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Medien: Bewegte Zeiten

Im Internet geht nichts mehr ohne Videos

Die Bilder lernen laufen im Internet und jeder will dabei sein: milliardenschwere Konzerne und unabhängige Kreative, Fernsehsender und Zeitungsverlage, die Werbewirtschaft sowieso. Das Videoportal Youtube zählt weltweit 100 Millionen Nutzer und ist verantwortlich für zehn Prozent des gesamten Datenverkehrs. Auch in Deutschland hat bereits jeder 20. aus der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen ein Video hochgeladen. Jeder dritte Europäer schaut regelmäßig Online-Videos, in den USA ist der Werbe-Umsatz im Umfeld von Web-Videos bereits auf 1,35 Milliarden Dollar angestiegen. „Jeder springt auf den Zug auf“, sagte Raghav Gupta von der amerikanisch-britischen Internet-TV-Plattform Brightcove beim „Transatlantischen Dialog“ der nordrhein-westfälischen Landesregierung und der Landesanstalt für Medien in Düsseldorf. Das Thema lautete: „The Show Must Go Online“. Aber wohin geht die Reise des Online-Fernsehens? Und wer kann sich am Ende das Ticket nicht leisten?

Gupta registriert zunehmend „Broadband Start-ups“, neu gegründete Firmen, die im Netz mit Bewegtbild-Portalen Nischenthemen besetzen und mehr als verlängertes Fernsehen bieten. Zu den spannendsten Start-ups in Deutschland zählt Hobnox, ein Portal, das zugleich soziales Netzwerk, Inhalteanbieter und Online-Dienstleister für Künstler sein will. Auf den gerade für den Grimme Online Award nominierten Hobnox-Seiten ist es möglich, Videoshows zu produzieren oder gemeinsam an Musik-Projekten zu arbeiten. „Wir wollen diejenigen ansprechen, die im Internet suchen, was sie im Fernsehen vermissen“, sagte Programmchef Yousef Hammoudah. Die Hobnox-Vision ist nicht eben bescheiden. Von einem internationalen Videoblogger-Netzwerk, dem „CNN von morgen“, sprach Hammoudah. Ein bisschen Selbstironie ist auch im Spiel, schließlich nennt sich die Hobnox-Redaktion CIA – Content Intelligence Agency.

Insgesamt wird die Bilderwelt allerdings unübersichtlich. Christian Zabel hat für eine Studie der Medienberatungsfirma HMR weltweit 770 Web-TV-Angebote gezählt. Die Motive sind unterschiedlich, selbst die Nato versucht sich im Netz als Fernsehmacher. Seit Anfang des Jahres seien fiktionale Online-Angebote „geradezu explodiert“, sagte Zabel.

Für die Anbieter hat Internet-TV vor allem einen Vorteil: Es ist rückkanalfähig. „Bei Plattformen sind nicht die Reichweiten interessant, sondern die Kundendaten“, sagte der Hamburger Werbefachmann Robert Krause. Als beispielhaft nannte er die Kampagne „My Black Is Beautiful“ von Procter & Gamble. Auf einer eigenen Online-Plattform tauschen sich Menschen mit dunkler Hautfarbe aus und liefern dem Konsumgüterkonzern so wichtige Erkenntnisse. Eine eigene Butter-Community im Netz zu gründen, sei für Lebensmittelhersteller dagegen weniger ratsam, meinte Krause. Auch im Internet ist nicht jede Nische erfolgversprechend.Thomas Gehringer

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