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Schmalz für 1,6 Millionen. Im Freitagsfilm „Liebe mit Familienanschluss“ trifft Johanna (Marion Mitterhammer) Jugendliebe Walter (Miroslav Nemec) wieder.

© ARD

Aktion „Hosen runter“: Ein „Tatort“ kostet 1,4 Millionen Euro

Mehr Transparenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Die ARD macht ernst damit und veröffentlicht eine Preisliste für Filme und Serien. Besonders teuer sind Event-Produktionen.

In der ARD ist die Aktion „Hosen runter“ angelaufen. Damit der „häufig formulierte Wunsch nach mehr Transparenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ Wirklichkeit wird, wie es heißt, werden in einem ersten Schritt die Sendeplatzprofile für Film und Serie vorgestellt und die durchschnittlichen Minutenpreise bekannt gegeben.
Erste Überraschung: Das fiktional erfolgreichste Produkt, „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ am Sonntag im Ersten, ist nicht das teuerste. Bei einem durchschnittlichen Brutto-Minutenpreis von 15 500 Euro kommt jeder Film mit 90 Minuten Länge auf Produktionskosten von knapp 1,4 Millionen Euro. Die Erwartungen an die „herausragenden Hervorbringungen des kultiviert-unterhaltsamen Erzählfernsehens“ (gemeint sind tatsächlich Krimis), liegen hoch: „Die Zielsetzung ist die Marktführerschaft des Ersten auf dem Sendeplatz“ am Sonntag um 20 Uhr 15. Das gilt für alle neun Landesrundfunkanstalten, die sich an „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ beteiligen, und möglichst für alle der 43 bis 48 Premieren im Jahr.

Genauso teuer wie der Sonntagskrimi darf der Film am Mittwoch werden. Auch hier gilt der Minutenpreis von 15 500 Euro, was sich bei 90 Minuten Länge auf 1,4 Millionen Euro je Produktion saldiert. Der Fernsehfilm ist „die Königsdisziplin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, heißt es, „das fernsehkulturelle Spezifikum schlechthin“. Bei den Genres geht es von der Komödie bis zum politischen Thriller, vom Kammerspiel bis zum Dokudrama, die Themen müssen aktuelle, gesellschaftliche Strömungen reflektieren. Auch hier ist die Erwartungshaltung an die 40 bis 44 Erstsendungen pro Jahr zugespitzt: „Der Fernsehfilm am Mittwoch soll das große Primetime-Publikum erreichen und in der Gesamtakzeptanz über dem durchschnittlichen Marktanteil des Ersten liegen“ (aktuell 11,6 Prozent).

Ein Eventfilm darf auch mal 1,7 Millionen Euro kosten

Keine Rose ohne Dornen. Der Freitagsfilm um 20 Uhr 15, von der ARD gepriesen als „starke emotionale Geschichten“ und besser bekannt als Herz-und Für Schmerz-Schüttelreime, dürfen pro Minute 17 500 Euro und bei anderthalb Stunden rund 1,6 Millionen Euro kosten. So und nicht anders sollen die 36 Produktionen am Freitag die Konkurrenz auf die Plätze verweisen. Nicht anders lautet die Forderung an die 20 Premieren am Donnerstag nach der „Tagesschau“. Marktführerschaft, Minutenpreis 17 500 Euro, Stückpreis knapp 1,6 Millionen Euro. Gezeigt werden Krimireihen mit starkem Lokalkolorit wie die Verfilmungen der Donna-Leon-Krimis, welche zuschauerattraktiv im immer sonnenbeschienenen Venedig spielen. Zehn Produktionen pro Jahr klassifiziert die ARD als „Eventfilme“ mit „höchsten Qualitätsansprüchen“, die vornehmlich an Sonn- und Feiertagen gezeigt werden wie beispielsweise „Der Turm“. Da muss der Tagessieg für das Erste drin sein, wenn pro Minute 19 000 Euro und damit 1,7 Millionen Euro aufgerufen werden. Auf Tagessieg programmiert sind die Serien am Dienstag, „Um Himmels Willen“ oder vom kommenden Dienstag an die zweite Staffel von „Weissensee“. Da ist eine Million an Produktionskosten drin (Minutenpreis: 11 250 Euro). Das Konzept lautet nach dem ARD-Beipackzettel: „Attraktive Unterhaltung, Seriengeschichten, die inhaltlich und formal für die ganze Familie und für Zuschauer aller Altersgruppen geeignet sind.“ Optimale Qualität ist gefordert. Die ARD lässt offen, ob sie im Rahmen ihrer Initiative „Hosen runter“ auch für weitere Genres Profile und Kosten veröffentlichen wird. Klar ist, dass jetzt der Druck wächst, die Minutenpreise für die Talkshows auszuweisen. Joachim Huber

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