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Meister nach 27 Spielen: Der FC Bayern kann einfach alles

Titelgewinn nach 27 Spieltagen– nie wurde ein Team früher Meister. Woran das liegt? Am besten Kader der Ligageschichte. Durch die massive Anhäufung unterschiedlichster Talente sind die Bayern kaum auszurechnen und noch schwerer zu schlagen.

Nun müsste Pep Guardiola eigentlich zur Zigarre greifen, denn er hat es ja leichtfertig versprochen, damals in Moskau. Es war Ende November, der FC Bayern München bereits vorzeitig fürs Achtelfinale der Champions League qualifiziert und auch in der Bundesligatabelle der Konkurrenz schon weit enteilt. Trotzdem wirkte der Trainer höchst angespannt, auch beim Mitternachtsbankett im Ritz Carlton. Er hielt es nicht lange aus am Tisch mit den paffenden Bayern-Granden. Warum er sich nicht auch eine Zigarre gönnt, wurde er auf dem Weg zum Aufzug gefragt. „When we have ein Titel, I will smoke a cigar", ließ Guardiola in einem Deutsch-Englisch-Mix wissen.

Nun also wäre es so weit, die Meisterschaft ist fixiert. Aber der Bayern-Trainer lehnt sich nicht zurück, vielleicht am Ende der Saison, wenn alles so gelaufen ist wie im vergangenen Jahr und seine Mannschaft alle drei Titel gewonnen hat. Bis dahin ist für Guardiola nach dem Spiel schon wieder vor dem Spiel, und weil die Münchner am Samstag gegen die TSG Hoffenheim antreten müssen, wird es wohl nichts mit der Zigarre.

Vermutlich schon auf der Rückreise von Berlin beschäftigte sich der 43-jährige Katalane mit der nächsten Partie, der möglichen Taktik und vor allem dem geeinigten Personal. Dabei kann er bei der Aufstellung gar nicht so viel falsch machen angesichts der Qualität im Bayern-Kader. Nicht nur 13 oder 14 nahezu gleichwertige Spieler stehen Guardiola zur Verfügung, sondern 20 Profis, die wohl in jedem anderen Bundesligaverein, Borussia Dortmund inklusive, gut genug für die erste Elf wären. Die Bayern können nicht nur verletzungsbedingte Ausfälle kompensieren, sondern sie wissen auf beinahe jede Gegner-Strategie eine entsprechende Antwort. Wenn es nicht läuft, schafft es Guardiola mit zwei, drei marginalen Eingriffen – das kann ein Rollentausch in der Mannschaft sein, oder aber eine Einwechslung –, das System manchmal radikal zu verändern.

Franck Ribéry und Arjen Robben können mit ihrer individuellen Klasse auf den Flügeln jedem Gegner das Leben schwer machen, wenn der deswegen aber gleich zwei Verteidiger abstellt, kommt eben Thomas Müller. Bei dem weiß niemand so genau, was er gleich macht oder wie er läuft. Der Gegner muss sich blitzschnell auf den einen vollkommen anderen Spielertyp einstellen, und dazu sind nicht viele Mannschaften in der Lage.

Mario Mandzukic zum Beispiel kann so gut wie kaum ein anderer Strafraumstürmer den Ball erobern, aber dann will er ihn ganz schnell wieder loswerden. Der Kroate ist Angreifer durch und durch, er sucht sofort den Abschluss. Mario Götze hingegen lässt sich den Ball nicht mehr so leicht nehmen, wenn er ihn einmal hat - mit ihm ist dafür mehr Bewegung im Spiel. Im Mittelfeld wirkt das Spiel der Bayern immer gleich, egal wer dabei ist. Der Ball zirkuliert manchmal lange, ehe sich die Lücke für den tödlichen Pass in die Tiefe öffnet. Und doch ist es ein Unterschied, ob Bastian Schweinsteiger mit seinen strategischen Fähigkeiten oder Thiago, dessen Stärke das Ballgefühl ist, ob Philipp Lahm, der als gelernter Verteidiger immer auch den Blick für die Abwehr hinter sich hat, oder der eigentlich vorwärts orientierte Toni Kroos. Einmal finden mehr Ballstafetten nahe der Mittellinie statt, ein anderes Mal mitten in der gegnerischen Hälfte. Und wenn gar nichts hilft, wie in Stuttgart, bringt Guardiola, der am liebsten ohne richtigen Stürmer spielen würde, gleich zwei davon. Das Spiel Ende Januar verlagerte sich deshalb noch weiter nach vorne, der Druck auf die Schwaben wurde größer und tatsächlich fiel kurz vor Abpfiff der Siegtreffer. Im Hinspiel gegen Mainz stellte er gar auf eine Doppel-Sechs um, nachdem die Bayern mit einem 0:1-Rückstand in die Halbzeit gegangen waren. Das Spiel endete 4:1 für den Meister. „Manchmal brauchen wir eine Warnung, manchmal brauchen wir ein Problem“, sagte er einmal.

Noch vor drei, vier Jahren, unter Louis van Gaal, hatten die einzelnen Spieler feste Positionen, die der Gegner kannte. Da, sagte Thomas Tuchel, habe man das Gefühl gehabt, „zu wissen, was auf einen zukommt“. Mit einem flachen 4-4-2-Systen zu Beispiel, so der Mainzer Trainer, „haben sie sich zum Beispiel schwer getan. Jetzt aber spielen sie, wie soll ich sagen: irgendwie alles.“ Tuchel erzählte, dass er im Hinspiel eine Idee gehabt habe, wie die Bayern zu knacken seien. Im Trainerstab spielten sie mögliche Reaktionen von Guardiola durch. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen: zu riskant. Wenn er daraufhin den Spieler X auswechselt und den Spieler Y auf eine andere Position schiebt – dann stehen wir schön blöd da.“ Am vergangenen Samstag bot seine Mannschaft den Über-Bayern zwar dank enorm körperbetontem Spiel und hoher Laufbereitschaft Paroli – bis die Kräfte schwanden. Dann schlug Guardiolas Elf zu. Bei den Bayern müssen die Trainer in dieser Saison auf alles gefasst sein.

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