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Leuchttechnologie: Das ist das Berliner Licht, Licht, Licht

Leuchten für die Grachten Amsterdams und die Oper in Sydney: Semperlux aus Marienfelde sorgt weltweit für die Beleuchtung von Straßen, Museen oder Büros. Teil 6 der Tagesspiegel-Serie Berlindustrie 2011.

Wie das Licht im neuen Flughafen BBI sein wird, das kann man heute schon in Marienfelde erahnen. Ein fast fünf Meter hohes Stahlungetüm, ein Spiegelgoniofotometer, steht beim Leuchtenhersteller Semperlux. Langsam dreht sich ein großer Spiegel um eine Leuchte, die für den BBI entwickelt wird. 360 Mal wird der vom Spiegel reflektierte Lichtstrahl gemessen, einmal pro Grad der Umdrehung. Schließlich muss eine Leuchte mehr als nur hell sein. „Wir wollen wissen, ob die Leuchte wirklich dahin strahlt, wo sie hinstrahlen soll“, erklärt Hans-Peter Braune, Ingenieur bei Semperlux. Erst wenn die Ergebnisse passen, darf die Leuchte – nicht zu verwechseln mit den Leuchtmitteln wie Leuchtstoffröhren, Glühlampen oder den modernen Leuchtdioden (LED) – in Produktion gehen. Das massive Testgerät, eine Art Windkanal für die Semperlux-Produkte, ist eine Spezialanfertigung. „Normalerweise bräuchte man dafür einen viel höheren Raum“, sagt Braune. Die platzsparende Variante sei mit einem Berliner Hochschulprofessor entwickelt worden.

Für Klaus-Peter Siemssen, Chef der Semperlux AG, machen besonders solche Hochschulkooperationen die Attraktivität des Standorts Berlin aus. Hier kann auch wichtiger Nachwuchs rekrutiert werden. „2010 haben wir die Belegschaft am Standort Berlin um elf Prozent auf 120 ausgebaut“, sagt Siemssen. Vor allem Ingenieure seien eingestellt worden. Sein Vorstandskollege Ulrich Misgeld ergänzt, man arbeite auch eng mit Adlershof zusammen. „Das ist sehr gut für unsere Entwicklung.“ Semperlux habe die Ausgaben für Forschung und Entwicklung in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Die Innovationskraft war immer entscheidend für die Zukunftsfähigkeit von Semperlux. Das Familienunternehmen hat seinen Hauptsitz in Berlin – schon seit 1948. Wegen der stundenlangen Stromsperren während der Blockade durch die Sowjets kam damals dem Gründer Hermann Bansbach die Idee für ein Stromspeichergerät mit Batterie. Daher rührt der lateinische Firmenname Semperlux: „immer Licht“. Mit Ende der Blockade begann das Unternehmen, statt der Speichergeräte Leuchten zu produzieren.

Damit sind die Marienfelder bis heute erfolgreich. Siemssen, seit vergangenem Jahr im Unternehmen, soll als erster externer Vorstandsvorsitzender die Erfolgsgeschichte des Familienunternehmens fortschreiben, während Udo Bansbach, der jüngste Sohn des Unternehmensgründers, in den Aufsichtsrat wechselt.

Ob vor dem Kanzleramt, im Jüdischen Museum, an den Amsterdamer Grachten, in der Londoner U-Bahn, vor der Oper in Sydney oder in einem Einkaufszentrum im kalifornischen San Diego: Stets spenden Leuchten von Semperlux das passende Licht. Auch der Ersatz für mehrere tausend Gasleuchten, die Berlin mit effizienteren Leuchten auswechseln will, wird von Semperlux geliefert.

Insgesamt rund 500 Beschäftigte hat Semperlux in Berlin und weltweit, mit vier Produktionsstandorten in Deutschland, Frankreich und den USA. Mehr als drei Viertel des Geschäfts werden im Ausland gemacht. Selbst auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise 2009 blieb man – trotz deutlicher Umsatzrückgänge um rund elf auf 73 Millionen Euro – profitabel. 2010 sei das Geschäft, obwohl einige Großaufträge ausliefen, stabil gewesen, während neue Bestellungen eingeworben wurden, sagt Siemssen. „Wir sehen eine positive Tendenz im Auftragsbestand. Unser Auftragseingang ist im vergangenen Jahr um zehn Prozent gestiegen, auch 2011 wollen wir zweistellig wachsen.“ Ende dieses Jahres soll das Umsatzniveau von vor der Krise wieder erreicht sein, in drei bis vier Jahren die Marke von 100 Millionen Euro.

„Es gibt noch hohes Potenzial für uns“, sagt Siemssen. Der Weltmarkt für Beleuchtung liege bei mehr als 20 Milliarden Euro, davon je etwa sechs Milliarden in Europa, in Nordamerika und in Asien. Die stärksten Zukunftsmärkte seien für Semperlux Nordamerika, Europa und ganz besonders Deutschland. China spielt dagegen für Semperlux derzeit keine große Rolle. Semperlux sei auf hochwertige, projektbezogen entwickelte Produkte und auf eine enge Kundenbindung, etwa mit großen Architekturbüros, konzentriert. „Bei diesem klaren Profil werden wir bleiben, denn der Markt ist im Wandel“, sagt der Semperlux-Chef. Den Trend zu höherer Energieeffizienz und Klimaschutz sowie dem damit verbundenen verstärkten Einsatz von LED sieht Siemssen als große Chance: „Wir sind Teil der Veränderung und wollen als Gewinner daraus hervorgehen.“

Der Standort Berlin spielt eine entscheidende Rolle. „Berlin ist unser Entwicklungszentrum für LED. Hier werden wir unsere Kompetenz bündeln und Personal etwa im Bereich Elektronik ausbauen“, sagt Siemssen. „Wir bleiben ein Berliner Unternehmen. Das Wichtigste für uns sind die Mitarbeiter mit ihrem Know-how.“ Außerdem habe in der gesamten Berliner Politik das Bewusstsein für die Industrie zugenommen. Vorstandskollege Misgeld schränkt allerdings ein: „Der Masterplan Industrie zum Beispiel ist richtig. Der Erfolg hängt aber vor allem von der Verwaltung ab. Da gibt es noch viel zu tun.“ Misgeld verweist auf das Unternehmensnetzwerk Motzener Straße, das 200 Betriebe mit insgesamt 5000 Beschäftigten umfasst. Hier beginne man den Dialog mit dem Bezirk, um die Bedingungen zu verbessern, mittelfristig würden auch Gespräche auf der Landesebene angestrebt. „Wir brauchen für die klassischen Industriestandorte die gleiche Aufmerksamkeit wie für die Hightech-Branchen“, fordert Misgeld.

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