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Der Franzose Teddy Riner (rechts) und Andreas Tölzer (links) werden wohl das Olympiagold unter sich ausmachen.

© dpa

Wettkampf des Tages: Wie dreht man einen Teddy?

Der deutsche Judoka Andreas Tölzer hat 13 Kilo zugenommen und eine Technik kreiert, um den Franzosen Teddy Riner zu schlagen.

Für diesen Mann hat Andreas Tölzer extra eine Diät gemacht. Er hat gegessen und gegessen. Bis er 13 Kilogramm zugenommen hatte und bei 145 Kilogramm angekommen war. Andreas Tölzer aus Mönchengladbach will einen umwerfenden Eindruck machen, wenn er dem Franzosen Teddy Riner gegenüberstehen sollte. Riner ist ein Athlet von beeindruckender Statur, 2,04 Meter groß, 135 Kilo schwer und dabei unglaublich wendig.

Wenn für beide davor alles glatt läuft, könnten sie sich im Finale treffen (17.10 Uhr) im gewichtigsten Wettbewerb, den Judo zu bieten hat, der Klasse über 100 Kilogramm.

Unter den schwersten Männern auf der Judomatte sind Tölzer und Riner die besten. Bei den Weltmeisterschaften 2010 und 2011 machten sie den Titel unter sich aus, beide Male gewann Riner, 2011 vor 12.000 Zuschauern im Pariser Palais Omnisports, Judo ist eine große Nummer in Frankreich. Es war der fünfte WM-Titel für Riner hintereinander, und die französische Sportzeitung „L’Equipe“ hob ihn dafür auf ihre Titelseite mit der in vielen Sprachen verständlichen Schlagzeile „Monumental“.

Riner gehört nach den besten Fußballern, Basketballprofi Tony Parker und Handballspieler Nikola Karabatic zu den bekanntesten Sportgrößen Frankreichs. Dabei ist der auf Guadeloupe geborene Schwergewichtsjudoka erst 23 Jahre alt. Eine Million Euro soll er im Jahr verdienen. Dass er wegen seines Vornamens auch Teddybär genannt wird, ist kein Wunder bei diesem Bär von einem Mann.

„Der Druck wird auf seiner Seite sein“, sagt Tölzer. Riner hatte bei Olympia in Peking die Bronzemedaille gewonnen, und wer sonst käme jetzt infrage für den Olympiasieg als der fünfmalige Weltmeister, der in den vergangenen vier Jahren gerade einmal zwei Kämpfe verloren hat? „Gold wäre, wie den Himmel zu berühren“, sagt Riner. Tölzer hätte auch gerne seine erste Olympiamedaille, 2004 wurde Tölzer in Athen Siebter, 2008 in Peking Neunter.

Aber sein Körper ist jetzt, gerade nach seiner Diät, noch wuchtiger, noch explosiver. „Ich habe meinen Körperfettanteil reduziert und dadurch meine Schnelligkeit verbessert. Er hat natürlich einen Reichweitenvorteil“, sagt Tölzer, der zwölf Zentimeter kleiner ist als Riner. Aber Tölzer hat seine eigene Technik. Sie trägt sogar seinen Namen. Der Tölzer Umdreher, und weil er mit ihm schon internationale Kämpfe gewonnen hat, gibt es auch eine englische Übersetzung: „Tölzer Turn over“.

Wenn der Gegner auf dem Boden liegt, auf dem Bauch, und sich mit allen Kräften wehrt, hilft der Tölzer Umdreher. Tölzer greift seinem Gegner unter den Arm und dreht ihn auf den Rücken, und da liegt der Gegner dann, im festen Griff, und weiß nicht mehr weiter. Nach 25 Sekunden ist der Kampf aus. „Am Boden bin ich brandgefährlich“, sagt Tölzer.

Mit Judo hat er wohl auch deshalb eine ideale Sportart gefunden, weil er seine ganze Kraft einbringen kann, genauso aber ein gutes Benehmen gefragt ist. Tölzer ist das Gegenteil des verrohten Kämpfers. „Judo ist mit bestimmten Werten verbunden, mit Höflichkeit, mit Pünktlichkeit“, sagt der 32 Jahre alte Rheinländer.

Auch sein Gegner Riner bringt seine Persönlichkeit ein, vor allem seine Bewegungsfreude. Er hat viele Sportarten betrieben, bevor er zum Judo kam, Schwimmen, Tennis, Fußball, auch Jazztanz. „Im Judo“, sagt Riner, „suche ich immer nach einem schönen Ippon.“ Also nach der ganzen Wertung, die den Kampf beendet, beispielsweise ein technisch sauberer Wurf. Für die Spiele in London hat er angekündigt, sich auch noch einmal eine neue Technik, einen neuen Griff erarbeiten zu wollen.

Den Kampf können Technik und Kraft entscheiden, aber auch die Psychologie. Woran Tölzer merkt, dass er im Vorteil ist? „Wenn ich den Gegner schwer atmen höre und er länger braucht, um vom Boden wieder aufzustehen und weiterzukämpfen“, sagt er. Riner allerdings sagt, ihn könne nichts einschüchtern. „Ich habe vor nichts Angst, außer vor meinen Eltern.“

Andreas Tölzer und Teddy Riner, beide werden sich an diesem Freitag vom Morgen an durchkämpfen müssen, um sich im Finale zu sehen. „Es geht hier nicht nur um Riner und mich, da gibt es noch 30 andere Jungs. Vier Kämpfe sind es bis zum Finale, und jeder wird schwer genug“, sagt Tölzer. Er hat seine Ernährung auch für diesen Tag vorbereitet. „Ich esse eigentlich zwischendurch nur ein Bananenbrot“, sagt der Sportsoldat, „das habe ich vorher selbst gebacken.“

Riner hat in vier Jahren nur zwei Kämpfe verloren – aber Olympiagold fehlt ihm noch.

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