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Ballack-Knöchel: Keiner schwitzt schöner

Knöchel hin, Knöchel her, Michael Ballack bleibt die Werbe-Ikone für die WM. Auftritt als TV-Experte?

Michael Ballack hechtet die Rolltreppe herunter, drängelt sich an Passagieren vorbei und schafft es gerade noch rechtzeitig durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen, nachdem bereits per Lautsprecher gemahnt wurde: „Letzter Aufruf für Michael Ballack nach Johannesburg.“

Seit knapp einer Woche läuft dieser Spot, in dem Ballack für ein Deodorant des Kosmetikherstellers L’Oréal wirbt, im Fernsehen. Auch am Montagabend wurde er gezeigt – fast gleichzeitig wurde in Nachrichten und Sondersendungen berichtet, dass Ballack wegen seiner Fußverletzung nicht mehr nach Johannesburg fliegen wird. Zumindest nicht als Spieler im Team der deutschen Nationalmannschaft für die Fußball-Weltmeisterschaft, die am 11. Juni in Südafrika beginnt. Für Ballack ist dieses WM-Aus nicht nur in sportlicher und persönlicher Hinsicht eine Katastrophe, sondern auch aus finanzieller Sicht nicht erfreulich: Ihm drohen Verluste in siebenstelliger Höhe durch entgangene Sponsorengelder und Prämien, die er bei einer erfolgreichen WM hätte einstreichen können.

Doch Ballacks Wert als Werbefigur scheint durch den WM-Ausfall nicht gesunken zu sein. „Michael Ballack hat jetzt alle Sympathien auf seiner Seite und wird noch mehr zur Identifikationsfigur“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Sie ist eines der sechs Unternehmen, für die Ballack wirbt. Sie alle wollen an ihren Kampagnen mit Ballack festhalten, für Werbeexperte Constantin Dudzik, Geschäftsführer von Scholz & Friends Berlin, ist das nicht erstaunlich: „WM-Teilnahme hin oder her, Michael Ballack ist und bleibt der Deutschen liebster Fußball-Held – ein kleines gerissenes Band im Knöchel kann die starke Bande zwischen ihm und den deutschen Fußballherzen nicht schwächen. Und gerade das macht ihn als Werbefigur so wertvoll.“

Michael Ballack, der beim englischen Verein FC Chelsea engagiert ist und für Deutschland bisher 98 Länderspiele bestritt, ist der begehrteste Spieler aus der deutschen Elf, was sich in seinen Einnahmen widerspiegelt. Mit einem geschätzten Einkommen von jährlich acht Millionen Euro zählt ihn das amerikanische „Forbes“-Magazin als einzigen Deutschen unter die Top-20-Verdiener der Fußball-Profis weltweit. Dass Ballack so begehrt ist, dürfte nicht nur an seiner herausragenden sportlichen Leistung liegen, sondern auch an seinem Image als (gut aussehener) Saubermann. Im Gegensatz zum Privatleben einiger seiner Kollegen gibt seines keine Schlagzeilen her.

„Unabhängig von seiner sportlichen Karriere ist es vor allem seine natürliche, ehrliche Art, die uns sofort begeistert hat und ihn auch außerhalb des Platzes zu einer starken Persönlichkeit macht. Ob als Führungspersönlichkeit auf dem Platz, als Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft oder als Führungsspieler des FC Chelsea – mit seiner erfrischend modernen Ausstrahlung ist er für uns der ideale Sympathieträger“, sagte Kenneth Campbell, Geschäftsleiter von L’Oréal Paris nach dem Engagement Ballacks für die Kosmetikmarke. An der Deodorant-Werbekampagne mit Michael Ballack will das Unternehmen festhalten. Sie stehe nicht im direktem Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft, sondern sei produktbezogen. Auch das Online-Reiseportal ab-in-den-urlaub.de und die Commerzbank wollen ihre Kampagnen mit Ballack fortsetzen, ebenso Adidas. „Neben vielen weiteren internationalen Spielern wie Lionel Messi und David Villa ist und bleibt er einer der Hauptdarsteller in unserer Kampagne zur Fußball-Weltmeisterschaft. Wir stehen zu Michael Ballack. Er spielt in unseren Kommunikationsaktivitäten eine wichtige Rolle“, teilte ein Sprecher des Sportartikelherstellers mit.

Constantin Dudzik glaubt, dass Ballacks Wert noch steigen könnte. „Angesichts seiner zahlreichen Auftritte als Profifußballer, Privatmann und Werbefigur lief er unter Umständen eher Gefahr, zur inflationären Werbewährung zu werden. Weniger Präsenz könnte seinen Aufmerksamkeitswert kurzfristig sogar steigern.“ Und anders als bei vorsätzlichem Verhalten wie wilder Trunkenheit oder den Drogenexzessen zahlreicher anderer Promi-Testimonials, gegen das sich die werbenden Unternehmen in der Regel absicherten, treffe Ballack keine Schuld. „Menschen sind keine Maschinen und der Einsatz von Testemonials birgt immer auch ein Restrisiko“, sagte Dudzik.

Tatsächlich mussten die Deutsche Bahn und L’Oréal ihre Kampagnen mit Ballack nach der Verletzung leicht verändern. Für die Juni-Ausgabe des Magazins „DB mobil“ war ein Interview mit Ballack geplant, das nun erst einmal nicht in der geplanten Form gedruckt wird, wie ein DB-Sprecher sagte. Und L’Oréal musste den Deodorant-Werbespot umschneiden. Nun heißt es nur noch: „Letzter Aufruf für Michael Ballack.“ Der Zusatz „nach Johannesburg“ wurde gestrichen.

Wenn auch nicht als WM-Teilnehmer, so dürfte Ballack nach Südafrika jedoch mindestens als Zuschauer, Unterstützer seines Teams fliegen – und vielleicht sogar als TV-Experte. Interesse könnte bei Stationen bestehen, die die Fußball- WM übertragen: ARD, ZDF, der Privatsender RTL und der Pay-TV-Sender Sky.

RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer betonte, es gebe im Fußball keine Fünferkette. Gemeint ist, dass sich der Privatsender mit Günther Jauch, Florian König, Jürgen Klopp und Jürgen Klinsmann „allerbestens aufgestellt“ sieht. Käme Ballack dazu, müsste das Konzept der Zweierteams pro Spiel neu abgestimmt werden. Das sei schwierig, sagte Bolhöfer. RTL würde sich aber freuen, „Michael Ballack einmal als Gast während unserer WM-Berichterstattung in Südafrika begrüßen zu können“. Für die ARD sagte Sprecher Burchard Roever, dass es bisher keine Überlegungen gegeben habe. Sein ZDF-Kollege Thomas Stange sagte, ein mögliches Ballack-Engagement als Experte sei „im Moment kein Thema“

Carsten Schmidt, Sport-Vorstand beim Pay-TV Sky, will dagegen aktiv werden. Zwar stehe das Expertenteam mit Franz Beckenbauer an der Spitze, „selbstverständlich werden wir uns aber zu gegebener Zeit darum bemühen, Michael Ballack für das ein oder andere Statement während der WM zu gewinnen.“ Sky baut seine WM-Studios in München und in Südafrika auf. Ein Ballack-Engagement würde die Qualität und die Attraktivität der Sky-Berichterstattung steigern.

Die Senderverantwortlichen warten jetzt ab, was Ballack macht. „Wenn sich die Möglichkeit ergibt, werde ich sicher aber mal nach Südafrika fliegen“, sagte der Fußballer der Deutschen Presse-Agentur. Die Fernsehsender lauern schon.

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