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Zine al Abidine Ben Ali.

© dpa

Tunesien: Ben Ali zu 35 Jahren Haft verurteilt

Tunesien rechnet mit seinem geflüchteten Langzeitherrscher Ben Ali ab. In einem ersten Verfahren wird er zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt. In weiteren geplanten Prozessen droht ihm sogar die Todesstrafe. Doch sein saudisches Exil gilt vorerst als sicher.

Fünf Monate nach der Flucht ins Exil ist der tunesische Diktator Zine al Abidine Ben Ali in der Heimat zu 35 Jahren Haft verurteilt worden. Ein tunesisches Strafgericht sprach Ben Ali und Ehefrau Leila am Montagabend in Abwesenheit der Veruntreuung von Staatsvermögen für schuldig. Neben der Gefängnisstrafe verhängten die Richter eine Geldstrafe in Gesamthöhe von insgesamt 91 Millionen Dinar (rund 46 Millionen Euro). Der Prozess am Montag war der erste gegen den gestürzten Präsidenten und seinen Clan. Weitere sollen folgen. Ben Ali hatte sein Land 23 Jahre regiert. Er war der erste Langzeitherrscher, der im Zuge des "arabischen Frühlings" gestürzt wurde.

Zum Frust vieler Tunesier hatte der erste Prozess in Abwesenheit der Angeklagten stattfinden müssen. Ben Ali und seine Frau waren am 14. Januar infolge der Massenproteste im Land ins saudische Exil geflüchtet. Dass sie im Fall einer Verurteilung ausgeliefert werden, gilt als höchst unwahrscheinlich.

Ben Ali hatte das Verfahren am Montag über Anwälte als politischen Prozess abgetan und die Vorwürfe als haltlos bezeichnet. Der Präsident habe nicht die Absicht, den Prozess ernst zu nehmen, sagte sein französischer Rechtsvertreter Jean-Yves Le Borgne dem Radiosender France Info. "Jeder sollte verstehen, dass dieser Strafprozess beschämende Siegerjustiz widerspiegelt", hieß es zuvor von einer Kanzlei im Libanon.

Neben persönlicher Bereicherung auf Staatskosten wurden dem Ex-Präsidenten in dem ersten Prozess auch Waffen- und Drogendelikte vorgeworfen. Über diese Anklagepunkte soll aber erst am 30. Juni entschieden werden, teilte das Gericht am Abend mit. Die Pflichtverteidiger hatten zuvor mehr Zeit gefordert, den Prozess vorzubereiten.

Nach seiner Flucht wurden in einem der Präsidentenpaläste riesige Mengen an Bargeld und Schmuck entdeckt. In einem anderen fand man Drogen, Waffen und nicht registrierte archäologische Schätze. Die 27 Millionen Dollar (umgerechnet 18,8 Millionen Euro) hätten nicht in seinen Büros gelegen und die Waffen seien Geschenke anderer Staatschefs gewesen, betonte Anwalt Le Borgne am Montag.

Gegen Ben Ali und seine Familie sind Dutzende weitere Strafsachen anhängig. Bei geplanten Verfahren vor einem Militärtribunal könnte der Ex-Präsident wegen Tötungsdelikten und Folterverbrechen sogar zum Tode verurteilt werden.

Bei der Revolution in Tunesien waren nach Zahlen der Vereinten Nationen mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Unter ihnen waren zahlreiche Demonstranten. Sicherheitskräfte sollen zum Teil gezielt auf Landsleute geschossen haben.

Über den Gesundheitszustand Ben Alis gibt es keine gesicherten Informationen. Nach Angaben von ehemaligen Angestellten wirkte er zuletzt sehr senil. Zudem musste er sich wegen einer Prostatakrebs-Erkrankung behandeln lassen.

Nach dem Prozessauftakt gegen Ben Ali soll im August in Ägypten das Verfahren gegen den wenig später gestürzten Husni Mubarak beginnen. Dieser sitzt seit seiner Entmachtung in Ägypten in Untersuchungshaft. Beiden Ex-Präsidenten droht auch in Frankreich juristische Verfolgung. Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnete zwei Ermittlungsverfahren wegen bandenmäßiger Geldwäsche.

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) sowie die Juristenvereinigung Sherpa hatten gegen Ben Ali mehrfach Anzeige erstattet. Sie wollen klären lassen, ob der Ex-Präsident auf französischem Boden mit veruntreutem Vermögen Immobilien kaufte oder andere Geschäfte machte. (dpa)

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