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Walfang

© dpa

Arte: Jagdzeit: Eine gelungene Dokumentation

David gegen Goliath - Wettlauf gegen die Zeit, gegen das Geld, und gegen die Japaner: Der gelungene Dokumentarfilm „Jagdzeit“ begleitet das „Greenpeace“-Schiff „Esperanza“ von Beginn an, wie es die wochenlange Reise in die Antarktis antritt, um dort vor Ort den Walfang einzudämmen.

Es mögen tatsächlich Idealisten sein, die sich an Bord des „Greenpeace“-Schiffes „Esperanza“ befinden und auf eine lange Odyssee auf dem Meer begeben. 37 Mitglieder zählt die bunt gemischte, internationale Besatzung. Es geht zum südlichen Ende dieser Welt, in die Antarktis. Dorthin, wo japanische Fangflotten alljährlich etwa 900 bis 1000 Wale abschlachten, unter dem nicht allzu wasserfesten Schutzmantel der Wissenschaft, steht doch auf den monumentalen Walverarbeitungsschiffen, die im Südpolarmeer umherfahren, der euphemistische Schriftzug „Research“. Doch die getöteten Wale werden noch an Bord zu Sushi und anderem verarbeitet und gelangen auf die Teller japanischer Restaurants - eine Fabrik auf Wasser. Das Team der „Esperanza“ will dieses brutale Abschlachten verhindern. Dazu setzen sie schließlich auch Schlauchboote ein, um die Harpunen-Jagd irgendwie zu blockieren. Unter der Ägide von Kapitän Frank kämpfen hier drei Dutzend Menschen einen Kampf, der womöglich von vorneherein als relativ aussichtslos gelten mag.

Angesichts vielfältiger aktueller dokumentarischer Arbeiten über vergangene und gegenwärtige Kriege entsteht der Eindruck, dass es de facto rund um diesen Erdball brennt. Und diese Kriegsschauplätze, sie können im übertragenen Sinne auch auf andere Art stattfinden: So zeigt die Filmemacherin Angela Graas in ihrem Dokumentarfilm „Jagdzeit - Den Walfängern auf der Spur“ die krude deprimierende Realität, die sich alljährlich in der abgelegenen Antarktis abspielt. Ein Dokumentarfilm über den Walfang. An und für sich nichts Besonderes, so mag man meinen, noch eine dieser unzähligen Natur-Dokus. Doch Graas´ abendfüllender Film „Jagdzeit“ vermag es, einen emotional aufgeladenen Spannungsbogen aufzubauen, der den Zuschauer insbesondere in der zweiten Hälfte nicht loslässt.

Der Dokumentarfilm - im Übrigen von „Greenpeace“ nicht finanziert oder inhaltlich beeinflusst - begleitet das „Greenpeace“-Schiff „Esperanza“ von Beginn an, wie es die wochenlange Reise in die Antarktis antritt, um dort vor Ort den Walfang einzudämmen. Es ist ein David gegen Goliath. „Greenpeace“ kann nur präsent sein, und die Japaner zeitweilig am Fischen und seriellen Töten hindern, doch irgendwann müssen sie umdrehen, die Ressourcen gehen ihnen aus, das teure Benzin wird knapp, die „Esperanza“ droht sonst, auf dem Meer liegen zu bleiben. Es ist daher ein doppelter Wettlauf mit der Zeit, und die Japaner setzen alles daran, mit ihrer Flotte auszuweichen, der direkten Konfrontation mit „Greenpeace“ auszuweichen. Spätestens, wenn die „Esperanza“ umkehren muss, setzen die Japaner ihr brutales Abschlachten ungehindert fort. Und die Weltöffentlichkeit sieht teilnahmslos zu.

„Jagdzeit“ ist in äußerst ruhigen Bildern gehalten (Kamera: Alberto Venzago), die, wenn sie das ewige Eis und das tiefblaue Meer zeigen, durchaus etwas Kontemplatives haben. Die Sequenzen, in denen sie den Walen näher kommt, haben beinahe etwas Anrührendes. Zugleich geht Angela Graas den einzelnen Crewmitgliedern in kleinen individuellen biographischen Skizzen nach, zeichnet ihre Ängste ob der Gefahr dieses Unternehmens nach, aber auch ihre Wünsche und Anliegen. Dass das Abtöten und mechanisch-serielle An-Bord-Ziehen der Wale auf einen der „Research“-Riesen schließlich nur kurz gezeigt wird, reicht bereits vollkommen aus. Es ist ein Vorgang, der dem Zuschauer den Atem stocken lässt. Ein Vorgang, gegen den niemand etwas unternimmt. Bis auf die kleine „Esperanza“. Und bis auf „Jagdzeit“, nun.

„Jagdzeit - Den Walfängern auf der Spur“; Arte, 20 Uhr 15

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