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Rethy

© dpa

Bildausfall: "Ärgerlichste anzunehmende Panne"

Für die Zuschauer war der Bild- und Tonausfall beim EM-Halbfinale Deutschland gegen Türkei äußerst lästig - und das ZDF ist ebenfalls sauer. Der Sender überprüft nun, ob er finanzielle Ansprüche gegen die Uefa geltend machen kann.

Die mächtige Uefa übte sich am Donnerstag mächtig im Kniefall für die Bild-und-Ton-Ausfälle beim EM-Halbfinale Deutschland gegen die Türkei am Mittwochabend. "Wir bedauern dies zutiefst. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände", sagte der Uefa-Geschäftsführer für Medientechnologie, Alexandre Fourtoy. Durch ein heftiges Gewitter ausgelöste Mikroausfälle von weniger als einer Millisekunde hätten das Stromversorgungssystem im Internationalen Broadcast Center (IBC) in Wien mehrfach zum Erliegen gebracht. Im ZDF wie auch bei den TV-Übertragungen vieler anderer Sender blieben während der zweiten Halbzeit die Bildschirme für bis zu 18 Minuten dunkel, verstummten die Kommentatoren.

ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz bezeichnete die Störung als "ärgerlichste anzunehmende Panne", die trotz 29,43 Millionen Zuschauer eine neue Rekordquote für eine Fernsehsendung in Deutschland verhindert hätte.

Das ZDF behalf sich am Mittwochabend mit dem Umstieg auf die Bilder des Schweizer Fernsehens SF 1, Kommentator Béla Réthy griff zum Telefon. Der ZDF-Mann kam rund fünf Sekunden vor dem Bild in die deutschen Haushalte. Das liegt daran, dass die Sprachübertragung ohne Komprimierung erfolgt. Zum Verständnis: Das Fernsehsignal wird in der Regel digital übertragen und muss an den verschiedenen Knotenpunkten jedes Mal "entpackt" und dann wieder "verpackt" werden.

Für die Produktion des sogenannten Weltbildes für die 31 EM-Spiele ist die extra gegründete Uefa-Tochterfirma Umet verantwortlich. Bei den vergangenen Turnieren hatte stets die Europäische Rundfunk-Union (EBU), deren Mitglieder ARD und ZDF sind, den sogenannten Hostbroadcaster gestellt und die Fernsehbilder produziert. Bei der Fußball-WM 2008 zeigt sich der Kontrollwahn der Uefa, die die Hoheit übers ausgetrahlte Bild besitzen will. Alle Radio- und Fernsehstationen, und damit auch ARD und ZDF, sind verpflichtet, das offizielle Fernsehsignal der Uefa aus dem IBC in Österreichs Hauptstadt zu übernehmen. Die ZDF-Koalition mit dem Schweizer Fernsehen SF 1, das zum Glück für die Fans über eine vom Stromausfall nicht betroffene Glasfaser-Direktverbindung zum Baseler Stadion verfügte, war streng genommen eine Vertragsverletzung.

Natürlich haben ARD und ZDF während der Übertragung in den Stadien "unilaterale Kameras" im Einsatz. Aber auch deren Bilder müssen durch das IBC-Nadelöhr in Wien. Ebenso vom softwarefehler war betroffen war der ARD-Hörfunk, dessen Leitungen mehrfach zusammenbrachen. Das Inforadio vom RBB behalf sich zwischenzeitlich dadurch, dass der ZDF-Ton mit Béla Réthy aufgeschaltet wurde.

ARD und ZDF beklagen, dass ihnen die Uefa das technische Netz als unterbrechungsfrei mit Back Up durch Diesel-Generatoren zugesichert hatte. Warum diese nicht angesprungen sind, wird noch untersucht. Ein eigenes Back-up-System stand den Sendern nicht zur Verfügung. Die Uefa kündigte neue, besondere Sicherheitsmaßnahmen an, so soll ein parallel laufender Generator während des Finales alle etwaigen Mikroausfälle auffangen. Die ARD, die das Endspiel am Sonntag überträgt, wird in München beim Bayerischen Rundfunk eine Ersatzregie bereithalten.

Das ZDF überprüft derzeit, ob der Sender finanzielle Ansprüche gegen die Uefa geltend machen kann. Immerhin zahlen ARD und ZDF zusammen für die Übertragung der 31 EM-Partien rund 115 Millionen Euro. Die Europäische Fußball-Union generiert 800 Millionen Euro des EM-Etats von insgesamt 1,3 Milliarden Euro durch Fernseheinnahmen. Da müsste ein Diesel-Generator drin sein.

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