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Fassungslose Anwohner und Rettungskräfte.

© rtr

Gasexplosion in Taiwan: "Plötzlich fielen die Straßen in sich zusammen"

Im taiwanesischen Kaohsiung haben in der Nacht zu Freitag Gasexplosionen Straßen aufgerissen und ein ganzes Stadtviertel verwüstet. Augenzeugen berichten von einem Inferno.

Im Schein der Straßenlaternen sind nur wenige Autos unterwegs. Dann lodert plötzlich eine Flamme mitten aus der Straße in Taiwans Hafenmetropole Kaohsiung auf. Das Feuer wird immer größer. "Weg hier, das ist zu gefährlich", ruft jemand. Es gibt einen lauten Knall und der Kameramann bringt sich in Sicherheit. Die verwackelten Aufnahmen lassen erahnen, wie die Gasexplosionen die Straßen aufreißen. Aufnahmen auf Taiwans Fernsehen zeigen, wie mehrere Gasexplosionen Teile der Hafenstadt verwüsten.

Gegen Mitternacht (Ortszeit) erschüttern mächtige Detonationen den Stadtteil Cianjhen. Aber erst am Freitag nach Sonnenaufgang wird das Ausmaß der Zerstörung klar. Mehr als zwei Dutzend Menschen sind ums Leben gekommen. Mehr als 270 weitere wurden verletzt, wie Taiwans Nachrichtenagentur CNA am Freitag berichtete. Die Behörden befürchteten weitere Opfer. 1000 Menschen mussten das betroffene Stadtviertel verlassen.

Die Explosionen haben eine Schneise der Zerstörung durch die Stadt geschlagen. Motorräder, Autos und sogar Lastwagen wurden von den gewaltigen Detonationen durch die Gegend geschleudert. Eine Augenzeugin sagt: "Es war furchtbar." Einem Fernsehsender erzählt sie von schrecklichen Szenen. "Die Straßen fielen plötzlich zusammen", erzählt sie. "Wir haben versucht, verschüttet Menschen herauszuziehen. Sie haben in den Kratern geschrien und geweint." Der Sprengstoffexperte Hong Zhiqiang warnt vor einer weiterhin gefährlichen Lage in Kaohsiung. "Überall könnte noch Gas sein", sagt er. "Bei der Suche nach Opfern können die Helfer versehentlich weitere Explosionen auslösen", erklärt der Fachmann in einem Interview des chinesischen Fernsehsenders CCTV.

Alles deute darauf hin, dass Propan ausgetreten sei, sagt Hong Zhiqiang. Das Gas ist schwerer als Luft. Daher könne es sich in Kratern nach den Explosionen gesammelt haben. Propan hat in Gasform weder eine Farbe noch einen Geruch. Es wird zum Kochen und Heizen benutzt, aber unter anderem auch für Heißluftballons verwendet. In hoher Konzentration kann es Menschen betäuben oder sogar ersticken.

Auch Taiwans Wirtschaftsminister und aktueller Rettungsleiter Chang Chia-juch vermutete, dass Propan aus den Leitungen im Boden ausgetreten war. Dieses habe sich entzündet und das Inferno angerichtet. Deshalb habe das Feuer nicht sofort mit Wasser gelöscht werden können. Die Feuerwehr habe warten müssen, bis das Gas abgebrannt gewesen sei.

Aus dem ganzen Land hat Taiwans Regierung Soldaten nach Kaohsiung beordert, um bei der Rettung zu helfen. Sie wühlen sich durch Schuttberge auf der Suche nach weiteren Opfern. In weiße Schutzanzüge gekleidete Spezialeinheiten überprüfen die Luft auf explosive Gase. Auf keinen Fall sollen sie versehentlich Gas zur Detonation bringen. Aber ihnen läuft die Zeit bei der Suche nach Verschütteten davon.

Schon Stunden vor der Explosion war Gas zu riechen

Anwohner sind entsetzt. Ein älterer Mann erzählt einem Reporter des Senders TVBS, dass er drei Stunden vor der ersten Explosion Gas gerochen habe. "Aber niemand hat etwas unternommen und das Gas abgestellt. Warum nicht?", fragt er. Mehrere Anwohner hatten kurz vor dem Unglück die Feuerwehr verständigt und ein Gasleck gemeldet.

Das Stadtviertel von Kaohsiung wird zum zweiten Mal von einem Gasinferno heimgesucht. Im Jahr 1997 hatte bei einem ähnlichen Unglück eine Explosion elf Menschen in den Tod gerissen. Unter den Straßen des Viertels verlaufen viele Pipelines von Petrochemie-Firmen, wie Behördenvertreter sagten. Aber die Unternehmen wollen nichts mit den Explosionen zu tun haben. Eine Sprecherin sagte: "Das können nicht unsere Rohre gewesen sein. Diese Rohre hatten einen Durchmesser von acht Zoll, unsere haben aber nur vier Zoll." Ein Team von Spezialisten ist zu der Unglücksstelle geeilt, um die Hintergründe der Explosionen zu untersuchen. (dpa)

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