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Obamas Oma

© AFP

US-Präsident: Großmutter ist die Beste

Marian Robinson ist Barack Obamas Schwiegermutter – und ein emotionaler Stabilitätsanker der ganzen Familie.

Sie verlieren ihre Freunde und die gewohnte Umgebung. Sie müssen sich in einer neuen Stadt einleben. Beide Eltern werden im Job vor neue Herausforderungen gestellt und haben wenig Zeit für die Kinder. Schon für normale Familien wäre das eine ziemliche Belastung. Die Obamas werden dabei auch noch auf Schritt und Tritt beobachtet. Bisher machen sie weiterhin den Eindruck einer intakten, glücklichen und bodenständigen Familie.

Der Stabilitätsanker ist die „First Grandma“ Marian Robinson. Für Malia (10) und Sasha (7) war sie schon in Chicago die wichtigste Bezugsperson, wenn die berufstätige Mutter Michelle keine Zeit hatte. Nun ist sie mit den Obamas nach Washington gezogen. Im Weißen Haus bewohnt sie ein Zimmer im zweiten Obergeschoss, ein Stockwerk über den Obamas, mit Himmelbett, begehbarem Wandschrank und einer kleinen Sitzecke, wo sie persönliche Gäste empfangen kann, berichtete kürzlich die „Washington Post“. Auf derselben Etage befindet sich das Spielzimmer von Malia und Sasha.

Für die 71-Jährige war der Abschied von Chicago ein Opfer. Mehr als 40 Jahre hatte sie in einem bescheidenen, zweistöckigen Backsteinbau in der Euclid Street in der Southside, einer schwarzen Arbeitergegend, gelebt. Dort hatte sie Sohn Craig und Tochter Michelle großgezogen. Dort hatte sie die Tante, bei der die Familie im Obergeschoss zur Miete wohnte, vor deren Tod gepflegt und ihren Mann Fraser, der 1991 im Alter von 56 Jahren an Multipler Sklerose starb. Auch nachdem beide Kinder an den besten Universitäten der USA, Princeton und Harvard, studiert hatten und gut verdienten, zeigte Marian Robinson keinen Drang, in ein besseres Viertel oder ein komfortableres Haus umzuziehen. Wäre es allein nach ihr gegangen, wäre sie bis zum Lebensende dort wohnen geblieben; ihre fünf Geschwister und deren Familien leben im Umkreis weniger Meilen.

Was sie da alles zurückgelassen hat, konnte sie und konnten die Obamas am vergangenen Wochenende betrachten. Da kehrten sie zum ersten Mal nach Chicago zurück. Vor sechs Wochen waren sie nach Washington gezogen, erst in das „Hay Adams“-Hotel, dann in das Blair- Gästehaus des Präsidenten, damit Malia und Sasha vom ersten Schultag 2009 an in ihre neue Schule gehen. Marian Robinson, die zuvor ein anonymes Leben geführt hatte, musste sich plötzlich mit Sicherheitsauflagen abfinden. Wenn sie das Weiße Haus verlassen will, muss sie das mit dem Secret Service abstimmen.

Doch was tun Großmütter nicht alles ihren Enkel(innen) zuliebe. Ihre Tochter Michelle legt Wert darauf, dass Malia und Sasha möglichst normal aufwachsen. Deshalb war die Familie, als Barack Obama 2004 zum US-Senator gewählt wurde, nicht nach Washington gezogen, sondern in der gewohnten Umgebung in Chicago geblieben. Das ging nur, „weil ich die beste Hilfe hatte, die eine berufstätige Mutter überhaupt haben kann: meine eigene Mutter“, bedankte sich Michelle öffentlich beim Frauen- und Familiengipfel 2008 in Washington.

Nun, nachdem Baracks Wahl zum Präsidenten den Umzug nach Washington unumgänglich gemacht hat, lautet die Strategie, möglichst viel von der Chicagoer Normalität ins Weiße Haus zu verpflanzen – voran Großmutter Marian. Die andere wichtige Bezugsperson ist Kaye Wilson, Patentante beider Obama- Töchter und von diesen „Mama Kaye“ genannt. Sie wohnt weiter in Chicago, wird aber jeden Monat nach Washington kommen, um die Lieblingsgerichte der Kinder zu kochen und Malias Haar zu flechten. Von ihr stammte auch das Keksrezept – Shortbread Cookies mit Zitronenschale –, das Michelle beim traditionellen Kekswettbewerb der Zeitschrift „Family Circle“ zwischen den Ehefrauen der Präsidentschaftsbewerber einreichte.

Berufstätige Mütter hatte es in Marians Familie schon lange gegeben, nicht aber so neumodische Einrichtungen wie (bezahlte) Babysitter oder Tagesmütter. Dafür hat man schließlich Familie. Und sie stammt aus einer Großfamilie. Einen ganzen Bus füllten Marians Verwandte aus Chicago, die Barack Obama zu einem Empfang am Inaugurationstag ins Weiße Haus eingeladen hatte. Im Haus seiner Schwiegermutter Marian in der Euclid Street hatte Obama das Leben in einer intakten Großfamilie mit unzähligen Tanten und Onkels kennen gelernt.

Als er Michelle 1992 heiratete, waren sein kenianischer Vater, seine Mutter und deren Vater bereits tot. Nur seine weiße Großmutter und die Halbschwester Maya aus der zweiten Ehe seiner Mutter lebten noch auf Hawaii sowie die afrikanischen Halbgeschwister aus den drei anderen Ehen seines Vaters in Kenia.

Marian zeigte ihm die Normalität eines einfachen Alltagslebens im Familiengeflecht. Donnerstags besuchte sie mit „Mama Kaye“ die Yoga-Klasse, die ihr jüngster Bruder Steve Shields gab. Samstags ging sie zum Friseur und fuhr danach mit ihrer Schwester Hale, die keinen Führerschein besitzt, in die River Oaks Mall, um gemeinsam die Wocheneinkäufe zu erledigen. Ohne Marian und den schützenden Kokon, den sie um die Enkelinnen spinnt, wären die Obamas nie so weit gekommen, sagen enge Freunde der Familie.

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