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Detective Harry Bosch (Titus Welliver)

© Aaron Epstein/Amazon

Serie "Bosch" bei Amazon Prime: Leben und Sterben in L.A.: "Bosch" geht weiter

Fragen ist sein Ermittlungsmodus: Die Cop-Show „Bosch“ geht bei Amazon Prime in die vierte Staffel. Warum sie sich lohnt.

Das kann alles kein Zufall sein. Erst mal Freitag, der 13. April. Dann fragt Maddy ihren Vater: „Warst Du hier während der Unruhen?“ Ja, Harry Bosch, war 1992 in Los Angeles, als Krawalle losbrachen, nachdem ein Gericht vier weiße Polizisten freigesprochen hatte, die den Schwarzen Rodney King halbtot geprügelt hatten. Das war vor 25 Jahren, aber unter ihrem Sonnenlächeln ist L.A. unverändert eine „schwarz-weiße“ Stadt.

Das wird schlagartig klar, als Howard Elias (Clark Johnson) in der frisch renovierten Seilbahn erschossen wird, die so attraktiv von Downtown hoch zu Bunker Hill führt. Der Bürgerrechtsanwalt Elias war kurz davor, den „Black Guardian Fall“ vor Gericht zu bringen. Sein Mandant, ein Schwarzer, wurde von der Polizei brutal gefoltert, die ihn der Entführung einer jungen Weißen verdächtigte.

Irvin Irving (Lance Reddick), Chief des Los Angeles Police Department, weiß, wie feindlich die gesamte Raubmord-Einheit dem Opfer gegenübersteht, also setzt er Detective Harry Bosch an die Spitze der Ermittlungstruppe. Und gibt ihm eine Warnung mit: „Du hast eine Geschichte mit der Welt, Bosch, aber nicht mit Howard Elias.“

Alle sitzen sie im Druckkessel, Black-Lives-Matter-Aktivisten fordern bereits die Weitergabe des Falls ans FBI. LAPD, das sei immer noch eine üble Rodney-King-Schlägertruppe. „Bosch IV“ basiert wieder auf den Kriminalromanen von Michael Connelly, hier vor allem auf „Angels Flight“ von 1999, der die Unruhen Anfang der 90er Jahre aufnahm. Die neue Staffel ist quasi die televisionäre Aktualisierung der Romanvorlage.

Bosch muss der richtige Mann für die Ermittlung sein. Autoritäten kümmern ihn nicht, Kollegen kümmern ihn nicht, selbst sein Partner Jerry Edgar (Jamie Hector), der noch an seinen Schusswunden (aus Staffel III) leidet, wird bei seiner Rückkehr nicht eben mit Empathie überflutet. Und dann sind da noch Boschs Tochter Maddy (Madison Lintz) und seine geschiedene Frau Eleanor Wish (Sarah Clarke), die im FBI-Sektor arbeitet. Das Glück hält sich die meiste Zeit bedeckt für Harry Bosch.

Er ist L.A. – und er ist es nicht

Auch in der neuen Staffel entfaltet sich die Story mit Sorgfalt, die nicht mit Langsamkeit, sondern mit Genauigkeit kombiniert ist. Weitere Tötungsdelikte kommen hinzu und selbst der Mord an Boschs Mutter, der sich quasi wie ein roter Faden durchs Bosch-Universum zieht, bekommt neue Nahrung. Die Fälle von Hieronymus Bosch gehören zu den Glanzpunkten der TV-Krimi-Literatur.

Sie sind konsequent in der Dramaturgie, in der Figurenzeichnung, in dem unbedingten Zusammenspiel aus Schauplatz – Los Angeles – und Akteuren. „Bosch“ leuchtet den Charakter- und den Schattenwurf der Westküstenmetropole aus.

Was erzählt „Bosch IV“ Neues, wo ist der Thrill-Faktor, wenn die Protagonisten derart etabliert und nur die Fälle neu sind? Da ist eben LAPD-Detektiv Harry Bosch, durch den Energieströme seiner Stadt laufen. Er ist L.A. – und er ist es nicht. Er arrangiert sich nicht, sein Kompass ist seine Gerechtigkeit, die nicht kompatibel ist mit den Gerechtigkeitsauslegungen anderer. Aus dieser Reibung entstehen die Spannung und das Fibröse dieser Serie stets aufs Neue.

Titus Welliver ist Co-Produzent von „Bosch“, und er spielt Bosch. Da weiß der eine, was der andere tut. Eine Cop-Show, die die Geschichte einer Stadtgesellschaft und ihres Bewohners Harry Bosch erzählt. So wie Welliver den Cop spielt, reiht er sich ein in die Hard-Boiled-Corona mit Philip Marlowe und Sam Spade. Fragen ist sein Ermittlungsmodus, der Mensch gibt Antworten, nicht das Labor. Harry Bosch sieht mehr, als er sehen soll, er hört mehr, als ihm gesagt wird. Er ist eine existenzielle Figur.

Zurück auf Anfang: Es ist Freitag, der 13. April, an dem Amazon Prime Video die zehn Episoden von „Bosch IV“ online stellt. Also.

„Bosch“, alle zehn Episoden der vierten Staffel ab Freitag bei Amazon Prime Video

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