AUGEN ringe: Verkrampfter Talk
Die Olympia-TV-Kolumne über Lümmel in der ersten Bank.
Das Studio der Öffentlich-Rechtlichen in Vancouver dominiert ein Möbel, wechselweise rot oder ZDF-orange bezogen, das aussieht, als sei’s das Schnäppchen von einem Flohmarkt für Gegenstände aus den 70ern. Darauf nehmen die Moderatoren Platz und empfangen meist erfolgreiche Wintersportler. Dann beginnt ein Gespräch in entspannter Atmosphäre. Zumindest ist das so vorgesehen. Doch oft missrät das Tête-à-Tête. Es liegt zum Teil daran, dass Moderatoren mit langen Beinen auf dem Sofa nicht so recht manierlich anzusehen sind. Michael Antwerpes ist so ein Geschundener. Der Mann lümmelt in Querhaltung und wirkt wie einer, dem alles ziemlich egal ist. Die gepolsterten Rückenstützen des öffentlich-rechtlichen Sofas erreichen eine Höhe von, geschätzt, 25 Zentimetern. Das ist augenscheinlich unbequem. Gelassen anlehnen kann man sich nicht, also legt jedermann die Ellbogen nach hinten, was eine unnatürliche Streckung des Oberkörpers bewirkt. Man sieht dann aus wie, pardon, ein Primat, der sich anschickt, mit den Fäusten die Brust zu betrommeln.
Und erst die Tortur der Frauen. Die wissen nicht, wohin mit den Armen, wohin mit den Beinen. Sexy überkreuzen, das geht irgendwie nicht. Immer wieder sind die Athletinnen zu beobachten, wie sie während des Gesprächs die unteren Gliedmaßen nervös verschieben. Mal nach links, mal nach rechts. Gut, dass Wintersportlerinnen lange Hosen tragen. So stellt sich das Problem ungewollter Einsichten nicht. Alle werden sie froh sein, wenn sie das Möbel wieder verlassen können. Nur die Moderatoren müssen ausharren und schon mal Termine beim Physio für die Zeit nach Olympia buchen. Ein Schmerzensgeld haben sie verdient für die Fron. Und Verständnis dafür, dass bei derartigem Couching nicht nur Muskeln sondern auch Gedanken verkrampfen. Detlef Vetten
Detlef VettenD
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