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Ägypten: Der Kronprinz: Mubaraks Sohn soll Nachfolger werden

In Ägypten wird Präsidentensohn Gamal Mubarak schon jetzt zum Nachfolger seines Vaters aufgebaut. Die Wahlen sind erst im September 2011. Proteste gegen die Kampagne werden niedergeknüppelt.

Gar nicht so lange her, da versprach Ägyptens Präsident Hosni Mubarak seinem Volk eine Zukunft mit fairen und freien Wahlen. Was das in der Realität heißt, davon bekamen die 80 Millionen Untertanen am Nil jüngst einen ersten Vorgeschmack, auch wenn das Votum über den Thronfolger des 82-jährigen Langzeit-Pharaos offiziell erst im September 2011 ansteht.

Der Kontrast jedenfalls hätte nicht größer ausfallen können. Wenn die Initiative „Gamal für Ägypten“ im alten islamischen Kairo das Volk zur Versammlung lädt, vertreten sich vor dem Saal ein halbes Dutzend Polizisten in freundlichen weißen Uniformen schwatzend die Beine. Hier im Viertel Darb al Ahmar unterhalb der Zitadelle wohnen die einfachen Leute. Von zwei riesigen Plakaten an der Hauswand lächelt der Mubarak-Spross herab. Hymnen auf den Präsidentensohn dröhnen aus einem Lautsprecherwagen. Am Ende sind die 100 Stühle im Saal knapp zur Hälfte besetzt – und das, obwohl es reichlich kostenlosen Tee und Limonade gibt.

Ganz anders tags zuvor im Stadtzentrum nahe dem Abdeen-Palast, wo der alte Potentat seine offizielle Residenz hat. Schon seit dem frühen Nachmittag wimmelte es in den Straßen von schwarzer Schlägerpolizei des Innenministeriums. Mannschaftswagen standen in langen Reihen. Schlagstöcke flogen, wer ein Foto machte, wurde sofort von Geheimpolizisten niedergerempelt. BBC und Al Dschasira büßten ihre Filme ein. „Keine Vererbung der Macht“ und „Schluss mit dir und Jimmy“ skandierte die Menge in Anspielung auf Gamals Spitzname in der Bevölkerung. Plakate mit seinem Bild gingen in Flammen auf, über 60 Mubarak-Gegner landeten hinter Gittern. Aufgerufen zu der Kundgebung hatten per Facebook die Demokratiebewegung „Kefaya“ sowie fast alle Oppositionsparteien.

Die Proteste hatten sich an einer mysteriösen Kampagne für den Präsidentensohn entzündet, die sich seit Wochen im ganzen Land ausbreitet. „Gamal ist der Traum der Armen“ preisen ihn die Slogans und „Ägypten liebt dich“. Für die ländlichen Regionen ist die Variante „Gamal ist der Liebling der Fellachen“ in Arbeit und für die reichen Stadtviertel Kairos „Gamal ist der Traum der jungen Leute“. Parallel dazu kursiert eine Unterschriftenliste „Ja zu Gamal“, auf der sich angeblich bereits mehr als 200 000 Bürger eingetragen haben sollen. Chef der Initiative ist Magdi al-Kordi, der als Beruf Automechaniker angibt und sein Hauptquartier in einem kleinen, düsteren Parterrebüro nahe dem Justizministerium hat. „Wir sind gegen eine Vererbung der Macht“, sagt der 54-Jährige. „Gamal soll uns nicht vorgesetzt werden – wir als Volk wollen ihn auffordern, zu kandidieren.“ Einen direkten Kontakt bestreitet er, auch wenn bei der jüngsten Versammlung in Souk al Saleh gleich drei Mitglieder der Herrscherfamilie anwesend sind und mit flammender Rede plädieren. Man habe von der Bewegung aus dem Fernsehen erfahren, sagt Magdi Mubarak, ein Verwandter des Präsidenten. Und „Ja“ heißt an diesem Abend seine bündige Antwort auf die Frage, ob Gamal für das Amt des Staatschefs antreten werde.

„Das Ganze soll aussehen wie eine spontane Aktion der Basis, aber der Stempel der Nationaldemokratischen Partei Mubaraks ist nicht zu übersehen“, kommentiert der Politologe Salama Ahmed Salama in der Zeitung „Al Ahram“. In seinen Augen ist die Kampagne ein Versuchsballon, um die Beliebtheit des Sohnes beim Volk zu testen. Als Vorsitzender des politischen Planungskomitees der Regierungspartei NDP sitzt der 46-Jährige inzwischen an einer Schlüsselstelle. Auch gilt der gelernte Investment-Banker, der Winston Churchill und Margret Thatcher als seine Vorbilder nennt, als treibende Kraft hinter dem marktliberalen Kurs der letzten Jahre, der Ägypten mehr Wachstum, aber auch mehr Armut gebracht hat. „Ich habe mich nicht selbst nominiert“, gab sich Gamal kürzlich auf Fragen jüngerer Anhänger betont bescheiden.

Seine Partei hatte zuletzt im Mai in repräsentativer Umfrage erkunden lassen, wie beliebt der Junior im Volke wirklich ist. Die Ergebnisse fielen so verheerend aus, dass die Daten bis heute unter Verschluss blieben. Einer Zeitung wurde allerdings eine Kopie zugespielt von einer ähnlichen Umfrage sechs Monate zuvor. Nur neun Prozent wünschten sich Gamal Mubarak als Präsidenten.

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