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A.F. Vandevorst: Blindlauf unter Freunden

A.F. Vandevorst eröffnen mit ihrer Zweitlinie A.Friend die Fashion Week – mit Wohlfühlkleidern und Models ohne Gesicht.

Was man vor allem sieht, sind Haare. Als die Scheinwerfer über dem Catwalk am Bebelplatz zum ersten Mal in dieser Saison angehen und die Models des belgischen Designerduos A.F. Vandevorst hineintreten, sind es nicht die Entwürfe, die zunächst ins Auge fallen. Es sind die Haare: Sie sind so über das Gesicht gekämmt, dass die Models identitätslos und blind über den Catwalk laufen.

„A.Friend hat kein Gesicht“, erklärt Designer Filip Arickx. A.Friend, das ist die Zweitlinie von Arickx und seiner Frau An Vandevorst, die gemeinsam das Label A.F. Vandevorst bilden. Sie wurden erstmals von Veranstalter IMG eingeladen, die Fashion Week am Bebelplatz am Mittwoch zu eröffnen. „Es gibt keine Muse, keinen besonderen Typ, die Kollektion ist von niemandem inspiriert“, sagt Arickx, und An Vandevorst ergänzt: „Es heißt aber auch: Jeder kann unser Freund sein.“

Denn in der A.Friend-Kollektion geht es vor allem um Freunde. 1998 begannen Arickx und Vandevorst ihr Hauptlabel A.F. Vandevorst, das heute zu den wichtigsten Belgiens gehört. Elf Jahre später aber beschwerten sich die Freunde zu Hause in Antwerpen: Wir lieben eure Sachen, sagten sie, aber sie sind zu teuer. „Wir hatten zwei Möglichkeiten“, sagt Arickx schmunzelnd. „Billigere Sachen machen, oder uns neue Freunde suchen.“

Entstanden ist A.Friend, angefangen 2009 mit einer Kollektion komplett in Jersey, die billiger zu produzieren und zu transportieren war. Die besagten Freunde sind Teil des Entstehungsprozesses: Zeichnungen, Prototypen und Entwürfe werden immer wieder mit den Freunden in Antwerpen diskutiert, wo Arickx und Vandevorst in einer ehemaligen Schiffswerkstadt im Hafenviertel arbeiten. „Wir denken immer: Was würde wohl Inge tragen oder Laurence? Und wenn sie es nicht tragen würden, dann ist es nicht richtig“, sagt An Vandevorst.

Inzwischen mischen Filip Arickx und An Vandevorst Jersey mit Leder, Seide und Strick. Für ihre vierte A.Friend-Kollektion haben sie vor allem mit den verschiedenen Materialien gespielt: Leder wurde mit Jersey verarbeitet, Seide mit Strick und dann gemeinsam in den Färbetopf getunkt. Dadurch sind die Outfits zwar größtenteils in einem Farbton gehalten, aber in sehr verschiedenen Nuancen. Ein Sweatshirtkleid changiert ganz in der Farbfamilie Pflaster.

Die Entwürfe bleiben recht schlicht und tragbar, wie es typisch ist für belgische Mode. Eng geschnittene Jerseyhosen im Anzugstil und Leggins gehören ebenso zum Konzept wie große gemütliche Unisex-Strickjacken mit angestrickten Kapuzen. Auch deswegen haben sich Arickx und Vandevorst dafür entschieden, die Gesichter mit den Haaren zu verdecken und nicht etwa mit Masken. „Es ist angenehm weich und passt gut zur Kleidung“, sagt An Vandevorst. „Es hat fast etwas Animalisches.“

Ein sprichwörtlicher roter Faden zieht sich durch alle A.Friend-Entwürfe. Teilweise versteckt bis zur Unsichtbarkeit in Form von dezenten roten Nähten in der kompletten Kollektion. Teilweise aber auch offensiv: Alle Schuhe, vom knöchelhohen Turnschuh bis zum Cowboystiefel, haben rote Sohlen oder Absätze. Und bei den fließenden, rückenfreien Seidenkleidern haben die Designer den Faden auf den Rücken der Models gemalt.

Zum ersten Mal zeigen Arickx und Vandevorst in Berlin auch Accessoires für A.Friend. Schmale Ledergürtel mit angehängten Elementen wie runden Gürteltaschen, Handschuhe, die bis zum Ellenbogen reichen, und Wollstulpen, die sowohl im Turnschuh als auch über die Stilettos gezogen zum Gesamtkonzept passen.

Für sich selbst hat Filip Arickx übrigens nichts designt. Er tauscht seine Kleidung gern mit Menschen auf der ganzen Welt. Sein neustes Lieblingsobjekt ist der blaue Overall eines Safari-Technikers aus Kenia, den er in Berlin einweihte. Eine gelungene Premiere für A.F. Vandevorst. Und die Sache mit den Haaren wird am Bebelplatz so schnell niemand vergessen.

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