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Gestoppt. Kriegsgegner ließen Minister de Maizière nicht zu Wort kommen. Foto: dpa

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Tumulte an der Humboldt-Uni: Kriegsgegner stören de Maizière-Vortrag

Reden und Diskutieren wollte Verteidigungsminister Thomas de Maizière am Mittwochabend an der Humboldt-Univeristät - doch dazu kam es nicht. Stattdessen gab es Spott, Protest und einen aufgebrachten Universitäts-Präsidenten.

Von Robert Birnbaum

Jan-Hendrik Olbertz ist von Haus aus Pädagoge und auch sonst einiges gewohnt, aber als das Gejohle nach einer Viertelstunde immer noch anhält, weicht das Lächeln doch langsam aus dem Gesicht des Direktors der Humboldt-Uni. Sein Gast sitzt in der ersten Reihe und verzieht keine Miene. Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat an diesem Mittwoch einige mediale Aufmerksamkeit erregt mit der Ankündigung, dass der Parlamentsbeschluss über eine Anschaffung von Kampfdrohnen erst nach der Wahl fallen wird. Jetzt am Abend will er im Audimax der Hochschule reden und mit den Zuhörern diskutieren. Themen gibt es genug, selbst ohne Drohnen. Aber die Rede bleibt ungehalten. Im Saal sind zu viele, die nichts hören wollen.

Für de Maizière ist das nicht ganz neu. Anfang Dezember war er in der Uni Leipzig ähnlich empfangen, als Kriegstreiber beschimpft und unterbrochen worden, bis er seine Rede zur Seite legte. Damals kam immerhin eine Diskussion zustande.

Diesmal nicht. Das Audimax ist mit etwa 300 Personen gut gefüllt, die meisten junge Leute, aber auch ein paar ältere Bürger. Kaum kommt de Maizière in den Saal, bricht ein Trüppchen in Klatschen aus. Politiker sind Applaus gewohnt. Aber dieser ist sehr stürmisch. Und „Thomas, wir lieben dich!“ hat bisher noch nicht mal ein CDU-Parteitag gesungen.

„Noch ein Krieg!“ allerdings auch nicht. Olbertz kommt nicht zu Wort. Irgendwann stellt sich der Uni-Präsident an den Laptop, der per Beamer den Titel der Rede („Die Armee der Einheit“) an die Wand wirft. „Ich möchte jetzt bitte etwas sagen!“, tippt er. Die Johlenden möchten das nicht. Einer hält ein Schild hoch, auf dem „Nie wieder Krieg“ steht und „Nie wieder Deutschland“. Olbertz nächster Vorschlag erscheint an der Wand: „Okay, ihr kriegt das erste Wort: Wer kommt nach vorn und richtet eine Frage an den Minister?“

Ein hagerer junger Mann geht auf die Bühne. De Maizière schließt sich ihm an. Aber der 24jährige, ein Student der Gartenbauwissenschaften, dringt auch nicht durch, zumal jetzt eine Handvoll Protestierer mit blutrot bemalten T-Shirts die Bühne stürmt und Erschossene mimt. Nach einer halben Stunde geht de Maizière. An der Wand stehen immer noch die Sätze, die er getippt hat. „Wer hat Angst, ein Argument zu hören?“ zum Beispiel, „ ,Nie wieder Deutschland’ ist einer Humboldt-Uni nicht würdig“, und zuletzt sein Abschiedswort: „Schade.“

Er ist nicht der Einzige, der das so sieht. Der Student, der nach vorne gegangen war, findet den Protest in der Sache sogar richtig. Er hat vom Minister wissen wollen, wieso von Deutschland wieder Krieg ausgehe, obwohl das Grundgesetz das verbiete. Er findet überhaupt vieles schrecklich im Land. Aber eine Diskussion blockieren? „Das Verweigern führt dazu, dass das alles so bleibt“, sagt er.

Olbertz bleibt noch eine ganze Stunde. „Sie müssen mich wegtragen oder mir einen Augenblick zuhören“, tippt er. Nicht mal das hilft. Und de Maizière? Ach nein, persönlich treffe ihn das nicht: „Ich war selber Studentenvertreter ...“ Und natürlich sei dies nicht der Ende solcher Auftritte. „Ich versuch’s gern weiter“, sagt er. „Berlin ist auch nicht überall.“

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