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Apple: Was steckt hinter dem Phänomen Steve Jobs?

Er hat Apple gegründet und groß gemacht. Nun verlässt Steve Jobs die Konzernspitze.

So manches Dementi stellt sich später als Bestätigung heraus: Vor wenigen Tagen kündigte die US-Buchhandelskette Barnes & Noble an, dass die Veröffentlichung der ersten und einzigen von Steve Jobs autorisierten Biografie auf November vorverlegt werde. Alle bisherigen Biografien waren vom Apple-Chef torpediert oder zurückgehalten worden. Kurz darauf sagte der Autor der neuen Biografie, „Times“-Journalist Walter Isaacson, die Vorverlegung habe nichts mit der Verschlechterung von Jobs’ Gesundheitszustand zu tun. So nah wie er war kein anderer Journalist dem schwer kranken Firmenchef in den letzten Monaten gekommen. Für seine Recherchen hatte er nicht nur mit Apple-Mitarbeitern, Familienmitgliedern, Freunden und Konkurrenten gesprochen, sondern auch über 40 Interviews mit Jobs geführt. Am Mittwochabend nun gab Jobs den Rückzug vom Vorstandsvorsitz bekannt, wiederum ergänzt um das Statement aus dem Unternehmen, dies sei nicht als Hinweis auf eine plötzliche Verschlechterung von Jobs’ Gesundheitszustand zu sehen.

Warum gibt Steve Jobs die Führung ab?

Das Ende von Steve Jobs’ Zeit als aktiver Lenker von Apple zeichnete sich seit längerem ab. 2004 wurde er wegen einer lebensbedrohenden Bauchspeicheldrüsenkrebs-Erkrankung operiert. Im Frühjahr 2009 unterzog sich Jobs einer Lebertransplantation, bei jedem öffentlichen Auftritt wurden die Veränderungen stärker sichtbar. In beiden Fällen wurden Apple-Fans, Aktionäre und Analysten erst viel später über die Art der Erkrankung informiert. Ende Januar 2011 zog sich der Apple-Mitbegründer erneut aus gesundheitlichen Gründen aus dem Tagesgeschäft zurück. Auch diesmal ohne Angabe genauerer Gründe.

„Ich habe immer gesagt, dass wenn jemals der Tag kommen sollte, an dem ich nicht länger meine Aufgaben und Erwartungen als CEO von Apple erfüllen kann, ich der Erste wäre, der Euch das wissen lässt“, teilte der 56-Jährige nun dem Apple-Aufsichtsrat und seinen Mitarbeitern mit. „Leider ist dieser Tag gekommen.“ Künftig möchte er als Aufsichtsratsvorsitzender Apple behilflich sein. „Ich glaube, dass die besten und innovativsten Tage noch vor Apple liegen. Und ich freue mich darauf, den Erfolg von Apple in einer neuen Rolle zu sehen und dazu beizutragen“, schließt Jobs die Mitteilung.

Wie wurde Jobs so erfolgreich? Lesen Sie weiter auf Seite 2.

Wie wurde er so erfolgreich?

Steve Jobs’ Leben war alles andere als eine reine Erfolgsgeschichte, und dies nicht allein wegen seiner Krebsleiden. Weil sich seine leiblichen Eltern den Unterhalt des Kindes nicht leisten konnten, wurde Steve Jobs kurz nach der Geburt im Jahr 1955 zur Adoption freigegeben. Später brach Jobs sein Studium bereits nach kurzer Zeit ab. Auch sonst war beim heranwachsenden Jobs von seiner späteren Gradlinigkeit – außer bei seinem Interesse für Kalligrafie und Buddhismus – wenig zu erkennen. Sein Gespür für technische Entwicklungen zeigte sich Mitte der 70er Jahre. Ein halbes Jahrzehnt, bevor IBM den Personal Computer auf den Markt brachte und damit den Siegeszug von Bill Gates und Microsoft einleitete, hatten Jobs und der Hewlett-Packard-Mitarbeiter Steve Wozniak das Bedürfnis vieler Menschen nach bezahlbaren Kleincomputern erkannt. Zusammen bauten sie 1976 den Apple I, einen Computer in Bausatzform ohne Tastatur, Bildschirm und Netzteil. Der kommerzielle Erfolg setzte 1984 ein mit dem Macintosh. Mit integriertem Bildschirm, Maus und grafischer Benutzerführung zeigte Jobs mit dem Ur-Mac, dass Computer auch von Nichttechnikern einfach zu handhaben sein können.

Kaum ein Jahr später folgte der schwerste berufliche Rückschlag. Der von ihm ins Unternehmen geholte frühere Pepsi-Cola-Manager John Sculley setzte sich im Streit über die richtige Zukunftsstrategie gegen Jobs durch und drängte den Unternehmensgründer aus der eigenen Firma. Jobs gründete daraufhin das Computerunternehmen NeXT, dessen Hard- und Software zwar in Wissenschaftskreisen anerkannt war, aber wirtschaftlich nur bedingt erfolgreich blieb. Ganz im Gegensatz zu Jobs’ Engagement beim Trickfilmstudio Pixar („Toy Story“, „Findet Nemo“): Jobs kaufte es für fünf Millionen Dollar, 2006 übernahm Disney Pixar für über sieben Milliarden Dollar. Apple geriet ohne Jobs in eine gefährliche Schieflage und hatte der Allianz von Windows und Intel immer weniger entgegenzusetzen. Dies änderte sich erst 1997, nach Jobs Rückkehr ins Unternehmen.

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Funktioniert Apple auch ohne Steve Jobs?

Apples Erfolg hat nie allein auf Jobs’ Wirken beruht. Er hat es immer verstanden, die richtigen Leute an sich zu binden. Am Erfolg von Apple nach seiner Rückkehr hat der britische Designer Jonathan Ive großen Anteil. Mit dem von Ive entwickelten und von Steve Jobs geförderten iMac kehrte der Erfolg zu Apple zurück. Ive prägte später das Aussehen von iBook, iPod, iPhone und iPad. Jobs selbst wurde in den Medien zum „iGod“ erhoben, der mit seinen Produkten die Post-PC-Ära eingeleitet hat.

Bereits bei der ersten Blüte von Apple hatte Jobs auf die richtigen Mitstreiter gesetzt. Der Mac war von Jef Raskin und seinem Team mitentwickelt worden. Die Bedeutung Raskins wurde im Namen des ungewöhnlichen Computers verewigt: der Macintosh ist nach Raskins Lieblings-Apfelsorte McIntosh benannt worden.

Steve Jobs wurde derweil zum Anti-Gates. Während der Microsoft-Chef zu seinen aktiven Zeiten bei vielen Konkurrenten und Kreativen auf Ablehnung stieß, blieb Jobs die Lichtgestalt. Hier der Nerd mit der Brille, dort der Visionär, der mehr als eine technische Revolution in Gang gesetzt hat. Selbst die Vorwürfe von Aktienbetrug und Drohungen gegen Konkurrenten blieben an Jobs nicht haften. Zwar gab es in einigen Ländern Versuche, Apples Marktmacht zu beschränken, doch anders als bei den Kartellverfahren in den USA und Europa gegen Microsoft bestand bei Apple nie die Gefahr einer Zerschlagung.

Dabei hatten viele visionäre Apple-Produkte Vordenker außerhalb des Unternehmens. Die Computermaus und die grafische Oberfläche waren bei Xerox erdacht worden, Apple hat sie massenmarkttauglich gemacht. Der iPod ist nicht der Urvater aller MP3-Player, und weder iPhone noch iPad haben ihre Gattungen begründet. Tatsächlich war Bill Gates der eigentliche Wegbereiter der Tablet-PCs – die er jedoch weniger zur Unterhaltung im Wohnzimmer, sondern für den produktiven Einsatz gesehen hatte.

Über den Mensch Steve Jobs ist hingegen weniger bekannt, hier könnte Isaacsons Biografie aufschlussreich werden. Jobs gilt als ungeduldig, seine Dominanz war auch bei Apple immer gefürchtet. Er gilt als kompromisslos bei der Erreichung der vorgegebenen Ziele. Zugleich gilt der geniale Vermarkter Jobs als bescheidener Mann, ein Image, das er mit Blue Jeans und schwarzem Rollkragenpullover immer wieder unterstrichen hat. „Ich bin in der Mittelklasse aufgewachsen und habe mich nie besonders für Geld interessiert“, sagte er einmal. Auch sein Ein-Dollar-Honorar passte zu diesem Bild. Allerdings hielten ihm einige Beobachter seinen 35 Millionen Dollar teuren Privatjet entgegen, mit dem er sich zu den Veranstaltungen bringen lässt.

Während Steve Jobs die Umsetzung der Visionen andern überlässt, verfolgte er immer größere Ziele: Mit dem iPod und dem Musik-Store iTunes krempelte er seit 2001 die Musikbranche um. Im Smartphone-Markt hat er alteingesessene Marken wie Nokia übertrumpft, und bei Tablet-PC gibt Apple den Takt an. Mitunter könnte vergessen werden, dass Apple noch Mac-Computer herstellt.

Ein anonymer Apple-Manager betonte im „Wall Street Journal“, dass Jobs nicht abrupt aussteigen werde. Er wolle sich an der Entwicklung künftiger Schlüsselprodukte und an strategischen Weichenstellungen beteiligen und ein „aktiver Verwaltungsratschef“ sein. Oder wie Jobs es im Jahr 2008 in Anlehnung an ein Mark-Twain-Zitat formulierte: „Die Gerüchte über meinen Tod sind stark übertrieben.“

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