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In der Ära Josef Ackermann hat sich das Geschäft der Deutschen Bank trotz der Finanzkrise stabilisiert.

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Letzte Pflichten: Ackermanns Abschied von der Deutschen Bank

Zum letzten Mal legt der Schweizer Geschäftszahlen der Deutschen Bank vor. Seine Nachfolger müssen sich auf Ärger einstellen.

Der Hermann-Josef-Abs-Saal wird voll besetzt sein. Fotoapparate und Fernsehkameras werden sich auf drei Herren richten: auf den scheidenden Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann und auf seine beiden Nachfolger Jürgen Fitschen und Anshu Jain. Zum zehnten und letzten Mal erläutert Ackermann am Donnerstag in Frankfurt am Main die Zahlen der Deutschen Bank für ein Geschäftsjahr – allerdings ohne den erhofften Rekordgewinn. Dann bleibt nur noch ein großer Auftritt für den 63-jährigen Schweizer: Auf der Hauptversammlung am 31. Mai endet die Ära Ackermann bei der Deutschen Bank endgültig.

„Die Haare sind ein bisschen grauer geworden. Aber es war eine tolle Zeit“, hat er unlängst zu seinen 16 Jahren bei der Deutschen Bank gesagt. „Jetzt wird es weniger hektisch.“ Schon seit Wochen ist erkennbar, dass der bekannteste, mächtigste und umstrittenste Banker Deutschlands entspannt und gelassen auftritt. Was im November auch Mitglieder der Occupy-Bewegung überraschte als sie bei einer Ackermann-Rede in Hamburg die Bühne stürmten, dann erstaunt waren, dass ihnen der Banker in freundlichem Ton ein Gespräch anbot. Und ablehnten.

Auch dieser Tage auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos war die gelöste Stimmung Ackermanns zu beobachten. Die Verhandlungen um die Umschuldung Griechenlands und häufige Telefonate mit dem Verhandlungsteam des internationalen Bankenverbandes IIF, den Ackermann noch bis Ende Mai führt, konnten ihn nicht aus der Ruhe bringen. Der Schweizer freut sich erkennbar auf seine Heimat. Er wird in den Verwaltungsrat von Zurich Financial einziehen, sich in Wissenschaft und Politik tummeln. Und er wird mehr Zeit für seine kulturellen Interessen, für Opernbesuche finden. Und für Golf. Deutschland wird Ackermann nicht ganz den Rücken kehren. In Berlin engagiert er sich im Kuratorium für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses.

Die Gelassenheit mag erstaunlich scheinen, aber sie ist nachvollziehbar. Im Sommer endlich war das Gerangel um die Nachfolge entschieden. Mit dem Deutschen Fitschen und dem Inder Jain als Doppelspitze gibt es die Lösung, die Ackermann favorisiert hat. Dass er nicht in den Aufsichtsrat strebt, hatte er mehrfach durchblicken lassen. Dass Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner den auch bei Ackermann unbeliebten Clemens Börsig an der Spitze des Kontrollgremiums ablöst, erleichtert aber den Abschied.

Seit Wochen ist erkennbar, dass Ackermann die Befugnisse nach und nach an Fitschen und Jain abtritt. Nach dem Auftritt morgen wird sich das verstärken, ist aus der Bank zu hören. Längst entscheiden die beiden Neuen mit, wie zum Beispiel beim geplanten Teilverkauf der wenig rentablen Vermögensverwaltung. Der Anspruch Jains und Fitschens deckt sich mit dem, was Ackermann immer im Blick hatte: Die Deutsche Bank muss weltweit zu den Besten gehören.

Der „Spiegel“ hat mit seiner jüngsten Titelgeschichte allerdings Zweifel an den Methoden gesät. „Die Zocker AG“ tituliert das Magazin die größte deutsche Bank und stößt sich vor allem an Kreditgeschäften auf dem US-Immobilienmarkt, für die Jain als Chef der Investmentsparte die Verantwortung trägt. Es ist absehbar, dass der 48-Jährige sich nicht nur auf Fragen und kritische Artikel, sondern auch auf juristische Auseinandersetzungen einstellen muss. Die Klagen werden zum Teil sogar von der bundeseigenen KfW-Bankengruppe unterstützt. Jain, dessen Investmentbanking immer noch für 70 Prozent des Gewinns steht, verkörpert Globalisierung und Milliardendeals, während die Deutsche Bank sich auf ihre Heimat und das Kundengeschäft besinnt.

Anshu Jain.
Anshu Jain.

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Der Führungswechsel kommt spät. Ackermann hatte schon 2009 aufhören wollen. Aber weil sich Börsig selbst an die Spitze hieven wollte, ließ sich der Schweizer zum Bleiben überreden. Wenn Ackermann jetzt nach insgesamt 16 Jahren geht – 1996 kam er in den Vorstand, 2002 wurde er Vorstandssprecher, 2006 Vorstandsvorsitzender –, hinterlässt er eine zwiespältige Bilanz. In Deutschland ist die Deutsche Bank zwar mit weitem Abstand die Nummer eins, weltweit aber spielt sie nicht ganz vorne mit. Der Aktienkurs ist im Keller, das überzogene Ziel einer Vorsteuerrendite von 25 Prozent musste Ackermann im Herbst aufgeben. Auch aus einem Vorsteuergewinn von zehn Milliarden Euro ist 2011 nichts geworden. Nach neun Monaten waren es 5,7 Milliarden, das vierte Quartal war schwierig. Zudem muss auch die Deutsche Bank neue Vorgaben erfüllen und eine Kapitallücke von 3,2 Milliarden Euro schließen.

Was bleibt von der Ära Ackermann? Zum einen das Foto seines unseligen Auftritts beim Mannesmann-Prozess, als er mit dem Victory-Zeichen in die Kameras strahlte. Doch solche Episoden verdecken, dass Ackermann die Deutsche Bank gefestigt und in Deutschland fester verankert hat: vor allem mit dem Kauf der Postbank, aber auch der Berliner Bank. Von einer Verlagerung der Deutsche-Bank-Zentrale nach London oder an einen anderen Ort im Ausland ist heute keine Rede mehr.

Und mit Deutschland hat der Schweizer trotz oft heftiger Kritik und vieler Anfeindungen trotzdem seinen eigenen Frieden geschlossen. Mehr noch: Es gebe kein anderes großes Land, das einen Nicht-Staatsbürger so ins Vertrauen gezogen hätte wie ihn, sagte er Mitte Januar beim Neujahrsempfang seines Hauses in Berlin.

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