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Das leere Steffi-Graf-Stadion in Berlin: Leben für die Betonwüste

Wie der Berliner Tennisklub LTTC Rot-Weiß an die guten alten Zeiten anknüpfen will, als im Steffi-Graf-Stadion noch die German Open gespielt wurden.

Man könnte meinen, Marcel Fehrenbach hätte sich verlaufen. In einem Deutschlandtrikot und mit einem überdimensionierten Fußballhut auf dem Kopf sitzt der 43-Jährige auf der Steintribüne von Platz fünf. Die Spiele der Fußball-EM in Schweden, die er im Fernsehen verfolgt, laufen erst abends. Auf dem Vereinsgelände des LTTC Rot-Weiß Berlin aber gibt es nur die Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften im Tennis zu sehen. Doch Marcel Fehrenbach aus Steglitz hat sich nicht verlaufen.

Seit mehr als zwanzig Jahren kommt der Tennis-Fan auf die Anlage an der Hundekehle. Damals, als auf den roten Sandplätzen noch die German Open ausgetragen wurden, nahm er sich jedes Jahr im Mai eine Woche Urlaub, kaufte sich eine Dauerkarte und verbrachte seine freien Tage mit Tennis. „Als kleiner Steppke habe ich mich nur für Fußball interessiert. Mit Steffi Graf hat sich das schlagartig geändert. Ich war wie infiziert.“ Inzwischen herrscht trotz Jugendmeisterschaften in dem nach seiner Tennisheldin benannten Stadion an der Hundkehle Leere.

Nach dem Erfolg von Sabine Lisicki könnte endlich mal wieder ein Turnier nach Berlin kommen

Doch nun will der LTTC Rot-Weiß wieder an die guten alten Zeiten anknüpfen. Mit Sabine Lisickis erfolgreichem Auftritt in Wimbledon wächst der Gedanke, „endlich wieder ein großes Turnier nach Berlin zu holen“. Klaus Eberhard, Sportdirektor des Deutschen Tennisbundes, Bundestrainer Peter Pfannkoch und Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner würden ein internationales Hallenturnier in Berlin, etwa in der Max-Schmeling-Halle, begrüßen. Sogar ein Rasenturnier ist plötzlich nicht mehr ausgeschlossen. 2015 soll Wimbledon eine Woche nach hinten verlegt werden. Dadurch würde sich eine zusätzliche Woche Spielzeit auf Rasen ergeben – und für Berlin die Möglichkeit eines großen WTA-Turniers.

2008 wurden die German Open zuletzt in Berlin gespielt

Rot-Weiß-Präsident Werner Ellerkmann schließt das nicht aus, auch wenn es dafür momentan an der nötigen Infrastruktur fehlen würde. „Jedes Turnier ist ein wirtschaftliches Wagnis. Mit den richtigen Finanzpartnern und Sponsoren wäre eine solche Veranstaltung jedoch möglich.“

Auch Marcel Fehrenbach würde wieder extra Urlaub nehmen, so wie früher. „Wir haben die Füchse, die Eisbären, Hertha und die Volleys – aber ein Tennis-Turnier, das fehlt uns“, sagt der Tennisfan. Fehrenbach nennt das Steffi-Graf-Stadion eine „Betonwüste“, und schüttelt den Kopf. Seit 2008, als die German Open zum letzten Mal auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß stattfanden, ist die Stätte ungenutzt – abgesehen von der Speedminton-Weltmeisterschaft und eben den Internationalen Jugendmeisterschaften, die zum Teil im Stadion ausgetragen werden.

Barbara Rittner und Klaus Eberhard aber geht es in diesen Tagen vor allem um das Jugendturnier. „Wer hier gewinnt, wird später einmal ein Weltklassespieler“, sagt Sportdirektor Eberhard und bezeichnet das Turnier als Wegweiser. Antonia Lottner, die Turniersiegerin des letzten Jahres, ist dieses Jahr nicht angetreten. Das sei zwar schade, erklärt Rittner, allerdings nicht anders möglich gewesen. Man habe sich gemeinsam mit der 17-Jährigen dazu entschieden, „wichtige Punkte bei den Damen zu holen“. Dafür hatte gleich am ersten Turniertag die 15-jährige Berlinerin Lena Rüffer auf sich aufmerksam gemacht, die sich im ersten Match gegen die ukrainische Turnierfavoritin Viktoria Luschkowa durchsetzen konnte, im zweiten Spiel allerdings an der Kolumbianerin Maria Gonzales scheiterte.

Fehrenbach aber erinnert sich lieber an die Zeiten, als er Steffi Graf auf den Berliner Courts die internationale Spitze des Damentennis bezwingen sah: „Bei Steffi sah alles so leicht aus. Wie sie sich auf dem Platz bewegte, war einmalig“, erinnert er sich. Im vergangenen Jahr hat er die Nachwuchshoffnung Antonia Lottner an der Hundekehle spielen gesehen und war durchaus beeindruckt. „Aber so eine wie die Steffi, so eine wird es so schnell nicht mehr geben. Sie war ein Jahrhunderttalent“, sagt er und schaut hinüber zum Stadion. Heute Abend schaut er wieder Fußball.

Johanna Behre

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