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I love Dick,

© Amazon

Amazon Prime Video: Prime war mal prima

Amazon Studios stellt die Produktion dreier Serien ein - was bedeutet das für die Zukunft des Streamingdienstes?

Amazon Prime Video hat nicht das Wahre, Schöne und Gute im Sinn. Der Streamingdienst soll Menschen einfangen, um sie mit Amazon und Amazon Prime glücklich zu machen. Das allererste Kriterium für das fiktionale Angebot an Serien und Filmen ist: Macht es aus Zuschauern Kunden im Amazon-Biotop? Quote, na gut, Qualität, na gut, es gilt das Fliegenfänger-Prinzip.

Nur vor diesem Hintergrund und der Forderung des Amazon-Allmächtigen Jeff Bezos – produziert mehr globale Hits dank mainstreamiger Publikumsansprache – werden die aktuellen Entscheidungen verständlich. Amazon Studios stellt die Produktion dreier Serien ein: „I Love Dick“ und „Jean-Claude Van Johnson“ werden über jeweils eine Staffel nicht fortgesetzt, bei „One Mississippi“ wird nach zwei Seasons der Stecker gezogen.

„I Love Dick“, das war der überaus ambitionierte Versuch von Jill Soloway („Transparent“), den gleichnamigen Roman von Chris Kraus fürs TV zu adaptieren. Kraus’ Erzählhaltung – „Ich versuche, die Wörter Kierkegaard und Fotze in einem Satz zu verwenden“ – wurde zum Leitbild von Soloway. Das Ergebnis war verquer, die Anstrengungen der Protagonistin, irgendwo einen Platz im Universum und sei es zwischen den Schenkeln eines Kerls zu finden, wurden zur Anstrengung des Publikums.

Auf der ganz anderen Serien-Seite, bei „Jean-Claude Van Johnson“, konnte der Zuschauer parallel Schopenhauer lesen und verstehen – der Plot wurde ihm trotzdem offenbar: Superheld-Protagonist nimmt sich selbst auf die Testosteron-Schulter. „One Mississippi“ war schlicht die eine mittelmäßige Comedy-Serie zu viel.

Amazon muss wegen des schnellen Endes dieser drei Produktionen nicht hart kritisiert werden. Und doch drückt sich die neue Linie durch: Produktionen müssen dem größtmöglichen Publikum gefallen, in der Nische lauert für die Content-Verantwortlichen nicht das Potenzial, da kauert das Risiko. Amazon Prime Video zieht auf die Blockbuster-Mittellinie. Können sie machen, sind ja keine Wohltäter des Kreativen, sondern Kreative im Kommerz. Was auch heißt: Serienjunkies brauchen alsbald eine neue Plattform, wenn Amazon Prime Video Spirit und Esprit verlieren.

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