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Medien: Ausgespielt

Musiksender Viva in Köln: Mitarbeitern droht die Entlassung, dem Programm die Ausdünnung

Im Programm des Kölner Musiksenders Viva tummeln sich heute die Stars: Jeannette, Overground, Orange Blue, Loona und andere Pop-Größen treten bei der vor einer Woche produzierten Show „Your Stars For Christmas“ (heute 14 und 22 Uhr 15, morgen 18 Uhr) auf. Im Sender hält sich die Weihnachtsstimmung dagegen in Grenzen. Nach der Viva-Übernahme durch den Viacom-Konzern im Sommer droht dem Standort Köln offenbar die Schließung. Von den 290 Mitarbeitern werden wohl fast alle ihren Arbeitsplatz verlieren, erklärte der Betriebsratsvorsitzende Thomas Diekmann. Nur 20 bis 30 könnten am Sitz des ebenfalls zu Viacom gehörenden Konkurrenten MTV in Berlin weiterbeschäftigt werden. Somit blieben in Köln allein die 240 Mitarbeiter der Viva-Tochter Brainpool übrig.

Eine offizielle Bestätigung gab es allerdings bisher nicht, auch nicht bei einer Betriebsversammlung am Donnerstag. Und Diekmann („Berlin redet mit uns ja gar nicht“) erklärt auf Nachfrage, dass er selbst keine entsprechenden Zahlen vorliegen habe. „Das sind erst mal Vermutungen und Rückschlüsse nach vielen Gesprächen mit Mitarbeitern.“ Zum Teil bestünden aber gar keine anderen Möglichkeiten. Am Berliner MTV-Standort sei eben nur noch Platz für 20 bis 30 Mitarbeiter.

So klingen die Zahlen zwar etwas aus der Luft gegriffen, aber Indizien für einen radikalen Umbau des 1993 gegründeten ersten deutschsprachigen Musiksenders gibt es reichlich. Bereits Anfang des Monats mochte Catherine Mühlemann, die designierte Chefin der neuen Senderkette MTV/Viva, in einem Interview einen Stellenabbau nicht ausschließen. In Köln gibt es bereits jetzt Mitarbeiter, „die seit Monaten nichts mehr zu tun haben“, sagt Diekmann. Die Verkaufsabteilung sei bereits lahmgelegt worden, deren Arbeit werde nun in Berlin erledigt. Die sonst im Oktober übliche Budget-Absprache der einzelnen Redaktionen hätte nicht stattgefunden. Die Verunsicherung ist groß.

Die Geschäftsführung dagegen verweist auf eine außerordentliche Hauptversammlung im Januar. Erst wenn dort ein Beherrschungsvertrag beschlossen sei und ins Handelsregister eingetragen werde, wolle Viacom seine Pläne offen legen. Wohin die Reise geht, ist in groben Zügen bekannt. Alle vier Sender (Viva, Viva plus, MTV, MTV2 pop) bleiben angeblich erhalten, müssen aber wirtschaftlich erfolgreicher arbeiten und sich dem populären Musikgeschmack annähern. „Wir müssen Angebote machen, die dem Unterhaltungsverständnis unserer Zielgruppe entsprechen“, sagt Catherine Mühlemann im Interview mit dem Magazin „promedia“ und nennt in einem Atemzug „Mode“ und „Lifestyleprodukte“.

Sperrige Formate werden abgewickelt: In den vorläufigen Sendeplänen, mit denen Viva bei der Werbewirtschaft für sein Programm 2005 Reklame macht, tauchen die wenigen verbliebenen musikjournalistischen Sendungen wie „Fast Forward“ und das HipHop-Magazin „Mixery Raw Deluxe“ nicht mehr auf. Was aus der „Fast Forward“-Moderatorin Charlotte Roche wird, ist offen: Sie solle der Senderfamilie erhalten bleiben, heißt es nur. „Interaktiv“ wird ebenfalls gestrichen. Auch von der erst im August gestarteten „Sarah Kuttner Show“ war nicht mehr die Rede. Nun heißt es plötzlich wieder, die Show werde fortgesetzt, jedoch nur mit zwei Sendungen pro Woche. Aber auch darauf möchte eine Sprecherin des Senders nicht mehr wetten.

Es geht ziemlich drüber und drunter am Rhein – ein weiteres Kapitel gescheiterter Medien-Standortpolitik. Und ein trauriger Abgesang für Viva-Gründer Dieter Gorny, der von der Musikfachzeitschrift „Spex“ wegen seiner hervorragenden Kontakte zur Düsseldorfer Landesregierung mal als „sozialdemokratischer Medienmogul“ bezeichnet wurde. Lang ist’s her.

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