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Zeit, dass sich was dreht. Bundestrainer Joachim Löw (l.) plant nicht mehr mit Michael Ballack. Der Abschied des langjährigen Kapitäns sorgt für Streit zwischen beiden, ein letztes klärendes Gespräch kam nicht mehr zustande.

© dpa

Ex-Nationalspieler: Ballack greift Löw erneut an

Joachim Löw und der DFB verteidigen sich nach den Vorwürfen von Michael Ballack. Mit Freundschaft hat das Ganze nichts mehr zu tun, eher mit einem Rosenkrieg. Und der geht in die nächste Runde.

Michael Ballack hat Bundestrainer Joachim Löw und den DFB erneut angegriffen. „Ich finde es schade, jetzt erneut Aussagen lesen zu müssen, die nicht der Wahrheit entsprechen und auf die ich reagieren muss“, hieß es in einer von Bayer Leverkusen am Sonntag veröffentlichen persönlichen Erklärung Ballacks.

„Im Mai reifte bei mir endgültig der Entschluss, zurückzutreten. Wir vereinbarten, dass ich in der Sommerpause meinen Rücktritt selbst bekanntgeben dürfe“, hieß es weiter. Ballack habe dann per SMS von Generalsekretär Wolfgang Niersbach vor der Mitteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erfahren, dass man „nicht mehr mit ihm plane“.

Freundschaftliche Beziehungen zeichnen sich selten dadurch aus, dass man via Pressemitteilungen übereinander spricht. Den Anfang machte Michael Ballack, der über eine Hamburger Kanzlei ausrichten ließ, dass er das Abschiedsspiel ablehne, das ihm der Deutsche Fußball-Bund (DFB) angeboten hatte. Zudem bezeichnete er das Angebot als „Farce“ und warf Bundestrainer Joachim Löw „Scheinheiligkeit“ vor.

Löw meldete sich am Tag darauf über die DFB-Homepage. „Ich weiß genau, was in meinen Gesprächen mit Michael besprochen wurde. An meinen Aussagen wird sich nichts ändern.“ Außerdem reagierte Wolfgang Niersbach. Er habe „überhaupt kein Verständnis, schon gar nicht für Begriffe wie ,Scheinheiligkeit’ und ,Farce’“, ließ sich der Generalsekretär des DFB auf seiner Webseite zitieren: „Aus meiner Sicht sind alle Gespräche absolut korrekt und fair verlaufen.“ Niersbach schloss damit, dass er nicht an das „Ende der freundschaftlichen Beziehungen zwischen uns“ glaube.

Doch mit Freundschaft hat das Ganze nichts mehr zu tun, eher mit einem Rosenkrieg. Der Streit entzündet sich an der Frage, wie die Gespräche zwischen Löw und Ballack zuletzt verliefen. Ballacks Berater Michael Becker sagte dem Tagesspiegel: „Das angekündigte abschließende Gespräch hat nicht stattgefunden.“ Vor der Veröffentlichung von Ballacks Ende im Nationalteam habe niemand vom DFB mit Ballack Kontakt aufgenommen. Das sagt die eine Seite.

Niersbach auf der Seite des Deutschen Fußball-Bundes erklärte, dass Löw am 30. März Ballack informiert habe, dass er nicht mehr mit ihm plane. Es sei gemeinsam Stillschweigen vereinbart worden, auch um Ballack Zeit zu geben, wie die Entscheidung kommuniziert werden sollte. Niersbach bestätigte, dass es nicht mehr zu einem Gespräch zwischen Löw und Ballack wie verabredet gekommen sei, allerdings deshalb, weil Ballack auf Anrufe und mehrere SMS nicht reagiert habe.

Wie dem auch sei, die Zeit von Michael Ballack in der Nationalmannschaft ist längst vorbei. Im zurückliegenden Länderspieljahr seit der WM hat er nicht eine einzige Minute im Löw-Team gespielt. Schon aus diesem Grund wäre eine andere Entscheidung einem Wunder gleichgekommen. Besonders deutlich wurde es, als Löw seinen früheren Kapitän selbst für die jüngsten Länderspiele gegen Uruguay, Österreich und Aserbaidschan nicht berücksichtigte, obwohl die Personalnot im defensiven Mittelfeld so groß wie lange nicht war. Bastian Schweinsteiger hatte wegen eines Zehenbruchs absagen müssen. Sami Khedira, der in Südafrika an der Seite Schweinsteigers Ballacks Position eingenommen hatte, war nach einer Verletzung nicht fit. Auch der Leverkusener Simon Rolfes und der Stuttgarter Christian Träsch waren angeschlagen und nicht einsatzfähig. Selbst der Dortmunder Sven Bender hatte wegen einer Knieoperation abgesagt. Für das abschließende EM-Qualifikationsspiel in Aserbaidschan hatte Löw die beiden U-21-Spieler Lewis Holtby und Sebastian Rudy nachnominiert. In Baku rückte dann Philipp Lahm auf die alte Ballack-Position.

Die einzige verlässliche Größe für diese Position war Toni Kroos vom FC Bayern. Schon bei der WM war Kroos die erste Alternative zum Duo Schweinsteiger/Khedira. Und das, obwohl der 21-Jährige von seiner Spielanlage her offensiver ausgerichtet ist.

40 Spieler hat Löw seit der WM 2010 eingesetzt, darunter sieben Debütanten. Die Jungen beschleunigen den Umbau des Kaders und forcieren den Konkurrenzkampf. „Als Trainer ist es neben der Arbeit für den aktuellen Erfolg auch meine Aufgabe, perspektivisch zu denken, wie kann das Team in ein, zwei oder vier Jahren aussehen“, hatte Löw noch vor den jüngsten Länderspielen erzählt. Das habe er auch Ballack mitgeteilt.

Angeblich auch, wie dieser auf 100 Länderspiele hätte kommen können. Laut Generalsekretär Niersbach war dem 98-maligen Nationalspieler neben dem Brasilienspiel auch das gegen Uruguay angeboten worden. Ballack habe dies abgelehnt, weil ihm die Zahl nicht wichtig gewesen sei. (mit dpa)

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