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Extremismus: Naziaufmarsch in Dresden verhindert

Ein breites Bündnis aus Gegendemonstranten hat den Naziaufmarsch zum 65. Jahrestag der Bombardierung Dresdens verhindert. Durch Blockaden und Menschenketten blieb den Rechten nur eine Kundgebung. Unser Reporter Frank Jansen war vor Ort.

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17:27 Uhr: 

Wenn es nicht noch am Abend zu Ausschreitungen kommt, ist der Tag glimpflich verlaufen. Die Rechten haben es an diesem zentralen Tag in ihrem Gedenkkalender nicht geschafft, durch Dresden zu marschieren. Ein Bündnis aus Grünen, Gewerkschaften, der Linken und anderen Gruppen hat die Neonazis blockiert. Mit diesem Tag bricht auch eine unselige "Dresdner Tradition": In den vergangenen Jahren hatte sich die Zahl der rechten Demonstranten erhöht, doch heute kamen nur noch etwa 5000 Gedenkmarschierer in die Stadt. Das Bündnis der Nazigegner brachte es auf 15000 Personen.

17:22 Uhr:

Der Spuk nähert sich dem Ende, die Rechten werden in den Bahnhof geleitet und fahren mit Zügen zum Busbahnhof im Stadtteil Klotze.

17:18 Uhr: Auch der Berliner Grüne Hans-Christian Ströbele ist nach Dresden gefahren und demonstriert gegen die Rechten.

17:14 Uhr:
Vom Bahnhofsvorplatz schallt den Beobachtern das Deutschlandlied entgegen, alle drei Strophen. Redner attackieren die "faschistische Bundesrepublik" und eine "korrupte Polizeiführung". Die Polizei scheint die Lage im Griff zu haben, Einsatzkräfte haben den Ort in mehreren Ketten abgeriegelt.

16:39: Am Bahnhofsvorplatz werfen die wütenden Rechten jetzt Flaschen und Schneebrocken auf die Polizeiketten und Journalisten - die Situation wird unübersichtlich. Von der einen Seite drücken die Rechtsextremen gegen die Absperrungen, auf der anderen warten die Linken. Kann die Polizei beide Lager noch länger trennen? 

16:31: Unter Sprechchören wie "Straße frei der deutschen Jugend" versuchen die Rechten durch die Absperrungen der Polizei zu gelangen. Falls ihnen ein Durchbruch gelingt, wäre ein Zusammenprall mit den Gegendemonstranten unvermeidlich. Die Lage spitzt sich zu.

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Wütend treten die 3000-4000 Rechtsextremen den Rückzug an, nicht ohne die Polizei mit Schneebrocken und Flaschen zu bewerfen. Der Spuk ist zu Ende. -

© dpa

16:25 Uhr:

Die Lage am Bahnhof heizt sich weiter auf: "Wir wollen marschieren", brüllen Rechtsextreme. "Die Straßen sind nicht frei", widersprechen Einsatzkräfte der Polizei. Der Marsch darf also nicht stattfinden, die Blockadestrategie des Bündnisses "Dresden Nazifrei" ist aufgegangen.

15:50 Uhr: Auf dem Vorplatz des Bahnhofs Neustadt stehen 3000-4000 Rechtsextreme in Marschformation. Gibt es doch eine Ersatzroute oder wird sie die Polizei in ihre Busse begleiten? Das dürfte schwierig werden, denn in den Straßen um den Bahnhof warten viele Gegendemonstranten.  

15:30 Uhr: Nach Angaben der Polizei sind etwa 1300 Demonstranten auf dem Bahnhofsvorplatz. Gerüchte um eine Ersatzroute der Rechtsextremen gehen um, die Polizei dementiert.

15:10 Uhr: Auf dem Bahnhofsvorplatz befinden sich inzwischen etwa 3000 Rechtsextremisten, als die Polizei durchsagt, dass es nur eine Kundgebung geben werde. Der Protestmarsch sei abgesagt. Begründung: Die Sicherheit sei nicht gewährleistet. Die Rechtsextremisten haben sich trotzdem in Marschposition aufgestellt und tragen ein Transparent mit der Aufschrift "Großvater, wir danken dir".

Offenbar gab es auch Attacken von linken Demonstranten auf Rechtsextremisten.

14:45 Uhr: 
Ein größerer Zug von rechtsextremen Demonstranten ist am Bahnhof angekommen. Doch 200 bis 300 davon sind nicht mit auf den Platz gezogen. Sie befinden sich ohne Polizeibegleitung in der Nähe des Geländes. 

14:35 Uhr:
Die Polizei hat einen Zug von Rechtsextremisten in Richtung Bahnhof Neustadt geführt. Die Polizei befand sich an der Spitze des Zuges. Aus dem hinteren Bereich hat eine Gruppe linke Demonstranten angegriffen. Eine Frau wurde attackiert und bekam bei dem Angriff Tritte gegen den Kopf. Die Frau war offenbar kurz bewusstlos und wurde ins Krankenhaus gebracht.

13:50 Uhr: Der erste Redner der Rechtsextremisten, Liedermacher Frank Rennicke, betritt das Podium und schimpft über die "korrupte Politmafia" und den "Polizeistaat". Etwa 1500 Personen lauschen den Worten und Liedern Rennickes. Der Platz vor dem Bahnhof gleicht einem Gehege. Die Demonstranten können das Gelände nicht verlassen. Wahrscheinlich sind einige Busse der Rechtsextremisten nicht bis zum Schlesischen Platz durchgedrungen. Bislang gab es keine gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen linken Demonstranten und Rechtsextremisten.

13:25 Uhr: Die Polizei bestätigt: Linke haben zwischen 10:45 Uhr und 11:45 Uhr Gleise zwischen dem Hauptbahnhof und dem Bahnhof Neustadt blockiert. Die Blockade löste sich nach einer Stunde friedlich auf.

13:10 Uhr:
Inzwischen sind etwa 1000 Rechtsextremisten eingetroffen, von denen aber viele lieber im warmen Bahnhof stehen. Die Stimmung ist gereizt.

Die Vize-Präsidentin des Thüringer Landtages, Astrid Rothe-Beinlich (Grüne), hat bereits am Morgen einen Platzverweis für den Albert-Platz erhalten, aber dennoch vor etwa 2000 Personen gesprochen. Der zivile Ungehorsam sei wichtig für die Demokratie, um den Aufmarsch der Rechtsextremisten zu stoppen. Das Ziel, den rechten Aufmarsch zu verhindern, werde wahrscheinlich erreicht, jedoch gebe es zwei Seiten der Medaille. Das Bündnis "Dresden Nazifrei", eine bunte Mischung aus Politikern von SPD, Grünen, Linkspartei sowie linksradikalen Gruppierungen, das den Aufmarsch der Rechtsextremen blockieren will, sei von der Staatsanwaltschaft kriminalisiert worden.

12:40 Uhr: Maximal 500 Rechtsextremisten sind auf dem Vorplatz des Bahnhofs eingetroffen. Schwarz-weiß-rote Fahnen und Nationalflaggen hängen an der aufgebauten Bühne. Sechs Polizeihubschrauber kreisen über dem Areal, vier davon haben große Scheinwerfer eingeschaltet. Drei Wasserwerfer sowie ein Räumpanzer stehen in unmittelbarer Umgebung. Mehrere Hundertschaften sind um den Platz verteilt. Agenturen berichten, dass linke Demonstranten Barrikaden auf den Gleisen zwischen den beiden großen Dresdner Bahnhöfen errichtet haben, um die Anreise der Rechtsextremisten zu verhindern.

11:44 Uhr: Auf dem Schlesischen Platz haben sich inzwischen 200 bis 300 Rechtsextreme eingefunden. Ihr Lautsprecherwagen spielt klassische Musik. Um 12 Uhr sollte der Demonstrationszug beginnen. Die Ankunft vieler Rechtsextremisten verzögere sich, weil Gruppen aus Brandenburg den Zug verpasst hätten, teilte die Polizei mit.

11:20 Uhr:
Mehrere hundert Demonstranten stehen auf der Hansastraße und blockieren die Route der Rechtsextremisten. In der vordersten Reihe stehen Landtagsabgeordnete der Linken aus Hessen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Ein rotes Transparent mit dem Schriftzug "gemeinsam gegen Nazis" flattert im Wind. Bodo Ramelow, Fraktionsvorsitzender der Linken im Thüringer Landtag ist zuversichtlich, dass "es gelingt, die Nazis zu stoppen".  Die sächsische Abgeordnete der Linken Jana Pinka erklärte: "Das Verbot ist egal, es geht darum, den Nazis zu zeigen, dass sie nicht einfach demonstrieren können." An diesem Punkt sei ziviler Ungehorsam notwendig. 

Derzeit ist die Lage ruhig. Nur wenige Rechtsextremisten sind bisher eingetroffen.

Die Polizei teilt mit, dass die Gaststätten in Thüringen auf der Rückfahrt gesichert seien. Im vergangenen Jahr hatten Rechtsextremisten, die vom Aufmarsch in Dresden kamen, an einer Autobahnraststätte in Thüringen Gewerkschafter attackiert, die in der sächsischen Hauptstadt gegen die rechtsextreme Demonstration protestiert hatten. Ein Opfer wurde schwer verletzt.

10:45 Uhr: Viele Dresdner sind mit einer weißen Rose geschmückt. Die "Weiße Rose" war der Name einer Widerstandsgruppe in München während der Zeit des Nationalsozialismus.

10:08 Uhr:
Der Albert-Platz liegt auf der Route der Rechten und ist 200 Meter vom Bahnhof entfernt. Der Platz ist inzwischen komplett von Linken besetzt. Die Polizei ist vor Ort und baut weitere Absperrgitter auf. Zwei Hubschrauber kreisen über dem Geschehen.

9:50 Uhr: Nördlich des Bahnhofs haben sich etwa 200 Linke versammelt, die teilweise vermummt und mit Transparenten auf die Rechten warten. Es sind auch Fahnen von Verdi zu sehen. Auf der Hansastraße setzen sich Demonstranten auf die eiskalte Straße und blockieren Straßenbahngleise. Die Polizei lässt sie derzeit gewähren, hat aber Wasserwerfer in Position gebracht.

9:40: Am Bahnhof Neustadt in Dresden wird die Ankunft rechter Gruppierungen erwartet. Der Schlesische Platz ist mit Absperrgittern unterteilt. Es ist Polizei aus Nordrhein-Westfalen und Bayern vor Ort. Wasserwerfer stehen bereit.

Auf dem Platz steht eine Gedenktafel, die an die Deportation von Juden nach Riga erinnert. Die Grünen haben am Freitag einen Kranz für die Opfer der nationalsozialistischen Massenmörder niedergelegt.

9 Uhr: Derzeit protestieren rund 200 Linke in der Dresdner Neustadt gegen rechte Gewalt. Die Polizei hat die Demonstranten aufgefordert über die Carolabrücke in die Altstadt abzuziehen, da erwartet wird, dass rechte Gruppen sich in der Neustadt sammeln werden.

Die Demonstranten harren aber weiter in der Neustadt aus. Bislang ist die Demonstration friedlich. Die Bundespolizei hat die Augustusbrücke gesperrt und lässt Fahrzeuge erst nach einer Kontrolle passieren.

Bereits am Freitagabend haben rund 1000 Linke gegen Geschichtsrevisionismus protestiert. Die Aktion fand auf dem Jorge-Gomondai-Platz statt. Jorge-Gomondai war ein Afrikaner, der 1991 in der Dresdner Neustadt aufgrund einer rassistischen Gewalttat ums Leben kam.

Der Aufmarsch Rechtsextremer überschattet das Gedenken, die Behörden rechnen mit bis zu 8000 Neonazis aus ganz Deutschland und dem Ausland. Aus Protest wollen Tausende Bürger eine Menschenkette in der Altstadt bilden. Am Abend finden Gottesdienste und Konzerte der Dresdner Orchester statt. Bei der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten waren am 13./14. Februar 1945 bis zu 25.000 Menschen ums Leben gekommen. 

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