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Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD)

© ARD

„Anne Will“ zu Hartz IV: Heil: „In fünf Jahren werden wir den Begriff ,Hartz IV' nicht mehr haben“

Arbeitsminister Heil wagt bei "Anne Will" eine Prognose zur Zukunft der Grundsicherung. Die Diskussion zeigt einmal mehr, wieviel gefährlicher Populismus in Hartz IV steckt.

Hubertus Heil muss gewusst haben, was auf ihn zukommen wird. Sonst hätte der SPD-Politiker nicht Bundesminister für Arbeit und Soziales werden wollen. Heil ist der inoffizielle Hartz-IV-Minister dieser Republik. Das Thema von „Anne Will: Hartz IV – reformieren oder abschaffen?“ kann auch gelesen werden als: Scheitert Heil teilweise oder komplett an diesem Thema, das wie kein zweites politisiert, emotionalisiert, radikalisiert?

Klar ist: Heil wie die gesamte SPD will sich nicht drücken, nur in der Offensive kann die Partei dieses „Trauma“, wie es Robert Habeck, der Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, richtig charakterisierte, überwinden. Davon ist die Partei, davon ist die Gesellschaft sehr, sehr weit entfernt.

Die ARD-Talkrunde zeigte deutlich, dass die Debatte noch in der Findungsphase zukünftiger Modelle steckt. Geht es um einen „sozialen Arbeitsmarkt“ (Heil), um ein „solidarisches Grundeinkommen“ (Michael Müller), um ein „bedingungsloses Grundeinkommen“, geht es überhaupt nur darum, von 845.000 Langzeitarbeitslosen möglichst viele in sinnvolle und nachhaltige Beschäftigung zu bringen, oder ist es ein Gesamtpaket, damit Menschen in Würde leben können und nicht in Armut leben müssen?

Schon da schieden sich die Geister. Während „FAS“-Wirtschaftsjournalist Rainer Hank Hartz IV nach 15 Jahren keineswegs als gescheitert sah, verurteilte die Linken-Politikerin und ehemalige Arbeitsvermittlerin Inge Hannemann das Fordern-und-Fördern-Konzept als Mittel zur Stigmatisierung, Angstmache und Ursache einer überkommen geglaubten Klasssengesellschaft.

In Hartz IV steckt gefährlich viel Populismus

Moderatorin Anne Will hatte alle Hände voll zu tun, die hingeworfenen Skizzen künftiger Konzepte zu fixieren, auf handhabbare Begriffe zu bringen, Zwischenbilanzen zu ziehen – kurz, das Gespräch auf einem für möglichst viele Zuschauer annehmbaren Verständnisniveau zu halten.

Hartz IV, über andauernde Reformitis zu einem wahren Verwaltungsmonster mutiert, erlaubt offensichtlich einen Techno-Sprech, den nur noch Experten beherrschen. Die anderen bevorzugen Empörung, wie auch anders, wo im gesellschaftlichen Narrativ Hartz IV auf die Schlagwörter von Schikane und Sanktion zusammengeschnurrt ist. Ein Musterbeispiel für misslungene Kommunikation.

Das wird in allen künftigen Diskussionen zum Thema – und das werden zahlreiche sein – von den Moderatorinnen und Moderatoren, von den Talkredaktionen zu beachten sein. In Hartz IV steckt gefährlich viel Populismus.

Hubertus Heil will den Menschen nichts weniger als eine Lebensperspektive geben, Robert Habeck möchte für jeden Betroffenen einen individuellen Ansatz, und beide wollen sie nicht das solidarische Grundeinkommen, für das sich Berlins Regierender Bürgermeister Müller stark macht. Der Grünen-Politiker Habeck sieht darin den Tod des Ehrenamtes, der Bundesminister für Arbeit und Soziales das Verstaatlichen desselben.

Auch hierin drückte sich die Gemeinsamkeit der Runde aus: Hartz IV will keiner mehr, was aber stattdessen kommen soll, da herrscht stupende Uneinigkeit. Gar keine Perspektive? „In fünf Jahren werden wir den Begriff ,Hartz IV' nicht mehr haben“, sagte Hubertus Heil. Sollte Mut machen. Klang aber nach Hartz V.

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