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Medien: Ballexperte am Beckenrand

Für die ARD berichtet nun Tom Bartels über Schwimmen – Experte Hajo Seppelt hat das Nachsehen

Hajo Seppelt hat den Aufstieg von Franziska van Almsick vom zwölfjährigen Supertalent zum Superstar verfolgt. Er kennt alle Geschichten über Australiens Idol Ian Thorpe. Aber das ist normal für einen, der seit 14 Jahren für das ARD-Programm über Schwimmen live berichtet.

Tom Bartels hat viel über die Fußballbundesliga berichtet. Er hat mit Günter Jauch für RTL Skispringen moderiert. Er hat nie einen großen Schwimmwettbewerb live kommentiert.

Im August findet die Schwimm-EM statt. Am ARD-Mikrofon wird Bartels sitzen. Er wird in Kürze zur ARD wechseln. Seppelt darf nicht mehr, er wird ab Sommer Schwimmen nicht mehr live kommentieren. Die ARD-Sportchefs haben das am 30. Mai so beschlossen.

Eine erstaunliche Personalie also. Oder auch: „Ein herber Verlust für den RBB.“ Das sagt Hans-Jürgen Pohmann, der RBB-Fernsehsportchef. Seppelt gehört zur RBB-Sportredaktion. „Er ist bei Schaltkonferenzen nie groß kritisiert worden“, sagt Pohmann. Er hat für Seppelt votiert, vergeblich. Ein RBB-Mitarbeiter sagt: „Bei uns herrscht Ratlosigkeit. Wir erhalten Anrufe, in denen Leute sagen, dass sie das nicht verstehen.“

„Wir haben mit Tom Bartels einen hervorragenden Livereporter bekommen“, sagt Hagen Boßdorf, der ARD-Sportkoordinator. „Dem wollten wir im Sommer eine olympische Kernsportart geben.“ Sicher, Fachwissen im Schwimmen fehle Bartels. „Aber das lässt sich erarbeiten.“

Doch die Personalie Seppelt nährt auch einen Verdacht: Ein kritischer Geist soll diszipliniert werden. Seppelt gilt als einer der wenigen kritischen ARD-Reporter. Er spricht live über Doping im Schwimmen, und er beklagt intern den Kuschelkurs vieler Kollegen gegenüber sportlichen Größen. Im Prozess von Werner Franke gegen die ARD wurde das öffentlich: Der Dopingexperte Franke brachte im April, ohne Seppelts Wissen, eine private Mail des Reporters an einen Kollegen ins Verfahren ein. Seppelt beklagte darin den Umgang der ARD mit dem Thema Doping. Für Franke, der diese Zurückhaltung der ARD vorgeworfen hatte und deshalb verklagt wurde, Beweis für seine These.

Seppelt soll sich jetzt nur noch um Hintergrundberichte über Doping und Sportpolitik kümmern. Für Boßdorf der Beweis dafür, dass von Abstrafung keine Rede sein könne: „Er kann jetzt das machen, was er immer angemahnt hat. Er kann verstärkt über Dopingthemen berichten.“ Nur werden diese Dopingthemen wohl auf Drei-Minuten-Beiträge reduziert. Bei Live-Reportagen vom Schwimmen wird das heikle Thema nun wohl eher in den Hintergrund geraten. Seppelt sagt: „Ich habe das Gefühl, dass es auf eine kritisch-distanzierte Live-Kommentierung nicht mehr ankommt.“ Am 20. Juni beginnen die deutschen Schwimmmeisterschaften. Ob Seppelt dort berichtet, ist unklar. Zur gleichen Zeit entscheiden die ARD-Intendanten über eine Vertragsverlängerung von Hagen Boßdorf als ARD-Sportkoordinator. Derzeitige Tendenz: Er darf bleiben.

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