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Medien: Beste Nebenrolle

Alkohol spielt eine herausgehobene Rolle im deutschen Fernsehen. Zum Beispiel in Spielfilmen, Daily Soaps und Zeichentrickserien: Vom "Tatort" über "Verbotene Liebe" bis zu den "Simpsons" - bei mehr als zwei Drittel aller fiktionalen Sendungen ist Alkohol mit im Spiel.

Alkohol spielt eine herausgehobene Rolle im deutschen Fernsehen. Zum Beispiel in Spielfilmen, Daily Soaps und Zeichentrickserien: Vom "Tatort" über "Verbotene Liebe" bis zu den "Simpsons" - bei mehr als zwei Drittel aller fiktionalen Sendungen ist Alkohol mit im Spiel. Das fand eine Studie heraus, die die Hamburgische Anstalt für neue Medien (HAM) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Auftrag gegeben hatten. Hamburger Medienforscher haben dazu Vollprogramme wie ARD, Sat 1 oder RTL, den Ballungsraumsender Hamburg 1 und den Musikkanal Viva auf ihre Promillewerte hin untersucht. Demnach begegnen dem Zuschauer im Fernsehen durchschnittlich neun Szenen pro Stunde, in denen Alkohol zu sehen oder zu hören ist. Denn nicht nur im Fiction-Programm greift man häufig und gerne zur Flasche. Auch Informations- und Sportsendungen, Talkshows sowie Werbung und das Musikfernsehen scheinen heute ohne Alkohol nicht machbar.

Alleine im Informationsbereich weisen 45 Prozent aller Sendungen einen Alkoholbezug auf, wobei der höchste Anteil auf Boulevardmagazine und Dokumentationen entfällt. Beim Unterhaltungsprogramm, beispielsweise in Talkshows, ist die Verbindung von Alkohol und Humor auffällig. Junge Frauen plaudern vor allem über Alkohol-Erlebnisse mit Sekt und Wein, während Männer von ihren Biererfahrungen erzählen. Das entspricht weitgehend auch den Vorgaben der Werbebotschaften, die die Medienforscher unter die Lupe genommen haben: In der Fernsehwerbung für Bier und Hochprozentiges dominieren die Männer. Bei Wein- und Sektszenen hingegen ist das Verhältnis von Frauen und Männern ausgewogen.

Wichtig ist, dass Alkohol als Accessoire auch in Spots auftaucht, die nichtalkoholische Produkte bewerben. Und: Wie nicht anders zu erwarten, ist das Bild von Alkohol trinkenden Menschen in der Werbung durchweg positiv. Besonders alkoholbetont geht es in den Sparten Musik und Sport zu. Während im Musikprogramm vor allem Bier und Sekt von Jugendlichen konsumiert werden, dominieren im Sport ganz klar Bier und Spirituosen. Allerdings wird Alkohol im Sportfernsehen nur selten konsumiert, sondern beworben, zum Beispiel auf Banden in Stadien. In dieser Form ist er jedoch in über 90 Prozent aller Sportsendungen visuell präsent: Demnach sieht der Zuschauer in einer Stunde Sport über sieben Minuten Alkoholhinweise.

Schumi und Schimi haben Durst

"Ständig sehen wir Alkohol im Bild, darüber geredet wird aber so gut wie nie", erklärt der Medienforscher Uwe Hasebrink das Hauptergebnis der Studie "Alkohol im Fernsehen ... und wie Jugendliche damit umgehen". Also immer dann, wenn Schumi nach dem Rennen die Sektkorken knallen lässt oder Schimi seinen Ärger mit der Duisburger Polizei mit einem Bier runterspült, ist Alkohol auf Sendung, ohne das er zum Thema wird.

Der Hamburger Medienpädagoge Stefan Aufenanger hat Jugendliche Videofilme zum Thema Alkohol drehen lassen und sie den standardisierten Präsentationsformen im Fernsehen gegenübergestellt. Ein Ergebnis sah so aus: Die siegreiche Fußballmannschaft kommt nach dem Spiel in die Umkleidekabine zurück und wird zur Belohnung vom Trainer mit einem Kasten Bier empfangen. Der Spielführer schiebt den Kasten angewidert zurück und kontert: "Aber Trainer, das ist doch was für Amateure. Wir wollen was für Profis" - und spendiert seiner Mannschaft einen Wasserkasten. Das wäre doch mal eine neue Anregung, um für deutsches Wasser zu werben.

Stephan Alexander Weichert

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