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Luftfahrtmesse in Farnborough: Boeing vermiest Airbus die Show

Auf der wichtigsten europäischen Luftfahrtmesse in England kämpfen Airlines und Flugzeugbauer gegen die Schuldenkrise und hohe Kerosinpreise. Trotzdem wird dort das bekannte Ritual gepflegt: Bestellungen zählen

Wind, Regen und Temperaturen um die 18 Grad kündigt das Wetterradar für diese Woche im britischen Farnborough an. Dort wurde am Montag die wichtigste europäische Messe für die Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsindustrie eröffnet. Und das Wetter spiegelt die Stimmung vieler der 1400 Aussteller: Die Euro- und Schulden-Krise dämpft die Erwartungen der großen Flugzeughersteller und Ausrüster.

Vor allem die Hersteller von militärischem Gerät, die auf dieser Messe südwestlich von London traditionell stark vertreten sind, sehen sich zumindest in den Nato-Staaten mit stetig sinkenden Verteidigungsetats konfrontiert. Das betrifft etwa den US-Konzern Lockheed Martin, die britische BAE Systems, einen der größten Industriekonzerne des Landes, oder die Airbus-Muttergesellschaft EADS, die auch Kampfjets und -hubschrauber so wie satellitengestützte Grenzüberwachungssysteme herstellt.

Zu der Misere passte auch, dass der Konzern auf der Messe alle Demonstrationsflüge seines Militärtransporters A400M absagen musste – angeblich seien Metallspäne im Getriebe gefunden worden. Schon bei der Airshow in Le Bourget bei Paris, die mit Farnborough im jährlichen Wechsel stattfindet, konnte der A400M, der tausende Jobs im Konzern sichern soll, nur am ersten Tag starten, was es nicht gerade leichter machen dürfte, neue Käufer für den Transporter zu finden.

Parallel erklärte Peter Hintze (CDU), der deutsche Regierungskoordinator für die Luft- und Raumfahrt, Deutschland werde wohl im noch im Laufe des Jahres ein EADS-Aktienpaket übernehmen. Deutschland verhandelt seit Monaten mit dem EADS-Großaktionär Daimler über den Kauf eines Aktienpakets am europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns von 7,5 Prozent.

Die Veranstalter in Farnborough rechnen bei der noch bis zum kommenden Sonntag geöffneten Messe mit insgesamt rund 250 000 Besuchern. Dieses Umfeld nutzen vor allem die größten Hersteller zivilen Fluggeräts, um feierlich neue Großaufträge zu verkünden. Der US-Konzern machte den Anfang und gab zum ersten Messetag Festbestellungen von 98 Mittelstreckenjets im Gesamtwert von mehr als neun Milliarden Dollar bekannt. Die Maschinen gehen an den amerikanischen Flugzeugverleiher Air Lease Corporation, der 75 Mittelstreckenflugzeuge des Typs B737 Max orderte – und sich Optionen auf weitere 25 Jets sicherte, hieß es. Stunden zuvor hatte der Flugzeugbauer eine Festbestellung von 23 Maschinen durch die australische Gesellschaft Virgin Australia bekannt gegeben. Bei Airbus gab es nur bisher unbestätigte Gerüchte, wonach Cathay Pacific aus Hongkong bei Airbus eine größere Version des neuen Langstreckenfliegers A350 bestellen könnte.

Damit baute Boeing seinen Vorsprung gegenüber Airbus aus, was die Bestellzahlen angeht. Bis Ende Juni wiesen die Amerikaner bereits 440 Aufträge aus. Die Europäer dagegen kamen nur auf 230, nachdem einige Bestellungen wieder gestrichen wurden. Überhaupt spricht derzeit nicht viel für neue Bestellrekorde, wie Joseph Campbell, Analyst der britischen Barcleys Bank, sagte. Er gehe von einem Rückgang der Neuaufträge aus – was er allerdings nicht nur mit der Schuldenkrise sondern auch mit dem bereits gewaltigen Auftragspolster von zusammen mehr als 8300 Maschinen erklärt. Boeing und Airbus hätten noch auf Jahre Arbeit, selbst wenn es keine neuen Orders gäbe.

Das Zählen der Bestellungen gehört zur Messefolklore. Gut möglich, dass Airbus die Verkündigung der ein oder anderen Bestellung, die über Monate vorbereitet werden, erst auf der ILA 2012 verkündet, die im September vor den Toren Berlins stattfindet (siehe Kasten). Abgerechnet wird am Jahresende.

Video: Luftfahrtmesse: Vormarsch der Drohnen

Auch dort dürfte das Thema Effizienz eine große Rolle spielen. Angesichts der hohen Kerosinpreise haben die Fluggesellschaften in den vergangenen Jahren den Druck auf die Hersteller erhöht, aerodynamischere Rümpfe und spritsparendere Triebwerke zu entwickeln. In diesem Segment tritt Boeing auf Messen mit der leichten 787 („Dreamliner“) gegen die Airbus A350 XWB an – die freilich noch in der Entwicklung steckt. mit dpa

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