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Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher präsentieren die Gala des Fernsehpreises.

© dpa

Ärger um Deutschen Fernsehpreis: Sat 1 verschiebt die TV-Ausstrahlung

Tag der Deutschen Teilung: Die Ausstrahlung rutscht vom 3. auf den 4.10., weil ARD und RTL starke Programme dagegen gesetzt haben.

Der Deutsche Fernsehpreis, das ungeliebte Kind? Auf diesen Gedanken könnte kommen, wer sich das Geschacher um die diesjährige Veranstaltung anschaut. Der Privatsender Sat 1 verschiebt die Ausstrahlung des Deutschen Fernsehpreises vom 3. auf den 4. Oktober um 22 Uhr 15. Das habe „programmstrategische Gründe“, sagte am Freitag ein Sprecher der ProSiebenSat1-Gruppe. Es ist offensichtlich, dass sich hinter dieser vagen Formulierung handfester Krach zwischen den vier am Fernsehpreis beteiligten Sendern verbirgt: ARD, ZDF, RTL und Sat1. Der ursprünglich vorgesehene Ausstrahlungstermin war ein Feiertag, der 3. Oktober, Donnerstag, 20 Uhr 15. Im Grunde ein schöner Tag für Sat1, wenn ARD und RTL ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit nicht mit starken Programmen gegen die Aufzeichnung der Preisverleihung in Köln dagegenhielten. Die ARD bringt Kai Pflaumes Quiz „Das ist Spitze!“, die Nachfolgeshow des ZDF-Klassikers „Dalli Dalli“, RTL seine Eigenproduktion mit Hannes Jaenicke, der stärkste Film, den RTL in diesem Jahr zu bieten hat.

Zwei Tage später ist alles schon bekannt

Wie man hört, hat Sat1 erst aus den Programmfahnen der Konkurrenz von diesen Programmierungen erfahren, nicht in direkten Gesprächen mit Verantwortlichen von ARD oder RTL. Offen ist, ob es sich bei der Übereinkunft von ARD, ZDF, RTL und Sat1 zur TV-Ausstrahlung des Deutschen Fernsehpreises und der Frage, was die turnusmäßig nicht übertragenden Sender an dem jeweiligen Tag veranstalten, um ein Gentlemen’s Agreement oder um eine vertragliche Fixierung handelt. Umso drängender die Frage: Geht man so mit Stiftungs-Kollegen um? Sat1 war jedenfalls klar, dass der Privatsender die von Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher moderierte Gala nun nicht einen Tag später, am 3. Oktober, ausstrahlen kann. Die Quote für die Konkurrenz, die Kunst für Sat 1? So kann ein werbefinanziertes Programm nicht denken und handeln. Wie um den Ärger über die „Kampfprogrammierung“ zu maximieren, holt Sat 1 die Preis-Gala am neuen Termin, dem 4. Oktober, aus der Primetime heraus und verlegt die Aufzeichnung in die Nachtstrecke. Fraglich, welcher Zuschauer sich das am Freitag um viertel nach zehn noch ansieht, wenn die bunten Geschichten über die Preisverleihung zwei Tage auf dem Markt sind.

Schon früher gab es eine Schere zwischen dem Tag der Preisverleihung und TV-Ausstrahlungstermin. Nur 2006 (ARD), 2007 (RTL) und 2009 (Sat1, mit Anke Engelke und Bastian Pastewka) wurde live in der Primetime übertragen. Danach haben die Sender dieser Veranstaltung im Programm im Angesicht der erreichten Quoten nicht mehr allzu viel zugetraut. Der Fernsehpreis wurde aufgezeichnet und Tage später ausgestrahlt, was Quote und Aufmerksamkeit kostet. Im vergangenen Jahr setzte das ZDF noch auf einen 20-Uhr-15-Termin, auch zwei Tage später, moderiert von Oliver Welke.

Hat der Deutsche Fernsehpreis noch eine Zukunft? „Kein Kommentar“, sagte ein Sprecher von ProSiebenSat1. Gegründet und erstmals durchgeführt wurde die Auszeichnung 1999 als Feier des Mediums durch das gesamte Medium. Damit war die Merkwürdigkeit beendet, dass RTL den „Goldenen Löwen“ vergab und die ARD den „Telestar“. Jetzt also große Einigkeit rund um den Tag der Deutschen Einheit: Ein Fernsehen, ein Preis, ein Fest nach dem Vorbild des US-amerikanischen Fernsehpreises „Emmy“.

Nun kann die mehrstündige Übertragung einer Preisverleihung eine strapaziöse Veranstaltung sein – für die Gäste im Kölner Coloneum wie für das Publikum am Bildschirm. Streng ist das Ritual: Vorstellung der drei Kandidaten jeder Preiskategorie, Kür, Danksagung. Spannendes, quotenträchtiges Fernsehen kommt da selten raus, was bei diesem Hochamt, respektive der Selbstfeier des Mediums zu vernachlässigen ist. Nimmt das Fernsehen all jene ernst, die Programme machen und ausmachen, dann müssen Dank und Ehre für die Protagonisten erst- und die Quote nachrangig sein.

Gegen dieses Grundgesetz des Deutschen Fernsehpreises verstoßen ARD und RTL in diesem Jahr. Es passt ins Bild: Über die Jahre hat sich die Auszeichnung selber fragwürdig gemacht, weil die Veranstalter sich mehr und mehr auf die Kategorien konzentriert haben, mittels derer das Fernsehpublikum bekannte TV-Gesichter wiedererkennen kann. Casting, Kostüm, Maske, Schnitt, Szenenbild oder Regie fielen weg. Darum kümmert sich jetzt die Deutsche Akademie für Fernsehen am Tag vor dem Deutschen Fernsehpreis. Die Zukunft des Fernsehpreises? Schon die Gegenwart ist fragwürdig genug.

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