Regierungschef Antonis Samaras.

+++ Bayerische Medien: Seehofer stehen stürmische Zeiten bevor +++

Das „Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“ schreibt zur Europawahl/CSU: "Der CSU dürften nun stürmische Zeiten bevorstehen, in Brüssel, aber auch in Berlin. Auf Rücksicht im Regierungshandeln kann Seehofer in der Bundeshauptstadt nun kaum noch hoffen. Das Sieger-Image ist gründlich beschädigt. Bisher galt die CSU bei Wahlen als sichere Bank für den Gesamterfolg der Union. Als großer Mehrheitsbeschaffer ist die CSU gestern ausgefallen."

Die Partei von Regierungschef Donald Tusk (L.) führt der Prognose zufolge mit 32,8 Prozent der Stimmen vor der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 31,8 Prozent.
Die Partei von Regierungschef Donald Tusk (L.) führt der Prognose zufolge mit 32,8 Prozent der Stimmen vor der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit 31,8 Prozent.

© AFP

+++ Oppermann: AfD-Erfolg ist Aufgabe für die CDU +++

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat für das gute Abschneiden der AfD bei der Europawahl nur Schulterzucken übrig. "Es ist Sache der CDU deren Wähler zu dimmen. Das scheint nicht funktioniert zu haben.", sagte Oppermann dem Tagesspiegel.

+++ Erste Kritik in CSU an Seehofers Europa-Politik +++

Nach dem enttäuschenden Abschneiden der CSU bei der Europawahl gibt es bei den Christsozialen erste Kritik am Europawahlkampf von Parteichef Horst Seehofer. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, kritisierte am Sonntag die Installation des Europakritikers Peter Gauweiler durch Seehofer als stellvertretenden CSU-Chef. Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warf Seehofer vor, mit dem CSU-Wahlprogramm zu dick aufgetragen zu haben. Straubinger sagte, mit der damals überraschenden Kür Gauweilers zum Partei-Vize im vergangenen Herbst habe die CSU eine europakritische Haltung eingenommen. Auch habe sie sich bei vielen Themen gegen Europa gestellt. Andererseits habe sie aber im Wahlkampf gesagt, sie sei für Europa. "Da wird der Spagat zu groß", kritisierte der Bundestagsabgeordnete. Er hätte sich im Wahlkampf von seiner Partei eine klare positive Haltung gegenüber Europa gewünscht. Bayern sei ein starkes Exportland. Er sei überzeugt, dass viele Bürger deshalb Europa positiv gegenüber stehen. "Da hat uns die zu kritische Haltung nicht geholfen." Friedrich sagte, die Wahlprogramme der Schwesterparteien CDU und CSU unterschieden sich deutlich, ihre Politik unterscheide sich aber nicht. "Die Bürger müssen auch glauben, dass wir das umsetzen, was wir versprechen. Weniger zu versprechen, wäre da vielleicht besser", bemängelte er das CSU-Programm.

+++ Seehofer: „Das ist eine Niederlage für einen persönlich.“

Bundesweiten Hochrechnungen zufolge wird die CSU künftig nur noch mit fünf Abgeordneten in Brüssel vertreten sein, drei weniger als bisher. CSU-Chef Horst Seehofer sprach in einer ersten Reaktion am Abend von einer „herben Enttäuschung“. „Das ist eine bittere Stunde und auch eine Niederlage für einen persönlich“, sagte er.

+++ Groenewold und Glaeseker auf Tagesspiegel-Wahlparty +++

Filmemacher David Groenewold und Ex-Sprecher von Ex-Bundespräsiden Christian Wulff, Olaf Glaeseker betraten bei der Wahlparty von "Zeit" und Tagesspiegel erstmals wieder die politische Bühne. Beide waren einer breiten Öffentlichkeit durch ihre angeblichen Verstrickungen in die so genannte Wulff-Affäre bekannt geworden. Gut eineinhalb Jahre nach der Affäre sagt Groenewold nun: "Ich war immer ein politischer Mensch und werde auch immer einer bleiben." Im Zuge der Affäre um Christian Wulff war Groenewold aus der CDU ausgetreten. "Nun überlege ich, wieder in eine Partei einzutreten", sagte Groenewold dem Tagesspiegel. Welche das sei, wolle er aber noch nicht sagen. Er betonte, Demokratie brauche ein aktives Bürgertum. Er wolle gerne dazu beitragen. "Je mehr Lebenserfahrung man hat, desto lauter sollte man das kundtun. Und ich glaube, ich habe in den vergangenen anderthalb Jahren viel Erfahrung sammeln können. Auf politischer Ebene gebe es keinerlei Berührungsängste: "Meine Gesprächspartner nehmen die Vergangenheit mit der gleichen Portion Humor wie ich. Heute kann ich über meine Erfahrungen schmunzeln. Auch der Ex-Präsidentensprecher genoss die Rückkehr auf die politische Bühne sichtlich. Gab sich aber ganz als Privatier: "Bitte haben Sie Verständnis, dass ich keinen Kommentar abgebe. Ich bin kein Funktionsträger mehr, für wen sollte ich sprechen?" Er sei nur zum Spaß hier. Er war bester Laune und tauschte sich mit Kollegen amüsiert über alte Zeiten aus. Zeiten vor der Wulff-Affäre.

+++ Rechtsextreme Front National stärkste Partei in Frankreich +++

Die rechtsextreme Front National (FN) ist bei der Europawahl in Frankreich zur stärksten Partei geworden. Nach ersten Schätzungen mehrerer Meinungsforschungsinstitute erzielte die Partei von Marine Le Pen rund 25 Prozent und hängte damit sowohl die Konservativen als auch die regierenden Sozialisten deutlich ab. Bei der Europawahl vor fünf Jahren war die FN lediglich auf 6,3 Prozent der Stimmen gekommen.

+ + + Juncker reklamiert das Amt für sich: Sonst wär die Wahl ja keine Wahl gewesen + + +

Der Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Jean-Claude Juncker, hat unterstrichen, dass die stärkste Kraft im Europaparlament den neuen Kommissionspräsidenten stellen müsse. Ob er dies sein werde, hänge vom Endergebnis ab, sagte Juncker am Sonntagabend in Brüssel bei seiner Ankunft an der EVP-Zentrale in Brüssel. "Aber wenn die EVP die stärkste Kraft im Europäischen Parlament wird, würde ich davon ausgehen wollen, dass all diejenigen, die vor der Wahl erklärt haben, dass die Partei, die vorne liegt, das Vorschlagsrecht hat, dieses Prinzip auch beachten werden." Juncker, der bei seiner Ankunft am EVP-Hauptquartier nahe des EU-Parlaments von Anhängern bejubelt wurde, fügte hinzu: "Ansonsten wäre die Wahl ja keine richtige Wahl gewesen."

Kein guter Tag sei das für die CSU gewesen, sagt Parteichef Seehofer.
Kein guter Tag sei das für die CSU gewesen, sagt Parteichef Seehofer.

© dpa

+ + + Seehofer: Absturz ist herbe Enttäuschung + + +

CSU-Chef Horst Seehofer hat eine tiefgreifende Analyse der schweren Niederlage bei der Europawahl angekündigt. „Dies ist kein guter Tag für die Christlich Soziale Union. Das Wahlergebnis zur Europawahl von heute ist für uns eine herbe Enttäuschung“, sagte er am Sonntag in München. Eine genaue Analyse der Ursachen sei zunächst schwierig. Auffällig sei aber die in Bayern mit etwa 40 Prozent deutlich niedrigere Wahlbeteiligung als im Bund mit etwa 48 Prozent. Eine Umfrage habe die CSU vor zehn Tagen noch bei 47 Prozent gesehen. „Die entscheidende Frage ist, was ist in dieser Zeit geschehen.“ Die CSU war laut Hochrechnungen in Bayern von 48,1 Prozent bei der Europawahl 2009 auf nur noch 40 Prozent abgestürzt.

+ + + FDP ist schwer enttäuscht + + +

"Hundsmiserabel, enttäuschend, bescheiden.", für das Wahlergebnis der FDP bei der Europawahl findet Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, deutliche Worte. "Das hat viele Gründe. Unter anderem hatten wir das geringste Wahlkampfbudget aller Zeiten. Es gab ganze Landstriche, in denen kein einziges FDP-Plakat hing", sagt Kubicki dem Tagesspiegel. An den Inhalten könne es nicht gelegen haben: "Welche Inhalte?", fragte Kubicki launisch. Immerhin habe die FDP in absoluten Zahlen ihr Wahlergebnis zur Bundestagswahl egalisiert. Für die kommenden Landtagswahlen rechne er sich Stimmzugewinne aus, sagte Kubicki. Parteichef Christian Lindner kündigte an, die FDP werde "beharrlich und leidenschaftlich für den Wiederaufstieg" arbeiten. Seine Partei habe sich nach der Niederlage bei der Bundestagswahl "nie Illusionen" hingegeben. Verloren gegangenes Vertrauen könne "nicht innerhalb weniger Monate" wiedergewonnen werden.

Schwarzer Tag für die CSU: Parteichef Seehofer ist stinksauer und spricht von einer herben Enttäuschung.
Schwarzer Tag für die CSU: Parteichef Seehofer ist stinksauer und spricht von einer herben Enttäuschung.

© dpa

Die FDP kam bei der Europawahl in Deutschland am Sonntag ersten Hochrechnungen zufolge nur auf rund drei Prozent, vor fünf Jahren hatte sie noch 11,0 Prozent erreicht. Bei der Bundestagswahl im vergangenen September waren die Liberalen erstmals an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Bei der Europawahl gibt es keine solche Prozenthürde, die FDP wird also mit einigen Abgeordneten im EU-Parlament vertreten sein.

+ + + Schulz bekräftigt Anspruch aufs Kommissionspräsidentenamt + + +

Der sozialdemokratische Spitzenkandidat Martin Schulz hat seine Ambitionen auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten am Sonntagabend bekräftigt. „Es kann gut sein, dass wir heute Abend vorne liegen werden, und daraus leite ich natürlich den Anspruch ab, der nächste Kommissionspräsident zu werden“, sagte Schulz. Das deutsche Ergebnis sei dabei „sicher Rückenwind“.

„Über das Amt des Kommissionspräsidenten in Brüssel wird in Brüssel und in Straßburg entschieden. Wir haben eine gute Chance, stärkste Fraktion im europäischen Parlament zu werden„, sagte Schulz am Sonntagabend im ZDF mit Blick auf die Ergebnisse von Sozialdemokraten und Sozialisten in ganz Europa. Er werde sich nun bemühen, im europäischen Parlament eine Mehrheit zu finden: „Ich hoffe, dass ich das aus der Position der stärksten Fraktion heraus machen kann.“

+ + + Oettinger kritisiert Wegfall der Drei-Prozent-Hürde + + +

EU-Kommissar für Energie, Günther Oettinger (CDU) hat den Wegfall der Prozenthürde bei der Europawahl nach den ersten Hochrechnungen kritisiert. "Das Ergebnis zeigt, wie problematisch der Wegfall der 3-Prozent-Hürde ist. Das schwächt die Position Deutschlands.", sagte Oettinger dem Tagesspiegel.

Die FDP hat sich schwer enttäuscht über ihr schwaches Abschneiden bei der Europawahl gezeigt. Parteichef Christian Lindner kündigte an, die FDP werde "beharrlich und leidenschaftlich für den Wiederaufstieg" arbeiten.
Die FDP hat sich schwer enttäuscht über ihr schwaches Abschneiden bei der Europawahl gezeigt. Parteichef Christian Lindner kündigte an, die FDP werde "beharrlich und leidenschaftlich für den Wiederaufstieg" arbeiten.

© dpa

+ + + Künftig wohl sechs deutsche Splitterparteien in Brüssel + + +

Im neuen EU-Parlament sind nach einer ZDF-Hochrechnung wohl sechs Splitterparteien aus Deutschland mit jeweils einem Mandat vertreten - darunter auch die rechtsextreme NPD. Nach den Berechnungen von 19.01 Uhr vom Sonntagabend kommen demnach die Freien Wähler und die Piratenpartei auf je 1,5 Prozent der Stimmen. Die Tierschutzpartei erreicht 1,1 Prozent, die NPD 1,0. Die Familien-Partei kann 0,8 Prozent verbuchen, die ÖDP 0,7 Prozent. Diese Ergebnisses würden nach den Berechnungen ausreichen, um jeweils ein Mandat im Europaparlament in Straßburg zu erringen.

+ + + Linke verteidigt Kritik an EU + + +

Die Linkspartei hat ihren europakritischen Kurs im EU-Wahlkampf verteidigt. Mit einer erstarkten linken Fraktion im Europa-Parlament werde die Linke weiter für einen Kurswechsel in der europäischen Politik kämpfen, kündigte der stellvertretende Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Dietmar Bartsch, am Sonntag in der ARD an. „Wir wollen, dass es ein Europa der Menschen wird und nicht der Banken und Konzerne. Ein soziales Europa, das Frau (Bundeskanzlerin Angela) Merkel nicht will.“ Dafür werde man auch nach Verbündeten auf europäischer Ebene suchen.

+ + + Ifo-Instituts-Chef Sinn sagt AfD lange politische Zukunft voraus + + +

Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, führt die vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung bei der EU-Wahl auf eine anhaltende Verunsicherung der Bevölkerung durch die Euro-Krise zurück. Der AfD attestierte der ifo-Chef eine lange politische Zukunft voraus: "Im bürgerlichen Lager klafft eine Lücke, weil sich Angela Merkel nach links orientiert hat. Ich denke daher, dass die AfD eine dauerhafte Geschichte ist.", sagte Sinn dem Tagesspiegel.

+ + + Tagesspiegel-Herausgeber di Lorenzo: Wähler klüger als Parteien + + +

Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hält das Wahlergebnis zur EU-Wahl für gnädig. "Die Wähler sind klüger als die Parteien.", sagte er dem Tagesspiegel. Die hohe Wahlbeteiligung von fast 49 Prozent sei ein Glücksfall, der nicht dem Wahlkampf geschuldet sei. "Viele Parteien haben ein Ergebnis bekommen, das sie nicht verdient haben.", sagte di Lorenzo. Kein einziges Problem, das Leute wirklich bewege, sei in dem insgesamt zu defensiven Wahlkampf angegangen worden. Das gute Ergebnis der AfD überrasche daher nicht. "Ich hätte sie höher gerankt", sagte di Lorenzo. Bei geringerer Wahlbeteiligung hätte sie auch die Chance auf bis zu 8 Prozent haben können, lautet seine Einschätzung.

+ + + Naumann: AfD-Wähler sind Talkshow-Wähler + + +

Michael Naumann, ehemaliger Kulturstaatssekretär und Bürgermeisterkandidat der Hamburger SPD, reagierte mit Unverständnis auf das gute Abschneiden der AfD bei der Europawahl. "Früher hätte man gesagt, das sind Protestwähler, ich sage: das sind Talkshow-Wähler.", sagte Naumann dem Tagesspiegel. Die Präsenz in Talkshows sei ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Mobilisierung von Wählern. AfD-Spitzenkandidat Hans-Olaf Henkel sei mittlerweile "nur noch bekannt dafür, dass er bekannt ist". Den Stimmenzuwachs der SPD begründete Neumann mit dem personalisierten Wahlkampf. "Die Menschen haben mit Martin Schulz einen potenziellen Kommissionspräsidenten wählen können", sagte Neumann. Personalisierte Plakatwerbung funktioniere offenbar. "Hätte sich die CDU entschieden, personalisiert zu werben, hätte das Ergebnis vielleicht anders ausgesehen." Die CDU bleibt in Deutschland stärkste Kraft, büßte aber stimmen ein.

+ + + Gabriel: Schulz muss Kommissionspräsident werden + + +

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel reklamiert nach den Zugewinnen seiner Partei bei der Europawahl mit Macht das Amt des EU-Kommissionspräsidenten für den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Martin Schulz. „Wir werden im Parlament nur jemanden zum Präsidenten wählen können, der hier auch zur Wahl stand. Das ist eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit“, sagte Gabriel am Sonntag in Berlin. Er wünsche den Abgeordneten und auch dem Europäischen Rat nun eine glückliche Hand. Erfreut zeigte sich Gabriel über die höhere Wahlbeteiligung in Deutschland. „Die Menschen wussten, es geht um etwas“, sagte er. „Sie wollten mitentscheiden, wer der nächste Präsident der Europäischen Kommission ist.“ Für diese Frage sei jetzt niemand anders als das europäische Parlament gefragt, sagte Gabriel: „Deren Entscheidung ist ein selbstverständlicher demokratischer Prozess.“ Das prognostizierte Plus von sieben Prozentpunkten seien der größte Zugewinn, den die SPD bei einer deutschlandweiten Wahl jemals erreicht habe, sagte Gabriel. „Das Wahlergebnis hat einen Namen, und der lautet Martin Schulz. Das war wirklich ein großartige Wahlkampf für die europäische Sozialdemokratie. Wir sind superstolz darauf, dass Du einer von uns bist“, sagte Gabriel an die Adresse von Schulz.

+ + + Raunen auf der Tagesspiegel Wahlparty + + +

Auf der Wahlparty von Tagesspiegel und Zeit geht bei den Gästen aus Politik und Wirtschaft ein leicht amüsiertes Raunen durch die Menge als die ersten Hochrechnungen bekannt gegeben werden: die Tierschutzpartei landet vor Piraten und NPD vermutlich mit 1,1 Prozent und einem Sitz im EU-Parlament. Auch die Hochrechnung für die eurokritische AfD sorgt für Diskussionsstoff: mit 6,5 Prozent landet sie leicht unter den 7 Prozent, die letzte Umfragen vorrausgesagt hatten.

+ + + Union: Juncker muss Kommissionspräsident werden + + +

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hat sich zufrieden über das Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl trotz deren Verlusten geäußert. „Wir können mit dem Ergebnis leben“, sagte er am Sonntag in der ARD. Nachdem die ARD auf EU-Ebene einen Vorsprung der Europäischen Volkspartei vor den Sozialisten sah, meldete Kauder den Anspruch auf das Amt des EU-Kommissionspräsidenten für den Kandidaten der Konservativen, Jean-Claude Juncker, an. David McAllister (CDU) sagte am Sonntag in der ARD, die Union habe „einen Baustein dafür gesetzt, dass die Europäische Volkspartei wieder stärkste Fraktion in Straßburg wird und Jean-Claude Juncker Präsident der Europäischen Kommission werden kann“. Mit Blick auf die europakritische Alternative für Deutschland sagte McAllister, die Union werde sich „mit den potenziellen Sorgen der Wähler der AfD auseinandersetzen“. Man werde deutlich machen, dass die Partei auf komplexe europapolitische Fragen ganz einfache und damit falsche Antworten gebe. Die Union habe ihr Wahlziel - stärkste Kraft vor der SPD zu werden - klar erreicht. Dies sei auch eine Bestätigung der Politik der Union in Deutschland und in Europa.

Die ersten Prognosen - die ersten Reaktionen

Die CDU zeigt sich zufrieden über das Ergebnis und fordert: Juncker muss EU-Kommissionspräsident werden.
Die CDU zeigt sich zufrieden über das Ergebnis und fordert: Juncker muss EU-Kommissionspräsident werden.

© dpa

+ + + FDP: Trendumkehr noch nicht erreicht + + +

FDP-Spitzenkandidat Alexander Graf Lambsdorff hat sich unzufrieden mit dem Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl gezeigt. „Es ist noch nicht gelungen, eine Trendumkehr zu erreichen“, sagte er am Sonntag in der ARD mit Blick auf das Ergebnis von rund 3 Prozent. „Aber wir arbeiten weiter am Wiederaufbau der FDP.“ Die FDP schnitt nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF noch schlechter ab als bei der Bundestagswahl im vergangenen September, bei der sie aus dem Bundestag geflogen war.

+ + + Union zufrieden - SPD auch + + +

Die Union hat sich zufrieden mit den ersten Prognosen der Europawahl gezeigt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte am Sonntag im ZDF: „Für uns ist das ein sehr gutes Ergebnis.“ Die Union sei bei der achten Europawahl zum achten Mal in Folge klar und deutlich stärkste Kraft geworden.

Der Fraktionschef der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, hat seiner Partei ein „fantastisches Ergebnis“ bei der Europawahl bescheinigt. Die SPD habe mit einem Zuwachs von voraussichtlich mehr als sechs Prozentpunkten den „höchsten Zuwachs aller Zeiten“ bei einer bundesweiten Wahl erreicht, sagte er am Sonntag in der ARD. Aus seiner Sicht hat der SPD-Spitzenkandidat Martin Schultz nun gute Chancen, Präsident der EU-Kommission zu werden.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte: „Das Wahlergebnis hat einen Namen, und der lautet Martin Schulz. Das war wirklich ein großartige Wahlkampf für die europäische Sozialdemokratie. Wir sind superstolz darauf, dass Du einer von uns bist“, sagte Gabriel an die Adresse von Schulz.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte: „Das Wahlergebnis hat einen Namen, und der lautet Martin Schulz. Das war wirklich ein großartige Wahlkampf für die europäische Sozialdemokratie. Wir sind superstolz darauf, dass Du einer von uns bist“, sagte Gabriel an die Adresse von Schulz.

© dpa

+ + + FPÖ legt in Österreich mächtig zu + + +

Bei der Europawahl in Österreich hat die rechtspopulistische FPÖ enorme Stimmengewinne erzielen können. Gegenüber dem Urnengang von 2009 legte die Freiheitliche Partei Österreichs einer Hochrechnung zufolge am Sonntag 7,3 Punkte zu und landete bei 20,0 Prozent. Dies bedeutet den dritten Platz hinter der konservativen Volkspartei (VP) und der sozialdemokratischen SPÖ. Die VP errang laut der Hochrechnung des ARGE-Instituts für die Nachrichtenagentur APA 27,7 Prozent der Stimmen, das sind 2,3 Prozentpunkte weniger als noch 2009. Der Stimmenanteil der SPÖ blieb demnach nahezu unverändert bei 23,8 Prozent. Zu den Gewinnern der Wahl können sich auch die Grünen und die erstmals bei einer EU-Wahl angetretene Neos-Partei zählen: Die Grünen erreichten der Hochrechnung zufolge 14,3 Prozent, das ist ein Plus von rund 4,4 Prozentpunkten. Die liberale Neos wiederum kommt auf 8,0 Prozent.

+ + + Journalistisches Gerangel in Brüssel + + +

Die Sitze im Europaparlament sind umkämpft – auch unter den Journalisten, die am Wahlabend aus dem Plenarsaal berichten. Schon am Donnerstagmittag waren alle Plätze reserviert, Zuspätkommer müssen in den Keller, wenn nicht gerade ein netter Kollege einen Arbeitsplatz mitreserviert hat. Um Punkt 18 Uhr gibt es die ersten Ahs und Ohs im Plenarsaal, ls die Prognose in Deutschland vorgestellt wird. Vor allem die höhere Wahlbeteiligung fasziniert die ausländischen Kollegen. Schnell wird gemutmaßt, das könne daran liegen, dass im deutschen Fernsehen die meisten Wahldebatten zu sehen war.

+ + + In Griechenland gewinnt die Linke + + +

Bei der Europawahl zeichnet sich in Griechenland ein Sieg des oppositionellen Linksbündnisses Syriza ab. Erste Prognosen ergaben am Sonntagabend ein Stimmergebnis von 26 bis 30 Prozent für die von Alexis Tsipras geführte Syriza. Die konservative Partei von Ministerpräsident Antonis Samaras wurde zwischen 23 und 27 Prozent gemessen. Sein Koalitionspartner, die sozialdemokratische Pasok, kam auf sieben bis neun Prozent. Für die rechtsradikale Partei “Goldene Morgenröte“ stimmten den Prognosen zufolge acht bis zehn Prozent der griechischen Wähler. Die Syriza lehnt die Reformen entschieden ab, die dem Land im Gegenzug für Milliardenhilfen seiner Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds auferlegt worden waren.

+ + + Hochrechnung bestätigt: Union gewinnt - SPD verliert - AfD stark

Die Union hat die Europawahl trotz Verlusten gewonnen. Nach einer Hochrechnung des ZDF um 18.10 Uhr vom Sonntag kommt sie auf 36 Prozent. Die SPD legt auf 27,5 Prozent zu. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) schafft mit 6,5 Prozent den Einzug ins Europaparlament. Die Grünen lagen bei 10,5 Prozent, die Linke erreichte 7,5 Prozent. Die FDP rutschte auf drei Prozent ab.

+ + + Prognosen: Union gewinnt Europawahl - SPD legt zu - AfD stark + + +

Die Union hat die Europawahl trotz Verlusten gewonnen. Nach den Prognosen von ARD und ZDF um 18.00 Uhr vom Sonntag kommt sie auf 36 Prozent. Die SPD legt auf 27,5 Prozent zu. Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) schafft mit 6,5 Prozent den Einzug ins Europaparlament. Die Grünen lagen bei elf Prozent, die Linke erreichte acht Prozent. Die Alternative für Deutschland (AfD) erzielte der Prognose zufolge 6,5 Prozent. Die FDP rutschte auf drei Prozent ab. Die CSU muss bei der Europawahl in Bayern mit dramatischen Verlusten rechnen: Nach einer Prognose des Bayerischen Fernsehens sackten die Christsozialen am Sonntag von 48,1Prozent vor fünf Jahren auf nur noch rund 40 Prozent ab.

+ + + Frankreich: Angst vor Rechten scheint Wähler zur Wahl zu treiben + + +

In allen Umfragen vor der Wahl waren der rechtsextremistischen Nationalen Front (FN) in Frankreich mit einem möglichen Stimmenanteil von 25 Prozent die besten Aussichten bescheinigt worden. Die konservative Oppositionspartei UMP würde nach den Umfragen auf 21 Prozent kommen und die regierenden Sozialisten (PS) mit 18 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz landen. Zunächst wurden die Diskussionen am Wahltag von der Frage nach der Höhe der Wahlbeteiligung bestimmt.

Während eine große Mehrheit der Franzosen vor der Wahl die Meinung äußerte, dass deren Ergebnis keinen Einfluss auf ihre persönliche Lage haben würde, herrschte in der politischen Klasse die Sorge vor einem weiteren Aufschwung des Front National. Nicht allein wegen einer möglichen Obstruktion im Europaparlament, sondern auch im Hinblick auf kommende Wahlen in Frankreich, insbesondere die nächste Präsidentenwahl 2017, bei denen die Rechtspopulisten immer lauter auftreten würden. Das Interesse an der Wahl war laut Umfragen groß. Am Mittag lag die Wahlbeteiligung bei 15,7 Prozent. Das war mehr als 2009, als um diese Zeit erst 14,8 Prozent ihre Stimme abgegeben hatten. Rückschlüsse auf die Wahlbeteiligung ließ das aber nicht zu. Nur 40,63 Prozent der Stimmberechtigten waren damals zur Wahl gegangen.

Protestwähler - nicht nur in Portugal

+ + + Konservative siegen in Zypern + + +

Die proeuropäische konservative Partei Demokratische Gesamtbewegung (Disy) hat ersten Prognosen zufolge die Wahl für das Europaparlament in der Republik Zypern deutlich gewonnen. Sie bekommt demnach zwischen 36,5 bis 39,5 Prozent. Diese Partei steht dem konservativen regierenden Staatspräsidenten Nikos Anastasiades nahe. Zweitstärkste Kraft wird laut Prognose die Linkspartei AKEL. Sie soll zwischen 25,5 bis 28,5 Prozent bekommen. Dies berichtete das staatliche zyprische Fernsehen (RIK). Zypern entsendet sechs Abgeordnete ins Europaparlament. Mit offiziellen Ergebnissen und der Sitzverteilung wird am späten Sonntagabend gerechnet. Die Wahlbeteiligung lag ersten Angaben zufolge deutlich unter 50 Prozent.

+ + + Höhere Wahlbeteiligung als 2009 + + +

Bei der Europawahl 2014 haben in Deutschland bis 14 Uhr 25,6 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht - das sind 5,4 Prozentpunkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt bei der Europawahl 2009. Das teilte der Bundeswahlleiter am Sonntagnachmittag mit. Die abgegebenen Stimmen der Briefwählerinnen und Briefwähler seien dabei nicht berücksichtigt. Der Bundeswahlleiter hat diesen Zwischenstand zur Wahlbeteiligung in Zusammenarbeit mit den Landeswahlleitungen auf Grundlage der Wahlbeteiligung in ausgewählten Wahllokalen für ganz Deutschland ermittelt. 2009 lag die Wahlbeteiligung insgesamt am Ende bei 43,3 Prozent. Bereits im Vorfeld ließ sich absehen, dass Deutschland künftig im Europaparlament von mehr Parteien vertreten sein wird als je zuvor. Denn erstmals galt für die Europawahl keine Sperrklausel, wie sie etwa bei Bundestagswahlen in Form einer Fünf-Prozent-Hürde gilt. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedeutete, dass eine Partei auch schon mit relativ wenigen Stimmen einen Parlamentssitz gewinnen konnte. Letzten Umfragen zufolge konnten CDU/CSU damit rechnen, stärkste Kraft bei der Europawahl in Deutschland zu bleiben. Der SPD sagten die Demoskopen ein deutlich besseres Ergebnis als bei der Europawahl 2009 voraus. Mit besonderer Spannung wurde das Abschneiden der EU-kritischen Alternative für Deutschland (AfD) erwartet, die in letzten Umfragen auf bis zu sieben Prozent kam. Damit dürfte erstmals seit 25 Jahren wieder eine deutsche Partei rechts von der Union ins Europaparlament einziehen. Bei der Wahl 1989 war dies den Republikanern gelungen.

+ + + Lange Schlangen vor Wahllokalen in Brüssel + + +

Schon am Morgen hat es beispielsweise im Stadtteil Woluwé-St. Lambert fast eine halbe Stunde gebraucht, ehe die Wahlkabinen erreicht waren. Repräsentativ ist das trotz der ersten Eindrücke, dass die Beteiligung bei der Europawahl höher liegen wird als die 43 Prozent 2009, aber nicht unbedingt. Schließlich herrscht in Belgien nicht nur Wahlpflicht, was sich beim letzten Mal in einer Stimmabgabequote von 90,8 Prozent niederschlug. Auch geht es diesmal um die Zusammensetzung des nationalen Parlaments. Und weil die separatistische Partei N-VA, die Flandern von Belgien loslösen und die Wallonen alleine zurücklassen will, schon beim letzten Mal stärkste Partei wurde, ist diesmal von der „Mutter aller Wahlen“ die Rede. Da dürfte dann auch für Europa etwas abfallen.

+ + + Spanier strafen Regierung ab + + +

Spaniens konservative Regierung steuert bei der Europawahl auf eine Niederlage zu. Den letzten Umfragen zufolge wird Ministerpräsident Mariano Rajoy deutlich geschwächt aus dieser Abstimmung hervorgehen. Für seine Volkspartei (PP), die seit 2011 mit absoluter Mehrheit in dem südeuropäischen Euro-Krisenlandes regiert und in der EU-Wahl 2009 noch 41 Prozent holte, werden nun erhebliche Verluste vorausgesagt. Auch die Sozialisten (PSOE), größte Oppositionspartei, welche 2009 noch knapp 39 Prozent bekamen, müssen sich wohl auf größere Einbußen einstellen: Der Sozialistischen Arbeiterpartei, die in Spanien bis 2011 regierte, wird angelastet, dass sie das Land in die tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise lenkte und sich seitdem personell nicht erneuerte.

Den Meinungsforschern zufolge könnten vor allem kleine Parteien im linken wie im rechten Spektrum die Gewinner in Spanien sein. Dem linken Bündnis „Izquierda Plural“ (IU) und der bürgerlichen „Union für Fortschritt und Demokratie“ (UPyD) werden kräftige Gewinne zugetraut. Genauso wie neuentstandene Krisenprotest-Bewegungen wie „Podemos“ (Wir schaffen es) oder „Primavera Europea“ (Europäischer Frühling) erstmals ins Europaparlament einziehen könnten. Mit Aufmerksamkeit wird das Abschneiden der regionalen Parteien aus den abtrünnigen Landesteilen Katalonien und Baskenland beobachtet. In beiden Regionen regieren Bewegungen, die für eine Abspaltung ihrer Terrains eintreten.

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+ + + Protestwahl in Portugal + + +

Im Pleiteland Portugal zeichnet sich eine Abfuhr für die europäische Geldgeber-Troika und für die konservative Regierung ab. Den Meinungsprognosen zufolge muss sich Ministerpräsident Pedro Passos Coelho auf eine Wahlniederlage für seine konservativen Sozialdemokraten (PSD) einstellen. Den Prognosen zufolge haben in der Europawahl die oppositionellen Sozialisten (PS) in Portugal die Nase vorn. Zudem werden den Öko-Kommunisten und dem Linksblock Gewinne zugetraut. Ein schlechtes Omen für Passos Coelho, dessen Zukunft in der portugiesischen Parlamentswahl in 2015 in den Sternen steht. Rechtsradikale machten bisher im Land nicht von sich reden. Große Sorgen bereitet in Portugal die niedrige Wahlbeteiligung, die schon in 2009 mit knapp 37 Prozent weit unter dem EU-Schnitt von 43 Prozent lag. Es wird nicht damit gerechnet, dass dieses Mal mehr Wahlberechtigte zu den Urnen gehen, da sich die Portugiesen den Erhebungen des Eurobarometers zufolge zunehmend von Europa abwenden. Die große Mehrheit der Portugiesen ist unzufrieden mit der EU-Rettungspolitik und hat laut Eurobarometer das Vertrauen in Europa verloren.

+ + + Ökonomen: Etablierte Parteien schuld am Erstarken der Rechten + + +

Führende Ökonomen in Deutschland machen Fehler der etablierten Parteien in der Euro-Rettungspolitik für das Erstarken europafeindlicher Parteien verantwortlich. „Ich hoffe, dass die etablierten Parteien in Europa aufwachen und konstruktiv auf eine nachhaltige Lösung der Krise hinarbeiten. Denn dies fehlt noch immer“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, Handelsblatt Online. „Wir werfen den Krisenstaaten vor, dass sie zu wenig tun, die Krisenstaaten beschuldigen uns, dass wir nicht genug helfen.“ Das helfe aber nicht. Aus Sicht des Direktors des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, liegt die „Wurzel des Misstrauens“ zum einen in der defensiven politischen Haltung der großen Parteien mit Blick auf Europa. Und sie liege zum zweiten in ihrer „mangelnden Glaubwürdigkeit“, sagte Horn. „Denn die Politik, die viele Menschen in den Krisenländern in Armut und Arbeitslosigkeit geführt hat, ist ja von ihnen und den von ihnen gestellten Regierungen beschlossen und durch die gemeinsame Zustimmung zum Fiskalpakt sogar zementiert worden.“ Vor diesem Hintergrund wirkten Forderungen nach einem besseren oder anderen Europa „fast komisch“, fügte der IMK-Chef hinzu. Der Europa Analyst der Deutschen Bank, Nicolaus Heinen, führt den wahrscheinlichen Aufstieg radikaler Kräfte bei der Europawahl nicht nur auf ein „Vermittlungsproblem“ der etablierten Parteien bei europäischen Themen zurück. „Die Defizite der Euro-Rettungspolitik sind eine Tatsache“, sagte Heinen. „Populistischen Parteien ist es gelungen, diese in der Vergangenheit als Steilvorlage zu nutzen und ihre Bekanntheit zu erhöhen.“ Hinzu komme, dass zwischenstaatliche Verteilungsfragen im Zuge der Euro-Krise an Bedeutung gewonnen hätten.

+ + + Ukip Erfolge erschüttern etablierte Parteien in Großbritannien + + +

Nach dem politischen Erdbeben der Gemeindewahlen stellen sich Großbritanniens etablierte Parteien auf neue Erfolge der Anti-EU Partei Ukip bei den Europawahlen ein. Endgültige Ergebnisse werden erst am Montag bekannt. Aktuelle Umfragen gehen von einem Wahlsieg Ukips mit 29 Prozent der Stimmen aus, vor Labour mit 27 und den Konservativen mit 22 Prozent. Ukip wäre im Europaparlament mit 24 der 70 britischen Mandate vertreten. Briten sehen die Wahl als Testlauf für die Unterhauswahl 2015. Sollte Ukip tatsächlich Labour überrunden, würden in der Partei Zweifel wachsen, ob Parteichef Ed Miliband die Tory geführte Regierung von Premier David Cameron tatsächlich ablösen kann. Der Wahlausgang in Europa könnte Premier Camerons Versuch gefährden, vor dem britischen Referendum umfassende EU-Reformen zu erzielen, wenn sich EU-Integrationisten im neuen Europaparlament gegen den Ansturm der Anti-EU-Parteien zusammenscharen. Cameron wird seinen Widerstand gegen die Ernennung eines der „Spitzenkandidaten“ der Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten verschärfen. Martin Schulz und Jean-Claude Juncker gelten in Großbritannien als radikale Exponenten der bürgerfernen EU-Technokratie. Sogar Labour distanzierte sich von dem Sozialdemokraten Schulz und sorgte dafür, dass er Großbritannien von seinen Wahlkampfreisen ausklammerte.

+ + + Malta: Labour Partei liegt vorne + + +

Die regierende Labour Partei (PL) liegt bei der Europawahl in Malta ersten Schätzungen zufolge deutlich vorne. Die Partei von Regierungschef Joseph Muscat kommt auf etwa 53 Prozent der Stimmen, wie aus den am Sonntag veröffentlichten inoffiziellen Schätzungen der Parteien hervorging. Für die größte Oppositionspartei, die konservative Nationalistische Partei (PN), stimmten rund 40 Prozent. In dem kleinsten EU-Staat konnten die etwa 330 000 Wahlberechtigten ihre Stimme bereits am Samstag abgeben.

+ + + Slowakei vor neuem Minusrekord bei Wahlbeteiligung + + +

In der Slowakei haben vermutlich nur knapp 13 Prozent der Stimmberechtigten an der EU-Wahl teilgenommen. Das wäre ein neuer Negativrekord. Die am Sonntag von der staatlichen Nachrichtenagentur TASR veröffentlichten Angaben beruhen auf inoffiziellen Parallelzählungen mehrerer kandidierender Parteien. Die Stimmabgabe endete am Samstag um 22 Uhr. Die offiziellen Ergebnisse dürfen erst am Sonntag ab 23 Uhr veröffentlicht werden. Schon bisher hielt die Slowakei mit 17 Prozent im Jahr 2004 den historischen Negativrekord. Auch 2009 war die Wahlbeteiligung in der Slowakei mit 19,6 Prozent die niedrigste aller EU-Länder.

+ + + Barroso wirbt: Wahl ist wichtig + + +

Die Wahl sei "sehr wichtig", appellierte der scheidende EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, nachdem er in Lissabon seine Stimme abgegeben hatte. Denn ein Großteil der Gesetze, die das Alltagsleben der Menschen beeinflussten, würden in Brüssel oder Straßburg verabschiedet. Der Portugiese betonte, dass das Ergebnis der Europawahl erstmals auch für die Auswahl des neuen Kommissionschefs berücksichtigt werden muss.

+ + + Hochwasser: Kroatien hat andere Sorgen + + +

In Kroatien sollten am Sonntag elf EU-Abgeordnete gewählt werden, einer weniger als bei den EU-Wahlen im April 2013, die zum Beitritt des jüngsten Mitgliedslandes stattgefunden haben. In Kroatien ist die Frustration groß, vor allem angesichts der Tatsache, dass der Beitritt nicht zu einem von manchen erhofften wirtschaftlichen Aufschwung geführt hat. Insgesamt sind 3,7 Millionen Kroaten wahlberechtigt. Die Nation ist zurzeit mit den verheerenden Auswirkungen des Hochwassers im Osten des Landes beschäftigt. In den betroffenen Gebieten wurden spezielle Wahllokale auch für die Helfer und Einsatzkräfte eingerichtet, die nicht zu Hause wählen gehen können. Die linksliberale Regierungskoalition, die auch aufgrund der Wirtschaftskrise und der anhaltenden Rezession immer unbeliebter wird, liefert sich ein Match mit der Mitte-Rechts-Liste. Spitzenkandidat der Regierungsliste ist der Verbraucherschutz-Kommissar Neven Mimica. Spitzenkandidat der rechten Liste ist der konservative Andrej Plenković. Die umstrittene Rechtspopulistin Ruža Tomašić, die mit antiserbischen Ansagen auffiel, ist zwar auf Nummer Sechs dieser Liste, sie wird aber wohl in der Fraktion "Europäische Konservative und Reformisten“ vertreten sein, falls sie gewählt wird. Denn die EVP will sie nicht in ihren Reihen sehen.

+ + + Femen-Proteste gegen Rechtsextreme in Frankreich + + +

Vier Angehörige der Protestgruppe Femen demonstrierten am Sonntagvormittag in Hénin-Beaumont, einer Stadt in Nordfrankreich, die seit den Kommunalwahlen vom März von der rechtsextremen Nationalen Front (FN) regiert wird. In weißer Kleidung mit Rotem Kreuz auf einer Schürze, jedoch wie üblich mit entblößter Brust, erschienen die Frauen vor dem Wahllokal, in dem gegen elf Uhr die FN-Präsidentin Marine Le Pen von Reportern zur Stimmabgabe erwartet wurde. Sie schwenkten große Injektionsnadeln und boten „antifaschistische Impfungen“ an. Dazu skandierten sie Rufe wie „FN in Quarantäne“.

+ + + Große Vorbehalte bei den Zyprioten + + +

Kein EU-Land liegt weiter im Osten als die Inselrepublik Zypern. Aber nicht nur die geografische Distanz ist groß. Viele Zyprer hadern auch mit der EU, weil die Kriseninsel auf Geheiß der europäischen Geldgeber einen strikten Sparkurs steuern muss. Dezidiert anti-europäische Parteien haben zwar keine Aussichten, einen der sechs zyprischen Sitze im neuen Europaparlament zu erobern. Aber die Frustration könnte sich in einer niedrigeren Wahlbeteiligung äußern, glauben Meinungsforscher. Sie sehen die konservative und pro-europäische Disy-Partei von Staatspräsident Nikos Anastasiadis mit rund 35 Prozent vorn. Die euro-skeptische kommunistische Partei Akel lag in den Umfragen mit rund 20 Prozent auf dem zweiten Platz.

+ + + Griechenland: Abstimmung über Europa? Oder über den Sparkurs? + + +

Kann sich die konservative Nea Dimokratia (ND) von Ministerpräsident Antonis Samaras als stärkste politische Kraft behaupten? Oder machen die Wähler, wie es der radikal-linke Oppositionsführer Alexis Tsipras fordert, die Europawahl zu einem „Volksentscheid“ gegen den Sparkurs? Samaras gab am Morgen seine Stimme in der Grundschule der kleinen Hafenstadt Pylos an der Südwestküste des Peloponnes ab, in seinem Heimatort. „Heute ist der Tag der Demokratie und der Geschlossenheit, um unser Land aufrecht zu halten und nach vorn zu führen“, sagte Samaras. Der Herausforderer Tsipras wählte im Athener Stadtteil Kypseli. Er appellierte an die Griechen, sich „an diesem Sommertag etwas Zeit zu nehmen, um zur Wahl zu gehen, damit Griechenland den Winter des Sparprogramms hinter sich lässt“. Tatsächlich dürfte es viele Menschen an die Strände und nicht in die Wahllokale ziehen: Die Meteorologen sagen Mittagstemperaturen von 31 Grad voraus.

+ + + Frankreich rechnet mit geringer Beteiligung + + +

Schon kurz nach acht Uhr betraten erste Wähler in Paris und anderen Städten die Abstimmungslokale. Nach den vergangenen Regentagen wollten sie an diesem sonnigen Sonntagmorgen möglichst früh ihrer Bürgerpflicht genügen, um dann aufs Land zu fahren, sagte eine Frau in Toulouse. Rückschlüsse auf die Wahlbeteiligung lässt das nicht zu. Erst wenn die Wahllokale am Abend schließen, wird man wissen, ob das Desinteresse der Franzosen so groß ist, wie von den Instituten vorausgesagt. Um der befürchteten Stimmenthaltung entgegenzuwirken, wurde in 400 Städten beschlossen, den Wählern bis 20 Uhr Gelegenheit zur Stimmabgabe zu geben.

+ + + 400 Millionen Wahlberechtigte + + +

Insgesamt fast 400 Millionen Menschen waren seit Donnerstag EU-weit zur Wahl der 751 EU-Abgeordneten aufgerufen, Deutschland stellt mit 96 die meisten von ihnen. Erste Hochrechnungen werden ab 22.00 Uhr veröffentlicht, erste Ergebnisse dürfen erst nach Schließung der letzten Wahllokale in Italien um 23 Uhr bekannt gegeben werden.

+ + + Was machen die Rechten? + + +

Briten und Niederländer haben bereits am Donnerstag als gewählt, es folgten fünf weitere Länder. In Deutschland zeichnete sich in Umfragen ein Sieg der Unionsparteien ab. Mit Spannung und Bangen wird europaweit auf das Abschneiden der EU-Gegner vor allem vom rechten Rand geblickt. In den Niederlanden war die EU- und islamfeindliche Freiheitspartei PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders überraschend abgestürzt. Doch in Großbritannien fuhr die europafeindliche UKIP offenbar einen historischen Triumph ein. Mit der Kampfansage, sein Land aus der EU zu führen, brachte es Populist Nigel Farage bei den parallel stattfindenden Kommunalwahlen jedenfalls zu
massiven Zugewinnen. Mit starken Ergebnissen für Rechtsextreme wird auch im Euro-Sorgenkind Griechenland und in Frankreich gerechnet, dort könnte die Front National von Marine Le Pen sogar stärkste Partei werden. In Deutschland sahen letzte Umfragen die Eurogegner von der AfD bei bis zu sieben Prozent. Inwieweit sich die EU-Skeptiker von rechts- oder linksaußen im EU-Parlament jeweils zu länderübergreifenden Fraktionen zusammenschließen, ist allerdings offen.

Für Sie berichten: Hans-Hagen Bremer aus Paris, Sydney Gennies von der Tagesspiegel-Wahlparty, Gerd Höhler aus Athen, Ralph Schulze aus Madrid, Matthias Thibaut aus London, Adelheid Wölfl aus Sarajevo, Christopher Ziedler aus Brüssel

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