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Auf der ZDF-Couch: Lena gruselt's, Klitschko klampft

„Wetten, dass..?“ aus Hannover: Die Gäste in schwarz-weiß, der Moderator mit akuter Rechenschwäche. Doch Routinier Thomas Gottschalk weiß: „Die Leute gucken zu“, immerhin mehr als bei RTL-"Supertalent" Dieter Bohlen. 

„Wetten, dass..?“ – Samstagabend im ZDF. Wenn noch jemand nach einem Videobeweis gesucht haben sollte, dass man im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mit Geld umgehen kann, dann hat ihm oder ihr Thomas Gottschalk am Samstagabend bei „Wetten, dass..?“ den Gefallen getan. Eine chinesische Wettkandidatin hatte vorgeführt, wie man in zwei Minuten vier dicke Packen mit 20-Euro-Scheinen zählt, als es Gottschalk weder allein noch mithilfe seiner Assistentin Michelle Hunziker gelang, die Gegenprobe zu machen. „Ruhig jetzt“, grummelte Gottschalk in die Runde, so als ob das bei Finanzministern jetzt so üblich ist. Damit die bunte Show nicht vollends in Stocken kam, musste die Wettkandidatin beim Nachzählen helfen. Zum Glück waren die Fähigkeiten der Chinesin so über alle Zweifel erhaben, dass der Ausgang der Wette auch so feststand. Immerhin verliert Gottschalk seinen Humor nicht so schnell. „Es ist wie bei Raab. Es dauert ewig, aber die Leute gucken zu.“ Doch auch an dem Routinier Gottschalk ist der Vorfall nicht spurlos vorübergegangen. Als am Ende der Sendung der Wettkönig gesucht werden sollte, hatte Gottschalk die Geldwette erfolgreich verdrängt: „Lassen Sie uns nun den Wettkönig ermitteln, denn es haben ja nur Männer mitgemacht“, forderte er das TV-Publikum auf.

Zu anderen Zeiten führten leichte Rechenschwächen und Erinnerungslücken bei Gottschalk höchstens dazu, dass er die Sendezeit komplett vergaß, während er diese Sendung gerade mal um 25 Minuten überzog. Dafür gab es kaum einen Gast auf seinem Sofa, bei dem Gottschalk nicht mit seinem eigenen Alter kokettierte. Beim 17-jährigen US-Jungstar Miley Cyrus, die mit ihrem neuen Song „Who Owns My Heart“ das Programm „Das ZDF soll jünger werden“ unterstützte, war dies noch am verständlichsten. „Ich kannte schon ihren Vater Billy Ray“, erzählte ihr der 60-jährige Moderator. „Du kommst in die Jahre“, darf Atze Schröder den Moderator aufziehen. Und mit Smudo und Thomas D. von den Fantastischen Vier, die mit ihrer neuen Tour „Für Dich Immer Noch Fanta Sie“ auf zwanzig Bühnenjahre zurückblicken, werden Anekdoten ausgetauscht. Wie abgesprochen passt dazu die Kleidung der Gäste: Die Farben vorwiegend schwarz und weiß, eventuell ein dunkles Jeans-Blau. Selbst Gottschalks Anzug blieb trotz breiter Borten ungewohnt gedeckt. Nur die Blue Man Group brachte etwas Farbe ins Programm. Dafür gab es weder extravagante Gäste noch peinliche Wetten, auch wenn Lena bereits beim Zusehen flau wurde, als ein Wettkandidat erfolgreich Kakteenarten mit der Zungenspitze ertastete.

Neue Seiten gab es einige zu entdecken. Natalia Klitschko kann zum Beispiel herzzerreißend Romanzen singen. Und Vitali Klitschko klampft dazu. Gottschalk war freilich stärker davon beeindruckt, wie der Boxer mit seinem letzten Kampf 14 Millionen Zuschauer mitten in der Nacht vor den Fernseher gelockt hat. „Ich kann mich noch gut an das Gefühl erinnern“, scherzte der Entertainer. Jedes Mal, wenn seine Quoten wieder unter der Zehn-Millionen-Marke bleiben, wird die Moderatorenfrage schließlich noch lauter gestellt. Mit 8,4 Millionen Zuschauern scheiterte Gottschalk in Hannover erneut an der Marke. Aber immerhin setzte er sich im Quotenduell gegen „Supertalent“ Dieter Bohlen auf RTL knapp durch, der 7,7 Millionen Zuschauer vor dem TV-Gerät versammelte.

Der älteste Wettkandidat war übrigens 74 Jahre alt. Von den 1000 Kerzen, die er mit seinem gigantischen Lungenvolumen in zwei Minuten ausblasen wollte, blieben am Ende zwar zwei, drei brennen. Das Fernsehpublikum setzte im dennoch an diesem Abend die Wettkrone auf. Das hatte weniger mit einem Altersbonus zu tun als mit der Leistung. So wie bei Gottschalk. Kurt Sagatz

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