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Bahn-Spitze: Mehdorns Lücke könnte groß genug für zwei sein

Einen Tag nach dem Rücktrittsangebot von Bahnchef Hartmut Mehdorn berät die Regierung über die Nachfolge an der Spitze des bundeseigenen Konzerns. Möglich scheint sowohl eine interne Lösung als auch ein Kandidat von außen - oder beides gleichzeitig.

Nach dem Rücktritt von Bahnchef Hartmut Mehdorn ist die Debatte über die Nachfolge an der Konzernspitze in vollem Gange. Die Bundesregierung will an diesem Dienstag über einen Nachfolger beraten. In der Politik und im Konzern werde diskutiert, die Funktion Mehdorns künftig zu teilen, berichtet die "Welt" unter Berufung auf Bahnkreise.

Demnach soll es einen Vorstandschef an der Spitze des Gesamtkonzerns geben sowie einen Spitzenmanager, der für das operative Geschäft zuständig ist. Als ausgemacht gilt dem Bericht zufolge, den neuen Mann an der Spitze außerhalb des Konzerns zu suchen. Der zweite Mann werde wohl aus dem Bahnkonzern nachrücken. Für diesen Job werde der derzeitige Fernverkehrsvorstand Nikolaus Breuel immer öfter genannt.

In der ZDF-Sendung "heute" wurde der Chef des größten deutschen Flughafens in Frankfurt, Wilhelm Bender (64), als Kandidat für die Nachfolge genannt. Der Flughafenbetreiber gibt sich indes zurückhaltend. "Fraport nimmt keine Stellung zu Spekulationen", sagte Unternehmenssprecher Klaus Busch. Er habe davon bisher nichts gehört.

Mehdorn stürzte nach fast zehn Jahren an der Spitze des Konzerns über die Datenaffäre. Angesichts des massiven politischen Drucks kündigte er am Montag seinen Rücktritt an. "Auch wenn ich mir persönlich nichts Unrechtes vorzuwerfen habe und mit mir vollständig im Reinen bin, so gilt es nun zu allererst, diese schlimmen, ja zerstörerischen Debatten für die Bahn zu beenden", begründete der 66-Jährige den Schritt.

Als Vorstandschef trage er die Gesamtverantwortung für das, was in der Bahn passiere, unabhängig davon, ob er davon gewusst habe. "Dieser Verantwortung will ich mich nicht entziehen." Mehdorn betonte, bei der Kontrolle von Mitarbeiterdaten und E-Mails habe es keine strafrechtlich relevanten Vorgänge gegeben. Der scheidende Bahnchef vermutet eine "Kampagne zur Veränderung der Unternehmensführung und der Unternehmenspolitik."

Weitere Rückzüge sind möglich

Mit Mehdorn zieht sich offenbar auch Finanzvorstand Diethelm Sack aus der Konzernführung zurück. Das berichtet das "Handelsblatt" und beruft sich dabei auf Informationen aus dem Umfeld des Unternehmens und aus Bankenkreisen. Demnach gelte es als sicher, dass Sack dem Konzern den Rücken kehren wird. Er habe seit langem sein berufliches Schicksal mit dem von Mehdorn verbunden und werde deshalb entsprechende Konsequenzen ziehen. Ein Bahnsprecher lehnte eine Stellungnahme ab.

Die Datenaffäre hatte Mitte Januar begonnen. Damals wurde bekannt, dass die Daten von mehreren hundert Führungskräften auf Korruptionsverdacht überprüft worden waren. Danach räumte die Bahn insgesamt fünf große Kontrollaktionen zwischen 1998 und 2006 ein. Dabei wurden Daten von bis zu 170.000 der rund 240.000 Mitarbeiter wie Privatadressen und Kontonummern mit denen von Lieferfirmen abgeglichen. Die Affäre spitzte sich am vergangenen Freitag zu, nachdem Sonderermittler den Aufsichtsrat über Kontrollen von Mitarbeiter-E-Mails in den Jahren 2005 bis Oktober 2008 informiert hatten.

Gewerkschaft pocht auf Mitsprache bei Nachfolger

Klaus-Dieter Hommel, der Vorsitzende der Gewerkschaft GDBA, forderte die große Koalition auf, die Suche nach einem neuen Bahnchef nicht für parteipolitische Zwecke zu nutzen. "Wir erwarten von der Politik, dass die Suche nach einem Nachfolger für Hartmut Mehdorn nicht zu Machtkämpfen und Ränkespielen der Parteien missbraucht wird", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Arbeitnehmer erwarteten, in den Prozess einbezogen zu werden.

Für den GDBA-Chef ist besonders wichtig, dass der neue Bahnchef den Konzernverbund erhalten will. "Von uns wird es kein grünes Licht für einen Vorstandsvorsitzenden geben, der das anders sieht." Hommel fordert eine schnelle Aufklärung der Datenaffäre. Leider fehle Mehdorn "noch jegliches Unrechtsbewusstsein. Mit seinem Rücktritt hat er zwar die politische Verantwortung übernommen, mehr aber auch nicht." (sf/dpa)

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