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Ronny erzielte das späte 2:2.

© dpa

Nach dem Derby: Hertha bleibt selbstkritisch

Hertha ist aufgewühlt durch das Derby geschliddert. Trainer Jos Luhukay benennt nach dem Stadtduell gegen den 1. FC Union Stärken und Schwächen seines Teams. Und erkennt durchaus noch Schwachpunkte.

Von wegen gefühlter Sieger, dieser Deutung wollte Jos Luhukay mit Nachdruck entgegentreten. Der Trainer von Hertha BSC möchte nichts geschenkt bekommen, sondern es sich durch Arbeit verdienen. Dieses Credo durchzieht sein Handeln und Tun wie eine Grundmelodie. Dass seine Mannschaft im Derby den 0:2-Rückstand noch in ein 2:2 gebogen hatte, bestärkte ihn eher in seiner Arbeitsauffassung. Schon in der Früh führte er ein paar Gespräche mit Spielern. So mancher seiner Spieler hätte gewisse Probleme gehabt, das fußballerische Stadtereignis samt Kulisse, Erwartungen und Spielverlauf richtig zu deuten. „Wir müssen uns in den nächsten Tagen etwas beruhigen“, sagte Luhukay.

Dem Trainer war nicht entgangen, dass seine Mannschaft recht aufgewühlt durch das Derby geschliddert war und dabei fußballerisch längst nicht das gebracht hatte, was sie zu leisten imstande wäre. Von der Leichtigkeit, mit der sie noch vor einer Woche in Regensburg in der zweiten Hälfte fünf Tore erzielt hatte, war nichts mehr geblieben. Im vielbeachteten Stadtduell mit Union wirkte seine Mannschaft lange Zeit passiv, träge und verkrampft, wie Luhukay sagte, „irgendwie ängstlich“.

Man müsse „vom Ergebnis her zufrieden sein“, sagte Luhukay. Das sagte noch ein bisschen mehr als das bloße 2:2 gegen den 1. FC Union, der stark aufgespielt und Hertha am Rande einer Blamage gehabt hatte im ausverkauften Olympiastadion. Bei der Ursachenforschung blieb der 49 Jahre alte Niederländer etwas im Ungefähren. Die Erwartungen des Hertha-Anhangs, der Druck als Favorit, das verloren gegangene Derby-Heimspiel vor zwei Jahren? Luhukay antwortete in Fragen. Es sei ja viel diskutiert worden im Vorfeld des Derbys, die Spannung war groß, aber mit ihr vielleicht auch die Angst, Fehler zu machen, wie Luhukay ausführte. Fakt war, dass zu viele Spieler dann „nicht ihr Top-Level“ erreicht hätten. „Aber wir schaffen es, ohne gut Fußball zu spielen, auf Grund unserer Mentalität im Team das 0:2 geradezubiegen.“

Man werde selbstkritisch bleiben, sagte Luhukay am Tag danach. Es sei ja auch gerade für die Spieler schwer, „die richtigen Ursachen“ zu finden. Sicherlich, Union war besser ins Spiel und früh in Führung gekommen. Die Mannschaft von Uwe Neuhaus hatte Hertha hoch im Feld attackiert und sich selbst unter Druck „spielerisch gut befreit“, wie es Herthas Mittelfeldorganisator Peer Kluge sagte. „Um es ehrlich zu sagen: Damit hatten wir unsere Schwierigkeiten.“ Union war an diesem Tag also ein Gegner, der nicht zuließ, was sich Hertha vorgenommen hatte.

„Wir hoffen ja immer, dass wir uns in eine Spielfreude spielen“, sagte Luhukay. Aber das setzt Mut und Zutrauen und Fleiß voraus. Hertha spielte vor allem in der ersten Halbzeit passiv wie selten in dieser Saison. „Punktemäßig“ sei man „voll da“, wie Luhukay sagte, spielerisch aber noch nicht. Letzteres aber sei nach einer eigentlich stabilen Serie von jetzt 19 Spielen ohne Niederlage überraschend. Oder ist Hertha in alte Muster der vorluhukayschen Phase verfallen, als Hertha zu Hause in wichtigen Spielen oft wackelige Beine bekommen hatte?

Luhukay hatte erwartet, dass sein Team mit mehr Sicherheit und Zutrauen auftreten würde. Das tat es aber nicht. Das sei nicht frustrierend, aber schade. Vor allem hatte der Niederländer insgeheim gehofft, dass seine Mannschaft schon weiter wäre, reifer. Denn eine solche Kulisse wie gegen Union sollte eigentlich beflügelnd wirken. Lange Zeit tat sie das nicht. Am Ende musste sich Hertha auf eine schon traditionell starke Schlussviertelstunde und die Qualitäten Ronnys bei Standards verlassen. „Wenn wir Ronny nicht hätten, würden uns sechs oder sieben Punkte fehlen“, sagte Kluge.

Dennoch ist Luhukay nicht unzufrieden. „Ohne fußballerisch zu überzeugen“ hätte sein Team aus den beiden Spielen des neuen Jahres vier Punkte geholt. Vor der Winterpause hatte Hertha zum Spitzenreiter Braunschweig zwei Punkte Rückstand bei zehn Punkten Vorsprung auf den Tabellendritten Kaiserslautern. Nach oben ist der Abstand gleich geblieben, der Vorsprung zum Relegationsplatz ist um zwei auf acht Punkte leicht geschmolzen. „Wir dürfen uns jetzt nicht runterziehen lassen. Wir sind voll auf Aufstiegskurs, aber wir müssen die Köpfe freikriegen, etwas erholen und dann wieder befreien“, sagte Luhukay. Samstag geht es dann zum VfR Aalen. Das Team sollte dann auch spielerisch langsam ins Rollen kommen.

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