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Verloren und doch gewonnen. Großbritanniens Handballer reagieren nach der Niederlage gegen Montenegro. Der Begeisterung schadeten die Niederlagen nicht, Handball wird bei den Briten immer beliebter

© afp

London 2012: Großbritannien: Debakel? Welches Debakel?

In den Mannschaftssportarten Basketball, Handball und Volleyball war Großbritannien praktisch chancenlos, die Teams wurden von den Zuschauern trotzdem gefeiert wie Medaillengewinner.

Luol Deng wollte ein Zeichen setzen. Deng flog durch die Luft, eine Sekunde, zwei, drei – und dann stopfte der Mann von den Chicago Bulls den Ball mit einer Wucht durch den Korb, als wolle er die ganze Konstruktion zum Einsturz bringen. In ihrem Auftaktspiel gegen Russland führten Großbritanniens Basketballer dank Dengs spektakulärem Dunking mit 2:0, die Menge johlte und gröhlte, daran sollte sich auch 40 Spielminuten später nichts geändert haben. Mal abgesehen vom Spielstand: Russland gewann deutlich mit 95:75. Der weltweit übertragenen Party in der Arena im Olympic Park tat das aber keinen Abbruch. Die Szene steht symbolisch für die Auftritte der Briten bei drei traditionellen olympischen Mannschaftssportarten: Ihre Volleyballer, Handballer und Basketballer waren chancenlos, wurden jedoch wie Medaillengewinner gefeiert.

Am größten war die Diskrepanz zwischen der Begeisterung der Zuschauer und den Leistungen der Sportler beim Handball. Die Männer ließen der 15:44-Niederlage gegen Weltmeister und Olympiasieger Frankreich ernüchternde, aber wenig überraschende Ergebnisse folgen und verloren alle Gruppenspiele. Wie ihre männlichen Kollegen, wurden auch die Handballerinnen über Jahre und nach globaler Suche zusammengecastet, weil Handball im Inselreich bis zum Olympia-Zuschlag vor sieben Jahren praktisch nicht existierte. Gegen Montenegro, Russland, Brasilien und Angola schlüpften ebenfalls die Frauen in die Rolle des freundlichen Gastgebers. Großbritanniens Volleyballer warteten bis zuletzt erfolglos auf den ersten Satzgewinn.

Die Exoten bei Olympia

Einen Eintrag in das nationale Olympia-Geschichtsbuch sicherten sich die Volleyballerinnen mit ihrem Sieg über Algerien. Das Resultat glich einem Wunder, denn auch Volleyball gab es in Großbritannien bis zum Startschuss des Programms „Sporting Giants“ im Jahr 2005 nicht. Mit dem etwa vier Millionen Euro teuren Förderprojekt wollte der nationale Sportverband sicherstellen, einigermaßen konkurrenzfähige Teams nach London zu entsenden. Schließlich waren für den Gastgeber die Startplätze in den Teamwettbewerben reserviert.

Umso überraschender gerieten die Auftritte der britischen Basketballer, die gegen Brasilien unglücklich unterlagen und gegen Spanien knapp eine Sensation verpassten. Gegen Australien brachten sie zudem das Kunststück fertig, trotz einer 46:36-Halbzeitführung noch mit 75:106 zu verlieren. Letztlich verabschiedeten sich Deng & Co. mit einem Sieg über China aus dem Turnier. Deng sagt: „Für die Wahrnehmung unserer Sportart waren die Auftritte ein großer Schritt“. Denn es geht dem nationalen Sportverband nicht nur um kurzzeitig gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit der – nach britischem Verständnis – Randsportarten. Sondern vor allem um Nachhaltigkeit. Populäre Sportler wie Deng haben ihre Namen für groß angelegte Kampagnen hergegeben, mit denen gezielt junge Sportlerinnen und Sportler angesprochen werden sollten – offenbar mit Erfolg. „Basketball in Großbritannien ist gewachsen“, sagt Deng. „Die Förderung hat sich verbessert. Ich bin überzeugt davon, in einigen Jahren mehr britische Spieler in der NBA zu sehen.“

Auch die Handballer vermelden Zuwachs. In den vergangenen drei Jahren hat sich die Anzahl der aktiven Vereinsspieler in Großbritannien versechsfacht. Mit Blick auf diese Zahlen erscheint es in der Tat nebensächlich, wie die Teams in London abschneiden.

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