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Bloggerkolumne: ACTA-Demos: Frieren für die Freiheit

Die Bundesregierung unterzeichnet Acta nicht. Vorerst. Trotzdem lohnt es sich, am Samstag gegen das Abkommen zu demonstrieren - unter anderem in Berlin, meint Markus Beckedahl. Er plädiert für ein zeitgerechtes Urheberrecht.

Am Samstag gehen in mehr als 50 Städten in Deutschland Menschen bei Minustemperaturen auf die Straße, um gegen das internationale Handelsabkommen Acta zu demonstrieren. Einer der vielen Kritikpunkte am Acta-Abkommen ist die Aufforderung an Staaten, „Kooperationsbemühungen im Wirtschaftsleben“ zur straf- und zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung zu fördern. Diese Zusammenarbeit zwischen privaten Akteuren wie Internet- Providern und Rechteinhabern soll umfassend sein und auch Sanktionen wie Netzsperren für Endverbraucher beinhalten.

Diese Entwicklungen kennen wir bereits aus Frankreich, wo mit Hadopi eine Überwachungsbehörde geschaffen wurde, die Menschen bis zu einem Jahr den Internetzugang sperrt. In Großbritannien gibt es ähnliche Bestrebungen, nur ohne Überwachungsbehörde.

Dort kooperieren Provider und Rechteinhaber direkt miteinander. Wer denkt, das ist weit weg, sollte sich mal anschauen, was der Bundeswirtschaftsminister anstrebt. Hinter geschlossenen Türen sollen seit zwei Jahren Rechteinhaber und Provider zu einer „freiwilligen Kooperation“ gebracht werden. Das Ziel ist erst mal eine Warnmodellinfrastruktur ohne den dritten Schritt des Internetwegnehmens.

Doch bereits bei der Einführung einer solchen Struktur sind die Risiken und Nebenwirkungen auf Meinungsfreiheit und Privatsphäre enorm. Mit einem Warnmodellsystem wird eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung gefordert, ohne jegliche Überprüfung auf Rechtsstaatlichkeit oder Verhältnismäßigkeit und unter Umgehung jeglicher rechtsstaatlicher Instanzen. Die Eskalation durch dieses Modell setzt sich fort, ohne das Problem zu lösen. Welcher Schritt kommt denn, wenn die Warnhinweise nichts bringen? Der Schritt zu Drosselungen und/oder Internetsperrungen ist nur noch ein sehr kleiner, wenn dieses Modell erstmal eingeführt ist.

Wir brauchen dringend eine Reform des Urheberrechts – allein, weil es Kreative, Nutzer und Politiker gleichermaßen überfordert. Es in seiner alten Form beizubehalten, wäre technisch nur mit extrem repressiven Maßnahmen gegen alle Nutzer des Netzes und digitaler Medien möglich. Dieser Traum mancher Rechteverwerter steht dem entgegen, wofür Künstler seit Jahrzehnten und Jahrhunderten eintreten: einer freien, offenen Gesellschaft.

Dass solche Überwachungsgelüste die Menschen weder in die Kinos noch in die Buch- oder CD-Läden treiben, haben wir im letzten Jahrzehnt bereits feststellen dürfen. Es wird Zeit, das einzusehen: Wenn wir das Urheberrecht nicht bald der Zeit anpassen, wird es sich nicht mehr mit verhältnismäßigen Mitteln durchsetzen lassen und an zunehmender Inakzeptanz scheitern. Das wäre schlecht für Urheber wie Nutzer.

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