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Medien: Alle suchen Nemo

PC-Spiele zu Kinofilmen laufen hervorragend – wenn sie mehr bieten als Kino

Den absoluten Supererfolg verbuchte Disney: Die zum Zeichentrick-Imperium gehörende Buena Vista Games verkaufte in der letzten Saison 500 000 Exemplare des Videospiels „Findet Nemo!“. Damit war die Umsetzung des Filmabenteuers um den unerschrockenen Clownfisch das erfolgreichste Spiel der letzten Saison überhaupt, sagte Buena-Vista-Deutschlandchef Helmut Stiefel auf der „Games Convention“ 2004 in Leipzig. Die gestern eröffnete Messe für Computer- und Videospiele findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt und soll nach dem Willen der Veranstalter bis Sonntag 100 000 Spielbegeisterte nach Leipzig locken. Zu den 130 Ausstellern gehörende sämtliche Branchengrößen wie Atari, Electronic Arts, Microsoft, Nintendo, Sony oder Ubisoft.

Das Interesse der überwiegend jugendlichen und zumeist männlichen Messebesucher konzentriert sich dabei traditionell auf die interessantesten Action-Ankündigungen für das anstehende Weihnachtsgeschäft. Zu den spannendsten Titeln zählt unter anderem „Metal Gear Solid 3“, ein Spiel, das im Kalten Krieg der 60er Jahre allerhand Spionage-Thrill verspricht. Auch die grafisch opulente Fortsetzung der Siedler-Reihe mit dem Titel „Das Erbe der Könige“ gehört dazu, genauso wie die kurz bevorstehende Veröffentlichung der erstmals dreidimensionalen Umsetzung der auch bei weiblichen Spielern beliebten „Sims“.

Zu den erfolgreichsten Titeln zählen allerdings immer häufiger Spiele, die die Brücke zwischen Kinofilm und interaktivem Erleben schlagen. So war Disney nicht nur mit der Nemo-Fortsetzung auf den Computern und Konsolen äußerst erfolgreich, sondern landete auch mit dem Film-Spiel zu den Bären-Brüdern einen Hit. Für das Weihnachtsgeschäft rechnet Stiefel fest damit, sowohl mit dem Film als auch mit dem Spiel zu „Die Unglaublichen“ wieder ganz vorn dabei zu sein. So sieht es auch Konkurrent Konami, der gleich vier verschiedene neue „Yu-GiOh!“-Kartenspiele passend zum demnächst startenden Kinofilm und dem Beginn der dritten Staffel in RTL2 ankündigte. Die Messe in Leipzig sorgt bereits für die Sensibilisierung des Publikums.

Die spielerische Adaption von Blockbuster-Filmen ist allerdings nicht jedermanns Sache. René Meyer, Autor der Begleit-Fibel „GC-Guide“, ärgert sich über die Einfaltslosigkeit der Branche. Es werde immer mehr Geld in die Spielumsetzungen von Filmen wie die „Matrix“, „Shrek“ und „Catwoman“ oder in die Fortsetzung erfolgreicher Videospiele-Titel wie „Lara Croft: Tomb Raider“ investiert, dass für echte Innovationen kaum noch Mittel bleiben. Doch allein die Hersteller will er dafür auch nicht verantwortlich machen, denn allzu mutige Innovationen hätten es bei den Spielern sehr schwer.

Gregor Wildermann, Chefredakteur der durchaus branchenkritischen Zeitschrift „Gee“, hält diese Kritik für überzogen. So sei das Spiel zum Kinostreifen „Catwoman“ mit Halle Berry, der in den Rezensionen eher als krallenlos beschrieben wurde, erheblich besser ausgefallen als erwartet. Die großen Publisher wie in diesem Fall Electronic Arts hätten durchaus erkannt, dass es nicht ausreicht, einen Film einfach 1:1 zu kopieren. Vielmehr erwarten die Computer- und Konsolenspieler, wenn sie 50 oder 60 Euro für ein Spiel bezahlen, dass ihnen andere Erfahrungen geboten würden. Ein Beispiel, wie dies jenseits des Mainstreams möglich ist, ist für Wildermann das Spiel zum Film „The Chronicles of Riddick“ mit Vin Diesel, der sich am Entwickler Tigon Studio beteiligt hat, um selbst Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Das Ergebnis: Das Spiel dient keineswegs der Nacherzählung des Films, es erzählt vielmehr die Geschichte vor dem Film und fügt so dem Leben der Hauptfigur Richard Riddick ein weiteres Kapitel hinzu, sagt Wildermann.

Mitunter ist es jedoch der Wunsch vieler der jungen Spieler, einfach nur tiefer in die Welt ihrer Helden einzutauchen, der die Fantasie der Entwickler und Publisher beflügelt. Denn obwohl die „Herr der Ringe“-Trilogie die Leinwand bereits verlassen hat und darum die gegenseitige Bewerbung Film-Spiel und Spiel-Film entfällt, kündigte Electronic Arts gleich zwei neue Spiele zur Tolkien-Saga an. Zu Weihnachten sollen das Strategiespiel „Die Schlacht um Mittelerde“ und das Rollenspiel „Das dritte Zeitalter“ die Umsätze ankurbeln. Für die Spieler interessant: Im „Zeitalter“-Spiel wird die Verbindung zwischen allen drei Teilen der RingAbenteuer gezogen, das Abenteuer um den kleinen Hobbit und seine Gefährten wird ins Unendliche gesteigert.

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