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Nach dem Rücktritt von Uli Hoeneß: Wie geht es mit dem FC Bayern weiter?

Uli Hoeneß hat seine Verurteilung zu einer Haftstrafe akzeptiert und sämtliche Ämter beim FC Bayern niedergelegt. Die Staatsanwälte wollen am Montag entscheiden, ob sie in Revision gehen. Der Fußballklub sucht nun einen Weg in die Nach-Hoeneß-Ära.

Eine Nacht hat sich Uli Hoeneß nach dem Urteil vom Donnerstag Zeit gegeben. Er hat sich mit seiner Familie besprochen und dann auf der Homepage des FC Bayern bekannt gegeben, auf die Revision zu verzichten, die Haftstrafe von dreieinhalb Jahren wegen Steuerhinterziehung zu akzeptieren und sämtliche Ämter beim Fußball-Rekordmeister niederzulegen. Absitzen wird Hoeneß die Strafe voraussichtlich in der Justizvollzugsanstalt in Landsberg am Lech. Dies bestätigte ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft dem Tagesspiegel.

Wann wird Uli Hoeneß seine Haftstrafe antreten?

Das kann einige Wochen dauern. „Es wird sicherlich noch einige Wochen in Anspruch nehmen, bevor er in Haft gehen wird“, sagte die Sprecherin des Oberlandesgerichts München, Andrea Titz. Denn zuvor muss Hoeneß’ Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig werden. Am Montag entscheiden die Staatsanwälte, ob sie Revision gegen das Urteil einlegen. Falls es dazu kommt, müsste der Bundesgerichtshof darüber entscheiden. Sollte dem nicht so sein, wird auf das schriftliche Urteil mit der Unterschrift der drei Richter gewartet. Ist das eingetroffen, was spätestens nach sieben Wochen der Fall ist, leitet die Staatsanwaltschaft als zuständige Behörde die Urteilsvollstreckung ein. Beim Gefängnis wird nachgefragt, ob Hoeneß kommen kann. Er erhält die Aufforderung zum Haftantritt zu einem bestimmten Datum. Gegenüber dem Tagesspiegel sagte ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft, dass im Belegungsplan der bayerischen Haftanstalten Landsberg für Hoeneß vorgesehen sei, dies muss man sich in etwa vorstellen wie die Einberufung zur Bundeswehr oder zum Zivildienst.

Was erwartet ihn in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech?

In Landsberg gibt es 565 Haftplätze für Männer, in der Regel sitzen dort Ersttäter. Das Gefängnis wurde 1908 gebaut und ist vor allem bekannt, weil Adolf Hitler dort im Jahr 1924 in Festungshaft gesessen und seine NS-Hetzschrift „Mein Kampf“ verfasste.

Danach muss mit der für Hoeneß zuständigen Justizvollzugsanstalt Landsberg geklärt werden, wann ein Haftplatz frei ist.

Andere bekannte Häftlinge waren Hannsheinz Porst (Photo Porst) als DDR-Spion und der Oetker-Entführer Dieter Zlof, weiterhin sitzt Helg Sgarbi ein, der die Milliardärin Susanne Klatten (BMW) erpresst hatte.
Bei Haftantritt wird Uli Hoeneß medizinisch und psychologisch untersucht. Dann wird ein Vollzugsplan erstellt, in dem die Fähigkeiten und Eignungen des Häftlings festgehalten werden. Danach erhält er Gefängniskleidung. Luxusgegenstände und Handys sind verboten. Ob mit ihm in Teilen anders umgegangen wird als mit anderen Häftlingen, wird von der Anstaltsleitung festgelegt. So könnte es sein, dass er etwa gesondert Hofgang erhält, falls Mitinsassen ihn zu sehr anpöbeln.

Hoeneß hat keinen Anspruch auf eine Einzelzelle, es wird aber damit gerechnet, dass er eine bekommt. Die Zellen in Bayern sind acht bis zehn Quadratmeter groß, sie enthalten Bett, Tisch, Stuhl und Schrank. Zudem gibt es einen Nassbereich mit Waschbecken und einer separaten Toilette. Die Gemeinschaftsduschen sind auf dem Flur. Einen Fernseher kann sich Hoeneß in der Zelle aufstellen, allerdings richten sich die Fernsehprogramme nach dem Angebot der Anstalt. Pay-TV gibt es nicht zu sehen und damit auch nicht die meisten Spiele in der Champions League. Grundsätzlich besteht Arbeitspflicht. Anton Bachl vom Bund der Vollzugsbediensteten regt an, dass Hoeneß als Metzgereibesitzer in der Gefängnisküche oder in der Gefängnismetzgerei arbeiten könnte.

Wie lange dauert es, bis sich die Haftbedingungen lockern können?

Zunächst kommt der Häftling in den geschlossenen Vollzug. Wie es weitergeht, entscheidet der Leiter der JVA – und dabei hat er Freiheiten. Schon nach wenigen Monaten kann er dem Gefangenen Außenbeschäftigung, Ausführung oder Ausgang gewähren. Nach zwei Dritteln kann die Strafe auf Bewährung ausgesetzt werden. Das bedeutet, dass Hoeneß nach 28 Monaten in Freiheit käme. Bei guter Führung und günstiger Prognose besteht aber schon viel früher die Möglichkeit, in den offenen Vollzug zu wechseln. Darüber entscheidet der der Leiter der JVA. Tatsächlich sitzen manche Verurteilte nur wenige Monate komplett ein. Beim offenen Vollzug käme Hoeneß vermutlich in das Freigängerheim in München. Dort würde er schlafen und dürfte tagsüber arbeiten.

Einen solchen Status hat derzeit etwa der ehemalige Bayernprofi Breno. Er hatte aus Verzweiflung und im Rausch sein Haus niedergebrannt. Breno ist in der Nachwuchsabteilung des Klubs tätig. Zudem darf er jedes zweite Wochenende bei seiner Familie verbringen.

Welche Umstrukturierungen gibt es jetzt beim FC Bayern München?

Hoeneß erschien am Freitag nicht auf dem Vereinsgelände. Dass auch der FC Bayern bis zur obligatorischen Pressekonferenz von Trainer Pep Guardiola vor dem Bundesligaspiel am Samstag gegen Bayer Leverkusen am Nachmittag auf Tauchstation ging, passt zu der Trutzberg-Mentalität, mit der sich der Verein seit Bekanntwerden der Steueraffäre im April vergangenen Jahres hinter Hoeneß gestellt hat. Dazu gehörte auch, dass niemand offen darüber sprach, was im Falle einer Haftstrafe passiere, erst recht nicht wurde über einen möglichen Nachfolger diskutiert. Zum einen, weil dies der Rekordmeister als Affront dem verdienten Hoeneß gegenüber verstanden hätte. Zum anderen, um die Schlagzeilen und die Aufmerksamkeit, die ohnehin schon riesig waren, nicht auch noch in den Verein zu transportieren. In vielen Unternehmen wäre es schon spätestens nach der Anklageerhebung im vergangenen November zu Machtkämpfen, Intrigen und Ränkespielen gekommen, nicht so beim FC Bayern.

Die Loyalität des Vereins gegenüber dem ehemaligen Präsidenten war groß, und sie ist es wohl immer noch. Wenn Hoeneß in den offener Vollzug gehen kann, also nur die Wochenenden und die Nächte in der Haftanstalt verbringen muss, wird der FC Bayern die Voraussetzung dafür schaffen und ihm den notwendigen Job geben.

Bisher war der Rückhalt so groß, dass sogar die im Aufsichtsrat sitzenden Vorstände wichtiger Wirtschaftsunternehmen Kritik für das Festhalten an Hoeneß hinnahmen, weil der jene Compliance-Regeln gebrochen hat, die sie ihren Mitarbeitern und sich selbst auferlegt haben. Mit seinem Rücktritt hat er vermutlich für Erleichterung bei den Vorständen von Adidas, Audi, VW und der Telekom gesorgt, die allesamt im Aufsichtsrat sitzen und nach der Verurteilung gezwungen gewesen wären, Konsequenzen zu ziehen. In einer gemeinsamen Erklärung ließ der Aufsichtsrat wissen, Hoeneß’ Entscheidung „mit Respekt und größter Hochachtung zur Kenntnis genommen“ zu haben. Der bisherige stellvertretende Vorsitzende, Herbert Hainer von Adidas, lobte zudem, dass Hoeneß „mit seinen Führungsqualitäten, seinem hohen persönlichen Einsatz und einer herausragenden Lebensleistung immer dem Wohl des FC Bayern München gedient“ habe.

Karl Hopfner oder Edmund Stoiber?

Hainer wird bis auf weiteres den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen. Der 59 Jahre alte, gebürtige Niederbayer steht seit 13 Jahren an der Spitze von Adidas, dem zweitgrößten Sportartikelhersteller der Welt. Da der Vorsitz aber bisher einem Vertreter des Mehrheitseigners an der FC Bayern München AG und damit dem Hauptverein FC Bayern München e.V. vorbehalten war, ist Hainer aber wohl nur eine Übergangslösung.

Als Präsident kommt in erster Linie Karl Hopfner in Frage. Der 61-Jährige Betriebswirt rückte zudem in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrats auf. Er war bis vor einem Jahr im Vorstand für die Finanzen beim FC Bayern zuständig, danach wechselte er in das Kontrollgremium. Hopfner hatte sich aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen, vermutlich übernahm er deshalb jetzt auch nicht den Aufsichtsratsvorsitz. Als zweiter Kandidat für das Präsidentenamt wird der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, bisher Vorsitzender des Verwaltungsbeirats, gehandelt.

Allerdings werden weder Hainer, noch Hopfner oder Stoiber die Rolle, die Hoeneß in den vergangenen knapp 35 Jahren beim FC Bayern spielte, übernehmen können. „Ich bin erst neun Monate hier, ich habe gemerkt, wie wichtig Uli Hoeneß für diesen Verein ist. Dieser Verein ist der beste der Welt, das liegt an der Persönlichkeit von Uli Hoeneß“, sagte Trainer Pep Guardiola in einer persönlichen Erklärung zu Beginn der Pressekonferenz vor dem Münchner Bundesliga-Heimspiel am Samstag gegen Bayer Leverkusen.

Der ehemalige Manager war auch nach seinem Wechsel in den Aufsichtsrat Strippenzieher und Türöffner, er wurde bei Personalentscheidungen nicht nur miteinbezogen, sondern traf sie manchmal selbst wie die Verpflichtung von Matthias Sammer als Sportdirektor im Sommer 2012. Das Vakuum, das Hoeneß hinterlässt, kann nicht einmal der nun einzige starke Mann im Klub, der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge füllen.

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