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Christian Jakubetz ist freier Medienjournalist und bloggt unter „blog-cj.de“. Außerdem ist er Mitherausgeber des 2011 erschienenen Lehrbuchs „Universalcode - Journalismus im digitalen Zeitalter“.

© Heike Rost

Bloggerkolumne: Einfach mal die Klappe halten

Kurz nach Arbeitsbeginn, direkt vor Feierabend oder am Wochenende - eine Studie erklärt Unternehmen umständlich, wie sie in sozialen Medien kommunizieren sollen. Dabei reicht eigentlich eine simple Regel.

Man müsste es einfach mal probieren: Mitmenschen wahlweise erst kurz nach Arbeitsbeginn oder direkt vor Feierabend ansprechen, die eigene Kommunikation auf maximal vier Sätze pro Output beschränken, klar und einfach in den Aussagen, gerne gewürzt mit etwas Humor. Und wenn’s dann noch geht: das Wochenende zur Kommunikation nutzen, weil da eh zu wenig kommuniziert wird und sich die lieben Mitmenschen mehr über Ansprache freuen. Ansonsten – das ist jetzt der hochexklusive Tipp des Tages – sollte man ab und an auch mal ganz die Klappe halten.

Was hier als große Weisheit daherkommt, ist natürlich eigentlich eine Sammlung von Platitüden: Ein Mensch, der auch nur ein bisschen mit Sozialkompetenz ausgestattet ist, weiß ohnehin, dass er seine Mitmenschen nicht permanent unstrukturiert volllabern sollte. Man könnte auch sagen: Zu wissen, dass man ab und an die Klappe hält und nicht nur Stuss redet, gehört zu den ersten Lernerfolgen bei den meisten Menschen. Diejenigen, die das nicht zeitig begreifen, kapieren es aller Erfahrung nach nie.

Auch im Netz, und damit endlich zum Thema dieser Kolumne, sind weder die Schwerkraft noch ansonsten gültige Gesetze außer Kraft gesetzt worden, nicht mal die der Kommunikation. Man könnte sogar mit dem guten alten Gerhard Polt feststellen: Es ist fast wie im richtigen Leben. Doch obwohl es beinahe lebensecht im Netz zugeht, beglücken uns immer wieder solche, die uns sagen, wie das geht, dieses Leben im virtuellen Raum. Eine Agentur aus Wien hat sich jetzt beispielsweise mit ein paar kommunikativen Grundregeln für Unternehmen in sozialen Netzwerken befasst – und siehe da (beziehungsweise: siehe oben): Ab und an mal einfach nix sagen statt Stuss zu erzählen, das gilt plötzlich als große und gewagte Erkenntnis. Man kann sich vorstellen, was auf den Fluren deutscher Unternehmen gerade los ist: Aufgeregte Kommunikationschefs verdonnern ihre Mitarbeiter dazu, die Klappe zu halten und nur noch intelligentes Zeug in maximal vier Sätzen und am besten am Wochenende abzusetzen. Gut, für nicht wenige Unternehmen dürfte beides zu einer Herausforderung werden, zumindest aber das mit dem „besser mal nichts sagen“ könnte hinhauen, wenigstens an den Wochenenden.

Aber immerhin, so langsam lernen sie und wir diese Sache mit dem Netz, und dass das kein Ort wunderlicher Dinge ist. In den USA übrigens bringt man die Verhaltensregeln in sozialen Netzwerken schon länger auf einen einfachen Nenner. Nicht mal vier Zeilen lang, klar formuliert und leicht zu merken: Don’t be an Idiot! Wenn das jetzt noch eine Agentur in Deutschland entdeckt – nicht auszudenken, was bei uns los sein wird.

Christian Jakubetz

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