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Ende einer Schlacht: Der letzte Stierkampf in Katalonien

Am vergangenen Sonntag fand in Katalonien der letzte Stierkampf statt. Ab 2012 ist die Stier-Fiesta in der Region verboten, doch die Befürworter geben noch nicht auf.

Mit der Tötung von sechs Stieren endete am Sonntagabend die Ära des Stierkampfes in Katalonien. Rund 18 000 Zuschauer strömten in die Arena Monumental von Barcelona, um dem Spektakel beizuwohnen. Aber auch Stierkampfgegner waren gekommen und protestierten gegen die jahrhundertealte Tradition. „Das ist ein kleiner Sieg“, sagte Lluís Villacorta. „Aber das tröstet mich nicht. Die Stiere, die hier nicht sterben, sterben an anderen Orten der Iberischen Halbinsel oder in Frankreich.“

Ganz anders sehen es die Matadore. So lässt sich Serafin Marin seinen Stolz nicht nehmen. „Wir haben die Schlacht verloren, aber nicht den Krieg“, sagt er. Serafin Marin ist jener Matador, der am Sonntag in der Arena in seiner Heimatstadt Barcelona den letzten von insgesamt sechs Stieren getötet hat. Dieser Schlusspfiff für den Stierkampf sei „traurig“, sagt der 28-Jährige. Nun will er dafür kämpfen, dass die Stier-Fiesta, nach dem Fußball das zweitwichtigste Massenspektakel im spanischen Königreich, nicht auch im großen Rest Spaniens verschwindet.

Adios, Stierkampf. Am vergangenen Sonntag standen sich in der berühmten Arena „La Monumental“ in Barcelona zum allerletzten Mal Toreros und Kampfbullen gegenüber. Danach schließt – gezwungenermaßen und nach fast 100 Jahren – dieser historische Stierkampfplatz, einer der größten der Welt, seine Tore. Und es wird auch in der ganzen nordspanischen Region Katalonien, zu der Barcelona gehört, in Zukunft keine Stierkämpfe mehr geben.

Vor einem Jahr hatte das katalanische Regionalparlament den Stierkampf in der ganzen Region Katalonien verboten. Der Beschluss wurde weltweit mit Beifall registriert. Anfang 2012 tritt der Stierkampf-Bann offiziell in Kraft. „Endlich ein Ende der Grausamkeiten“, jubeln die Tierschützer der Bürgerinitiative Prou („Genug“), die mit einem Volksbegehren das Thema ins katalanische Parlament gebracht und dann auch noch gesiegt hatte.

Vor allem die katalanischen Regionalparteien, die für einen schrittweisen Abschied von Spanien eintreten und in diesem kulturell eigenwilligen Landesteil die Mehrheit haben, hatten gegen den Stierkampf gestimmt. Gegen jene umstrittene spanische „fiesta“, die für die Freunde dieser Tradition als „wertvolles Kulturerbe der Nation“ gilt.

In den Augen des Matadors Serafin Marin hat das Verbot wenig mit Tierschutz zu tun und viel mit kleinkarierter Politik in der katalanischen Region: Der Stierkampf „ist ein nationales Symbol“, und die rund um Barcelona

tonangebenden katalanischen Parteien „wollen alles, was Spanien repräsentiert, beseitigen“.

Lesen sie auf Seite 2 warum Spaniens Stierkampf in der Krise steckt.

Möglicherweise hat er recht, denn eine andere Variante der Stierquälerei darf weiter in Katalonien stattfinden: die Stierhatz namens „correbous“, bei der Kampfbullen bei vielen Dorffesten durch die Gassen gejagt werden. Zum Teil mit brennenden Hörnern, malträtiert mit Knüppeln. In den Küstenorten endet das Treiben an der Hafenmole, wo die entkräfteten Rindviecher zum Sprung ins Wasser gezwungen werden. Die „correbous“ gilt beim Volk als katalanisch und nicht als spanisch.

Der Stierkampf, für den jetzt in Katalonien die Klappe fällt, war in dieser Region hingegen noch nie besonders beliebt. In vielen katalanischen Städten sind die Arenen bereits vor längerem abgerissen worden, weil keine Zuschauer mehr kamen. „La Monumental“ in Barcelona ist die einzige katalanische Arena, in der überhaupt noch Stierkämpfe zu sehen waren.

Vom Verbot des Stierkampfes in Katalonien geht ein Signal aus, das den Gegnern dieser „fiesta nacional“ im ganzen Land Aufwind verleiht: Die Zahl der Anhänger der „corrida“ geht allerorten zurück. Zwei Drittel der 46 Millionen Spanier interessieren sich laut Umfragen nicht mehr für Stierkämpfe. Vor allem die junge Generation wendet sich vom Volksspektakel aus der Zeit ihrer Großväter ab. Spaniens öffentliches Fernsehen TVE berichtet nicht mehr wie früher live aus den Arenen.

Im ganzen Land nimmt die Zahl der Stierfeste ab – rund 1700 „fiestas“ wurden 2010 landesweit noch organisiert. Die Branche der Bullenzüchter und Stierkampf-Veranstalter hat zunehmend wirtschaftliche Probleme. Auch weil Spanien sich in einer schweren Finanzkrise befindet, öffentliche Subventionen gekappt werden, weniger Publikum kommt.

Trotzdem hat sich jetzt noch einmal lange Schlangen vor den Kassen der „Monumental“-Arena in Barcelona gebildet. Der Riesenplatz, auf dessen Rängen bis zu 20 000 Menschen Platz finden, war ausverkauft. Im Internet wurden Tickets für mehr als 1000 Euro gehandelt.

Zu diesem Andrang trug bei, dass neben dem Matador Serafin Marin auch Spaniens berühmtester Torero Jose Tomas angetreten ist. Er gilt als so waghalsig, dass seinen Fans regelmäßig der Atem stockt. Mehrmals wurde Tomas schwer verletzt, zuletzt vor einem Jahr. Einer seiner legendären Aussprüche lautet: „Ich sterbe lieber in der Arena als bei einem Autounfall.“ (mit AFP)

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