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Frank Plasberg muss sich nun mit "Hart aber fair" am Montag behaupten.

© ARD

Am neuen Sendeplatz: Generalprobe vor Publikum

Die „Patchwork-Lüge“ erregt in Plasbergs erstem Montags-Talk niemanden. Nicht einmal die Autorin der Streitschrift.

Es wollte und wollte am Montagabend nicht klappen, bei Frank Plasbergs erster „Hart aber fair“-Sendung auf dem neuen Sendeplatz. Für einen echten Streit oder auch nur eine heftige Diskussion taugte die Streitschrift zur „Patchwork-Lüge“ von „FAZ“-Autorin Melanie Mühl nicht – jedenfalls nicht in dieser Konstellation. Als die Journalistin sieben Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern. Eine schreckliche Erfahrung, die ihr Leben prägte. Und als zutiefst emotionales Thema bestens geeignet um zu zeigen, dass Plasberg mehr kann als den Polit-Talk. Allerdings nicht an diesem Abend.

Zweitpapis, Ersatzmütter, Stiefgeschwister oder noch schlimmer Fertig-Kinder, Beute-Kinder, Instant-Kinder, das waren die Stichworte, mit denen Plasberg aufrütteln wollte. Doch die Brisanz des Themas perlte an diesen Gästen ab. Ingo Naujoks („Papa, ich möchte auch Spießer werden“) bezeichnet seine Familiensituation als kompliziert, aber eben doch viel besser als allein: „Ich habe vier Kinder. Auch wenn nicht alle meine sind, ist es mein Clan, meine Gang“, sagt der Schauspieler und das eingeblendete Bild der zusammengewürfelten Familie beim Strandurlaub bestätigt das. Selbst der Bundespräsident lebt die Patchwork-Idylle vor und die katholische Kirche denkt inzwischen darüber nach, ihre Regeln an die neue Wirklichkeit anzupassen. Dampfplauderer Dieter Thomas Heck erzählt, wie er vor 35 Jahren zum zweiten Mal geheiratet hat und zwei Söhne in die neue Beziehung mitbrachte. Und dass seine neue Frau die Beiden adoptierte, um sie finanziell abzusichern – mit der Einwilligung seiner ersten Frau. Selbst Dana Schweiger, die mit ihren vier Kindern von Ehemann Til getrennt lebt, taugt nicht als Beispiel für die Patchwork-Schrecken. Auch nach der Trennung verbringen Til und Dana Schweiger Geburtstage, Weihnachten und Urlaube zusammen mit den Kindern – trotz seiner neuen Freundin. Caritas-Familientherapeut Robert Hagen kann ebenfalls nicht bestätigen, dass es sich die Eltern zu leicht machen mit der Trennung. Nichts da mit Beziehungsoptimierung und Partner-Hopping. Melanie Mühl, die Autorin der Streitschrift, räumt ein, dass sie trotz Trennung der Eltern nicht unter der Brücke lebt. Dennoch lasse sich belegen, dass Scheidungskinder häufiger zu Scheidungseltern werden, dass sie häufiger unter Depressionen leiden, Probleme in der Schule haben. Niemand widerspricht, unter den Gästen herrscht aber auch Einigkeit, dass eine Trennung das kleinere Übel sein kann. Heck erzählt, wie schlimm es für ihn war, als er als Achtjähriger miterleben musste, wie sich seine Eltern stritten. „Das war ganz furchtbar.“

Lesen Sie weiter: Wie Plasberg auch das letzte bisschen Tempo aus der Sendung nimmt.

Nach Plan läuft in dieser Sendung nichts. Schlimmer noch: Als gerade etwas Tempo in der Sendung kommt, weil Naujoks von der Verwaltung des Unglücks in einer Patchwork-Familie spricht, unterbricht ihn Plasberg. Passend zum Stichwort wird das Zitat einer Mutter eingespielt, die in der „Brigitte“ von ihrer Eifersucht auf das neue Familienglück des Ex-Mannes spricht. Das findet auch Dana Schweiger supertraurig. „Eine Aufgabe für einen gute Familientherapeuten“, sagt sie.

Vieles hemmt an diesem Abend die Diskussion eher als sie voranzubringen, mit einer Ausnahme: Der Einspielfilm über den inzwischen 15-jährigen Till, dessen Vater vor zehn Jahren die Familie verließ. Er weiß nicht einmal, dass sein Sohn seit einigen Jahren seinen Geburtstag nicht mehr feiert, stellt sich beim Skype-Gespräch heraus. Am Ende einigt sich zumindest diese Runde, dass eine Trennung für Kinder zwar hart ist, aber fair geregelt werden kann. Und für Dieter Thomas Heck reicht die Zeit noch aus, seine Biographie anzukündigen.
Plasberg hat sich für den neuen Sendeplatz klare Ziele gesetzt: Die Quote, die zu dieser Zeit sonst bei acht Prozent liegt, soll langfristig zweistellig werden. Mit 9,6 Prozent bei 2,9 Millionen Zuschauern kam er diesem Ziel sogar recht nah. Günther Jauch, an dem sich Plasberg nun noch mehr als zuvor messen lassen muss, geht erst am kommenden Sonntag auf Sendung. Möglicherweise braucht er erst den richtigen Wettbewerb, um seinen Talk zu beleben. So gesehen könnte man die erste „Hart aber fair“-Ausgabe am neuen Platz als Generalprobe vor Publikum gelten lassen – und auf die echte Premiere in der nächsten Woche warten. Kurt Sagatz

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