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Update

Sachsen-Anhalt: Zehn Tote und viele Verletzte bei Zugunglück

Bei Oschersleben in Sachsen-Anhalt rasen ein Nahverkehrszug und ein Güterzug ungebremst ineinander. Der Nahverkehrszug springt aus den Schienen. Mindestens zehn Menschen sterben. Die Ursache des Unglücks ist noch unklar.

Nach dem verheerenden Zugunglück in Sachsen-Anhalt mit mindestens zehn Toten suchen Experten fieberhaft nach der Unfallursache. Eine Bahn der privaten Eisenbahngesellschaft Harz-Elbe-Express (HEX) und ein Güterzug waren am späten Samstagabend in Hordorf bei Oschersleben zusammengestoßen. Mindestens zehn Menschen wurden getötet, 22 Reisende erlitten nach Angaben der Bundespolizei zum Teil schwere Verletzungen.

Bei dem Unglück, einem der schwersten der vergangenen Jahre in Deutschland, prallten die Züge auf einer eingleisigen Strecke ungebremst frontal zusammen. Verwirrung gab es um die Zahl der Todesopfer. Am Vormittag sprach die Bundespolizei zunächst von elf Todesopfern. Eine weitere Person sei ihren Verletzungen im Krankenhaus erlegen, sagte ein Sprecher. Auch der Präsident der Bundespolizei Pirna, Wieland Mozdzynski, erklärte, elf Personen seien ums Leben gekommen. Die Polizei Magdeburg sprach von zehn Toten. Später erklärte dann auch die Bundespolizei, es habe bislang zehn Todesopfer gegeben.

Politiker und Eisenbahner sind bestürzt

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, informierte sich am Sonntagvormittag am Unglücksort über den Einsatz der Rettungskräfte. Mit Blick auf eine mögliche Ursache für die Kollision sagte der CDU-Politiker, offenbar sei ein Haltesignal überfahren worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Christian Wulff reagierten bestürzt auf die Unglücksnachricht. Bei sprachen den Angehörigen der Opfer ihr tiefes Mitgefühl aus und würdigten zugleich den Einsatz der Helfer am Unfallort. Merkel sagte in Berlin: „Meine Gedanken sind bei den trauernden Familien der Opfer. Ihnen gilt mein aufrichtiges Mitgefühl.“

Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube zeigte sich ebenfalls tief betroffen. Ein solches Unglück erschüttere alle Eisenbahner, sagte er. „Selbstverständlich werden wir alles uns Mögliche tun, um die am Unfall Beteiligten zu unterstützen.“ Er habe Kontakt mit dem privaten Bahnunternehmen Veolia aufgenommen und seine Hilfe angeboten, betonte Grube. Auch die beiden Privat-Unternehmen, denen die Züge gehörten, äußerten sich geschockt und drückten den Angehörigen ihr Beileid aus.

Böhmer (CDU) sagte am Sonntagvormittag am Unglücksort, nach seinen bisherigen Erkenntnissen müssten bei dem Zusammenprall der beiden Züge „erhebliche Kräfte eingewirkt haben“. Durch die Wucht wurde der Personentriebwagen, der sich auf der Fahrt von Magdeburg nach Halberstadt im Nordharz befand, aus den Gleisen geschleudert und schwer beschädigt. Der zweigliedrige Triebwagen kippte um und blieb auf der Seite auf einem Acker liegen. Der mehrere Hundert Meter lange Güterzug, der in Kesseln Kalk transportierte, gehört dem privaten Transportunternehmen VPS aus Peine bei Salzgitter und kam erst etwa 500 Meter nach der Kollision auf den Gleisen zum Stehen. Der Knall des Zusammenstoßes soll noch im sieben Kilometer entfernten Oschersleben gehört worden sein.

Nach Böhmers Einschätzung haben die rund 100 Rettungskräfte nach dem Bekanntwerden des Unfalls schnell und verantwortungsvoll gehandelt. Jetzt gehe es vor allem darum, sich um die Verletzten und die Hinterbliebenen zu kümmern und die Toten zu identifizieren. Das Unglück „geht mir unter die Haut“, räumte Böhmer ein, der selbst jahrelang als Arzt in einer Klinik gearbeitet hat. Er informierte sich in Krankenhäusern über den Zustand der Verletzten.

Landesinnenminister Holger Hövelmann (SPD) warnte vor voreiligen Urteilen über die Unfallursache. Die Gründe müssten von den zuständigen Behörden gründlich ermittelt werden, sagte er. Der Einsatzleiter der Bundespolizei, Ralph Krüger, sagte, es kämen sowohl „technische Defizite an den Signalanlagen“ oder den Lokomotiven, als auch „menschliches Versagen“ in Frage. Es werde versucht, die Fahrtschreiber der beiden Lokomotiven auszuwerten. Die Wetterlage sei zum Zeitpunkt des Unglücks äußerst schlecht gewesen. „Es war Nebel, wir hatten zweistellige Minusgrade zu verzeichnen“, sagte Krüger.

Polizei befragt Güterzug-Lokführer

Der Lokführer des Güterzuges habe den Frontalzusammenstoß mit leichteren Verletzungen überlebt und sei auch ansprechbar, hieß es von Seiten der Ermittler. Man befrage derzeit Zeugen zum Unfall, darunter auch den Lokführer, erklärte der Bundespolizei-Präsident Mozdzynski.

Laut dem Einsatzleiter der Polizei Börde, Armin Friedrichs, waren am Vormittag erst zwei Tote identifiziert. Viele der getöteten und verletzten Reisenden hätten keine Ausweispapiere bei sich gehabt.

Nach Angaben der Veolia Verkehr GmbH, zu der der Harz-Elbe-Express gehört, befinden sich unter den Toten der Lokführer und die Zugbegleiterin. Die Strecke zwischen Magdeburg und Halberstadt blieb zunächst gesperrt. Die Einsatzkräfte begannen am Mittag mit der Bergung des verunglückten Personenzuges. Wegen Explosionsgefahr wurde die Unfallstelle weiträumig abgesperrt. Der mehr als 40 Meter lange Triebwagen müsse vor Ort zerlegt werden, sagte Veolia-Sprecher Jörg Puchmüller. Dass sich unter dem Zug noch weitere Opfer des Unfalls befinden, gilt nach Einschätzung der Ermittler als unwahrscheinlich.

Der Güterzug wurde nach Halberstadt geschleppt. Die Strecke könne erst nach Abschluss der Ermittlungen am Unglücksort freigegeben werden. Wann das geschehen wird, war zunächst noch offen.

Die Polizei hat für Angehörige der Reisenden eine Hotline unter der Rufnummer 0391/5461412 eingerichtet. (dapd)

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