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Abenteuerfilm: Oldtimer für die Guten

Die RTL-Suche nach der „Akte Golgatha“ wird zum Road-Movie durch Europa und den Nahen Osten.

Regisseur Zoltan Spirandelli hat ganz offensichtlich ein Faible für alte Fahrzeuge. Zumindest die Guten lässt er im RTL-Abenteuerfilm „Akte Golgatha“ damit durch die Gegend fahren. Ihr Fuhrpark umfasst ein hübsches VW-Käfer Cabrio, ein betagtes Motorrad mit Beiwagen und einen Linienbus zwischen Jordanien und Israel, der bereits den Jom-Kippur-Krieg gesehen hat. Die Bösen hingegen fahren Geländelimousinen oder fliegen im Learjet zu den Schauplätzen kreuz und quer durch Europa und den Nahen Osten.

Alles beginnt damit, dass der Archäologe Arno Schlesinger (Gerd Silberbauer) tief in einer Höhle in den Judäischen Bergen eine sensationelle Entdeckung macht, so sensationell, dass sich ein erzkonservativer christlicher Geheimorden mit Beziehungen weit hinein in den Vatikan sofort des Fundes bemächtigt und dabei auch vor äußerster Gewalt nicht zurückschreckt. Der Archäologe überlebt nur knapp, drei Wochen später stirbt er dennoch in München nach einer Leberimplantation – von der Schlesingers Tochter Felicia (Katharina Schüttler) erst nach seinem Tod erfährt. Als sich herausstellt, dass sich in der Spenderleber ein Nervengift befand, gerät der smarte Implantationsspezialist und Womanizer Dr. Gropius (Marco Girnth) in Verdacht. Weder die Tochter noch der Arzt wollen die Ermittlungen der Polizei überlassen. Vielmehr folgen sie den Spuren, die Felicias Vater vor seinem Tod hinterlassen hat.

Die Erlebnisse der beiden ungleichen Ermittler geraten unversehens zu einer Mischung aus „Jesus-Video“, „Bibelcode“ und diversen Dan-Brown-Verfilmungen. Dennoch ist die „Akte Golgatha“ mehr als eine schnell zusammengeschusterte TV-Unterhaltungsware, was nicht zuletzt an der Romanvorlage von Bestseller-Autor Philipp Vandenberg liegt, die von Conny Lens fürs Fernsehen bearbeitet wurde. Trotz aller Genre-typischen Ähnlichkeiten bleibt der Film dadurch angenehm verworren. Erst Stück für Stück wird das Rätsel gelüftet, im dem auch Gottes Sohn eine Rolle spielt, wie der Titel des Film bereits vermuten lässt.

Die Offenbarung des Geheimnisses, so wollte es Autor Vandenberg schließlich, würde die Grundfesten des christlichen Glaubens erschüttern. Tatsächlich dürfte es wohl eher so sein, dass in der weitgehend säkularisierten Gesellschaft die Fundamente des Glaubens bereits so weit erschüttert wurden, dass keine TV-Fiktion weiteren ernsthaften Schaden mehr anrichten kann. In dutzenden Büchern und Filmen wurde das Ende des Christentums heraufbeschworen, weil Jesus verheiratet gewesen sein könnte oder noch immer Nachkommen von ihm über die Erde wandeln. Selbst das wahre Grab Jesu wurde bereits in einer TV-Dokumentation ausgebuddelt.

Ähnlich fantasievoll geht nun die Archäologentochter ans Werk. Die Suche nach den Mördern ihres Vaters stellt sie sich genauso vor wie in den von ihr verfassten Abenteuerromanen. Auch Dr. Gropius ist keine große Hilfe. Außerhalb des Operationssaals oder in anderen medizinischen Notlagen ist er mit zwei linken Hände gestraft. Trotzdem gelingt es ihnen, den Glaubenskriegern immer wieder zu entkommen, um dem biblischen Rätsel auf die Spur zu kommen.

Überhaupt ist in der „Akte Golgatha“ für reichlich Action und Tempo gesorgt. Die Schnitzeljagd führt von München hinein in die Alpen, nach Rom, Jerusalem, in der Berge Judäas bis nach Turin. Aus dem Abenteuerfilm wird unversehens ein Road-Movie, bevor er dann zum Ende eine ganz unerwartete Wendung nimmt, die aus dem „Namen der Rose“ entsprungen scheint. Kurt Sagatz

„Akte Golgatha“, RTL, 20 Uhr 15

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