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© dpa

Aus Kostengründen: 23, 22, 21, 20…immer weniger Drehtage

Um Kosten zu sparen, müssen Regisseure mit immer weniger Drehtagen auskommen. Darunter leidet auch die Qualität der Filme.

„Kunst ist schön“, wusste schon Karl Valentin, „macht aber viel Arbeit.“ Viel Arbeit heißt viel Zeit, und Zeit ist Geld. Damit ist ein Dilemma auf den Punkt gebracht, über das Regisseure und Produzenten gleichermaßen klagen: Die Sender wollen Filme von hoher Qualität, sind aber nicht bereit oder in der Lage, das dafür notwendige Geld zur Verfügung zu stellen. Der Kostendruck bei den Sendern ist laut Teamworx-Chef Nico Hofmann („Dresden“) „enorm, das merkt man bei allen Produktionen. Man ist zu höchster Kosteneffizienz gezwungen“.

Während bei den prestigeträchtigen „Event-Movies“ kaum Abstriche zu befürchten sind, klagen die Regisseure vor allem über die Bedingungen beim Alltagsfernsehen: Für einen durchschnittlichen TV-Film, sagt Grimme-Preisträger Friedemann Fromm („Unter Verdacht“, „Die Wölfe“), „hatte man früher dreißig Tage Zeit. Heute sind 23 Tage schon fast ein Luxus.“ Seit Jahren seien zudem die Etats eingefroren, „de facto steht einem also weniger Geld zur Verfügung. Jetzt ist eine Grenze erreicht, die nicht überschritten werden sollte“.

Genau das aber geschieht längst. Fromm weiß von Versuchen, die Zahl der Drehtage auf 19 zu reduzieren, und natürlich finden sich Regisseure, die dazu bereit sind. Fromm hat schon erlebt, „dass es für eine Produktion Fördergelder gab und der Sender diese Summe gleich wieder vom eigenen Geld abgezogen hat.“ Niki Stein („Der große Tom“), Vorstandsmitglied im Bundesverband Regie (BVR), bestätigt Fromms Einschätzung: „Einige Regisseure sind dafür bekannt, dass sie weniger als zwanzig Tage brauchen, aber das sieht man ihren Filmen auch an. Sollte das zum Trend werden, wäre das der Tod des seriösen Fernsehspiels.“ Für Stein sind 23 Drehtage für einen normalen Fernsehfilm das Minimum, „es ist ohnehin erstaunlich, wie hoch die Qualität in der Regel trotzdem ausfällt“.

Miguel Alexandre sieht die Untergrenze bei 24 Tagen, „weitere Kürzungen gehen unvermeidlich zulasten der Qualität. Aber auch bei 24 Drehtagen muss man ganz schön rödeln.“ Alexandre wird gern für „Event“-Projekte verpflichtet („Störtebeker“, „Die Frau vom Checkpoint Charlie“, zuletzt „Die Patin“). Umso schwieriger sei es, sich anschließend wieder an die üblichen Bedingungen zu gewöhnen: „Ich würde lieber auf Details bei der Ausstattung verzichten, wenn ich dafür mehr Drehtage hätte. Auf der anderen Seite: Kulissen, die nach Pappmaché aussehen, will ich natürlich auch nicht.“

Der zunehmende Kostendruck führt einige Produzenten offenbar in Versuchung. Stein und Alexandre bestätigen Gerüchte, Regisseuren seien schon Bonuszahlungen versprochen worden, wenn sie mit weniger Drehzeit auskämen. Alexandre verurteilt solche Maßnahmen: „Das wäre Betrug, denn bei der Kalkulation eines Budgets wird ja auch die Drehzeit miteinbezogen.“ Zwar nicht illegal, aber trotzdem nicht die feine Art ist eine andere Praxis, von der ein Insider berichtet: „Manche Produzenten spielen nicht mit offenen Karten und verheimlichen beim Budget 100 000 Euro, weil Sie glauben, den Regisseur auf diese Weise disziplinieren zu können.“ Auch dafür hat Stein kein Verständnis: „Jeder weiß doch, was so ein Film kostet. Regisseure und Produzenten sollten eigentlich im selben Boot sitzen.“

Das tun sie in der Regel auch. Nico Hofmann hält von Mauscheleien ohnehin nichts („hochgradig illegal“). Teamworx hat bislang rund 160 Filme hergestellt. Laut Hofmann gab es noch nie Probleme: „weil sich alle Seiten immer an die Verabredungen gehalten haben. Das wird sehr offen besprochen, daher hat mich auch noch niemand aufs Kreuz gelegt.“ Reinhold Elschot, neuer Fernsehfilmchef des ZDF, erwartet von den Produzenten ohnehin mehr Eigeninitiative: „Natürlich ist nie genug Geld da für das, was man sich vorstellt, aber ein guter Produzent ist kreativ genug, Idee und Budget übereinzubringen.“

Die Entwicklung wird sich eher noch verschärfen, glaubt Gebhard Henke, Fernsehfilmchef des WDR: „Es wird in absehbar Zeit sicher nicht mehr Geld für das durchschnittliche TV-Movie geben. Da gleichzeitig die Kosten steigen, verringern sich die Budgets faktisch.“ Henke sieht Sparpotenzial, etwa bei den „unverhältnismäßig hohen Gagen“. Die Alternative, wie sie Elschots Vorgänger Hans Janke formulierte, wird allen Beteiligten noch weniger gefallen: „Zehn Produktionen fressen die elfte auf.“ Die Produzenten haben den Sendern bereits angeboten, sich stärker an den Kosten zu beteiligen, wenn sie im Gegenzug die DVD- oder die Weltrechte an einem Film erhalten.

Für Produzentin Regina Ziegler ist das Thema übrigens nichts Neues: „Vielleicht muss man das Geschäft schon eine Weile machen, um sich an die Berge und Täler zu gewöhnen. Ich kämpfe eigentlich immer um jedes Budget.“

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