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Bei seiner Ankunft in Madrid wurde der Papst umjubelt. In der Nacht zuvor aber war es zu heftigen Protesten von Papstgegnern gekommen.

© dpa

Papstbesuch: Was erwartet Benedikt XVI. in Berlin?

Viele wollen ihn hören, andere gehört werden. Die Proteste in Madrid gegen den Papstbesuch beim Weltjugendtag wurden in Berlin aufmerksam registriert.

Die Proteste in Madrid gegen den Papstbesuch beim Weltjugendtag wurden in Berlin aufmerksam registriert. In einem Monat besucht der Papst seine deutsche Heimat. Der Auftakt ist am 22.September in Berlin, wo Begeisterung und Ablehnung besonders stark aufeinander treffen, bevor Benedikt der XVI. nach Thüringen und Baden-Württemberg weiterreist. Einerseits wird der Papst im ausverkauften Olympiastadion auftreten und im Bundestag reden. Gleichzeitig wird aber ein Bündnis aus dutzenden Anti-Papst-Initiativen gegen den Pontifex protestieren.

Lesben- und Schwulenverbände, linksradikale Gruppen, aber auch Vertreter von Grünen, Linken und Sozialdemokraten rufen dazu auf, gegen die „menschenfeindliche Geschlechter- und Sexualpolitik“ der katholischen Kirche auf die Straße zu gehen. Noch ist aber unklar, wo genau die Demo des Netzwerks „Der Papst kommt“ protestieren darf, die Routen werden in diesen Tagen zwischen Polizei und Papstgegnern verhandelt. Bislang gilt für den 22. September um 16 Uhr das Brandenburger Tor als Startort, allerdings will die Versammlungsbehörde die Sicherheitszone zum Schutz des Papstes bis dorthin erweitern. Alternativ könnte die Demonstration am Potsdamer Platz losgehen. Die Veranstalter erwarten bis zu 20 000 Teilnehmer. Szeneintern wird davon ausgegangen, dass die Proteste friedlich bleiben. Schon beim Besuch von Johannes Paul II. 1996 verliefen Proteste weitgehend gewaltlos. Dieser sprach damals auch im Olympiastadion, zu dem insgesamt 130 000 Besucher strömten.

Anders als Johannes Paul II. wird Benedikt XVI. nicht mit dem Papamobil durch Berlin fahren. Das Papamobil war 1996 mit Tomaten beworfen worden. Dass das Bad in der Menge diesmal ausfällt, sei allein dem engen Zeitplan des Hauptstadtbesuchs geschuldet und nicht etwa dem Wunsch, dem Papst unangenehme Szenen zu ersparen, sagte der Berliner Erzbistumssprecher Stefan Förner. Der Papst habe keine Angst vor Protesten.

Die Polizei arbeitet derzeit an einem Sicherheitskonzept. „Zu der Rede werden viele hoch gefährdete Menschen in den Bundestag kommen“, sagte ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel. Nicht nur die Kanzlerin, das Kabinett und die Abgeordneten werden da sein, sondern auch Mitglieder des Bundesrates und sämtliche Botschafter. Außerdem könnte es am Brandenburger Tor eng werden: Dort werden sich unter anderem die Wagenkolonne für den Staatsbesuch, Polizeiautos und Stationen der Fernsehsender drängen. Man sehe nicht, wie da noch 20 000 Demonstranten Platz finden sollten, ohne dass man Gefahr laufe, dass die Zufahrtsstraße zum Reichstag blockiert werde. Wie viele Beamte zum Papstbesuch im Einsatz sein werden, steht noch nicht fest.

„Für Sicherheitsbedenken haben wir Verständnis, nicht aber für die logistischen Gründe“, sagte Robert Kastl, Geschäftsführer des Christopher-Street- Days, der ebenfalls zu den Protesten aufruft. Man lasse juristisch prüfen, ob die Erweiterung der Sperrzone angemessen sei. „Es spricht auch gegen unser Verständnis von Versammlungsfreiheit, wenn wir nicht mal mehr in Hörweite des Bundestages demonstrieren dürfen“, sagte Jörg Steinert vom Berliner Lesben- und Schwulenverband.

„Das Recht zu demonstrieren, ist ein hohes Gut“, sagte Stefan Förner vom Erzbistum. „Mit der Ausweitung der Sicherheitszone haben wir nichts zu tun. Das ist die Entscheidung der Polizei.“ Dass es Proteste beim Besuch des Papstes geben werde, sei klar gewesen. Die Grenze sei allerdings dort, wo Protest in die Aufforderung zu Gewalt umschlage. Diese Grenze sei zum Beispiel in einem Video auf der Internetseite „whatthefuck.blogsport.de“ überschritten. Das Video eines „Bündnisses gegen christlichen Fundamentalismus“ zeigt unterlegt mit harten Beats den Papst, die Hedwigskathedrale und wie Jugendliche Kreuze zerbrechen. Im Abspann wird zu Aktionen während des Papstbesuches aufgerufen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, fürchtet dagegen, fundamentalistische Katholiken könnten Papstkritiker angreifen. Er hat nach der Anschlagsdrohung gegen Papstgegner in Madrid eine schriftliche Frage an die Bundesregierung gerichtet, die dem Tagesspiegel vorliegt. Der Grünen-Politiker will wissen, welche Erkenntnisse Regierung und Sicherheitsbehörden zu möglichen „extremistischen Bestrebungen gegen Papstkritiker“ haben.

Beunruhigt ist Beck, selbst Empfänger etlicher schwulenfeindlicher Mails, auch deshalb, weil er eine „zunehmende Aggressivität gegen Homosexuelle auf bestimmten Internetseiten“ festgestellt hat. Dort verbreite „das christlich-fundamentalistische Lager eine gefährliche Ideologie der Ungleichwertigkeit“. Beck: „Es brodelt ein gefährliches Gemisch aus islamfeindlichem und homophobem Hass.“

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