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EM-Achtelfinale 1990: Es geht hoch her, Rudi Völler und Frank Rijkaard fliegen vom Platz - und mittendrin Keeper Hans van Breukelen.

© imago

Hollands Torwartlegende Hans van Breukelen: „Ich bin Deutschland-Fan geworden“

Vom "Torhüter, der Deutsche frisst" zum Fan der DFB-Elf. Hans van Breukelen gesteht im Tagesspiegel seine Liebe für die deutsche Nationalmannschaft - und Reue für seine Attacke gegen Rudi Völler 1990.

Hallo, ich bin der Hans. Ich beiße nicht. Das muss ich so deutlich sagen. Denn bei Euch bin ich ja als der Torwart abgestempelt, der Deutsche frisst.

Das ist so seit dem Achtelfinale der WM 1990, als ich Rudi Völler so hart angegangen bin. Wie ich ihn beschimpft und mit dem Finger herumgefuchtelt habe... Das war einfach zu viel des Guten! Hinterher, als ich die Bilder im Fernsehen sah, habe ich mich richtig geschämt und tue es bis heute.

Aber jetzt kommt eine Überraschung, also haltet Euch fest: Ich liebe Eure Nationalmannschaft! Ganz einfach, weil sie mittlerweile aufregend und schön spielt, unsere Elftal aber überhaupt nicht. Mit anderen Worten: Ihr spielt holländisch und wir deutsch. Es ist paradox, aber genau deswegen bin ich jetzt zum DFB-Fan geworden.

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Die Elftal versucht seit geraumer Zeit, so effizient zu spielen wie die Deutschen früher. Mark van Bommels Spielweise ist beispielhaft: ergebnis- orientiert und an der Grenze zur Überhärte. Aber wenn der Erfolg ausbleiben sollte, hätten wir gar nichts mehr, woran wir uns erfreuen könnten. Wir könnten nicht mal mehr sagen, wir seien in Schönheit gestorben.

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Umso faszinierter bin ich von Eurer Nationalmannschaft: Sie kombiniert das Kreative und das Destruktive, die Schönheit und die Effizienz. Sie zieht ihr Spiel auf und lässt zugleich den Gegner nicht zum Zuge kommen. Am besten ist das an Euren Sechsern Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger zu beobachten. Wie schnell sie vom einen Moment auf den anderen umschalten können, das ist der Schlüssel zum Erfolg. Weltklasse! Als Ihr uns im November in Hamburg 3:0 vom Platz gefegt habt, war ich – als Holländer! – wie berauscht.

Es fällt mir nicht schwer, Euch diese Komplimente zu machen. Die WM 1990 ist lang her. Ich würde mich heute anders verhalten, ruhiger, fairer. Zugleich aber kann ich mich auch noch in mich selbst hinein- versetzen: Ich wollte nun mal unbedingt gewinnen, gerade wegen der Niederlage von 1974.

Und Euren Rudi habe ich dafür gehasst, dass er das Gleiche wollte. Wir waren wie Brüder, die sich gegenseitig fertigmachen. Ein bisschen wie Kain und Abel.

Protokoll: Dirk Gieselmann

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