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Das Unwetter „Cleopatra“ ist über Sardinien gefegt und hat zahlreiche Menschen in den Tod gerissen. Die Schäden sind noch gar nicht absehbar.

© Reuters

Die Katastrophen kommen näher: "Cleopatra" verwüstet Sardinien

Eine schwere Gewitterfront hat die italienische Ferieninsel Sardinien getroffen. Im Mittelmeerraum wachsen die klimabedingten Wetterrisiken. Und die Katastrophen kommen näher.

Die Folgen des Klimawandels dürften im Mittelmeerraum stärker ausfallen als in anderen Teilen Europas. Das ergeben die meisten Klimaprojektionen europäischer Forscher schon seit Jahren. Am Dienstag hat die Unwetterfront „Cleopatra“ gezeigt, worin diese Risiken bestehen könnten. Das Tiefdruckgebiet, an dessen Rand sich eine große Gewitterfront bildete, hat Teile der italienischen Urlaubsinsel Sardinien verwüstet. 16 Menschen starben bei dem Unwetter. Innerhalb von 12 Stunden fielen 93 Liter Regen, sagte Stefan Bach vom Deutschen Wetterdienst. Im Durchschnitt fallen im ganzen November auf Sardinien lediglich etwa 70 Liter Regen.

Am Mittelmeer steigt die Durchschnittstemperatur schneller

Die Unwetterfront zog im Verlauf des Tages weiter Richtung Südfrankreich und ließ auch den Nationalfeiertag des Fürstentums Monaco in den Fluten untergehen. Das Festprogramm musste wegen des Sturms und des starken Regens abgesagt werden. Auf Sardinien suchten derweil Rettungskräfte nach mehreren Vermissten. Sie kamen wegen umgestürzter Bäume und unterspülter Straßen aber nur langsam voran. Hunderte Einwohner flohen in Notunterkünfte, in ihre überschwemmten Häuser können sie nicht zurück. Die italienische Regierung rief den Notstand aus und gab 20 Millionen Euro Soforthilfe für die Insel frei. „Das ist eine unvorstellbare Tragödie“, sagte Italiens Regierungschef Enrico Letta.

In der Mittelmeerregion ist der Anstieg der Durchschnittstemperatur höher ausgefallen als im Rest von Europa. Hitzewellen werden häufiger, Dürreperioden werden öfter beobachtet. Insgesamt fällt weniger Regen, und in Zukunft könnte es noch weniger werden. Und wenn der Regen dann mal kommt, kommt er oft als Starkregen. In Italien beispielsweise sind zwischen 1990 und 2005 mehr als 4000 schwere Überschwemmungen registriert worden, in Spanien waren es sogar mehr als 7000. Als besonders anfällig gilt jedoch das östliche Mittelmeer, also Griechenland und seine Inseln, Zypern und auch die Türkei.

Die klimabedingten Veränderungen treffen auf eine Region, die ohnehin dramatischen Veränderungen ausgesetzt ist. In allen Mittelmeerländern gibt es eine starke und weiter wachsende Landwirtschaft mit ständig höheren Bewässerungsansprüchen. Die Wälder Griechenlands und Italiens sind bereits in der Antike das erste Mal fast vollständig abgeholzt worden. Die natürliche Schutzfunktion von Wäldern bei Starkregenereignissen ist im gesamten Mittelmeerraum schon lange nicht mehr gegeben. Deshalb sind die Folgen solcher Extremwetter-Ereignisse oft schlimmer als in Regionen, in denen es noch einen natürlichen Bewuchs gibt.

Wirkung des "Zyklons" auf Sardinien ist mit den Folgen eines Wirbelsturms vergleichbar

Zunächst war am Dienstag von einem „Zyklon“ die Rede gewesen. Und die Wirkung auf Sardinien ist durchaus mit den Folgen eines Wirbelsturms vergleichbar. Es war aber keiner. In der Meteorologie werden Tiefdruckgebiete auch als „Zyklone“ bezeichnet. Es handelte sich also um einen Übersetzungsfehler. Allerdings sind auch im Mittelmeer in den vergangenen 20 Jahren mehrfach Sturmereignisse beobachtet worden, die einem tropischen Wirbelsturm sehr nahe kommen. „Cleopatra“ dagegen war eine Gewitterfront, wie sie im Sommer auch in Deutschland denkbar wäre, wie Stefan Bach sagte.

Nach Angaben des sardinischen Regionalpräsidenten Ugo Cappellacci starb eine aus Brasilien stammende Familie, deren Wohnung im Kellergeschoss nahe der Küstenstadt Olbia lag. Ebenfalls in der Nähe von Olbia im Nordosten der Insel starben drei Mitglieder einer Familie, als ihr Auto unter einer einstürzenden Brücke begraben wurde. Eine Frau und ihre Tochter wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa tot in ihrem Wagen gefunden, der in Olbia von Wassermassen fortgerissen worden war. (mit AFP)

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