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Medien: Content statt Journalismus

Wie sich der designierte Vorstandsvorsitzende und Umbauer des Axel Springer Verlages, Mathias Döpfner, Qualitäts-Journalismus vorstellt, sagt er in der aktuellen "Focus"-Ausgabe: Dort spricht er von einem Modell, in dem Redaktionen "in Kompetenzentren gegliedert sind und verschiedene Zeitungen bedienen".Immer, wenn Journalismus als "Content" und Redaktionen als "Kompetenzcenter" bezeichnet werden, ist Vorsicht angebracht.

Wie sich der designierte Vorstandsvorsitzende und Umbauer des Axel Springer Verlages, Mathias Döpfner, Qualitäts-Journalismus vorstellt, sagt er in der aktuellen "Focus"-Ausgabe: Dort spricht er von einem Modell, in dem Redaktionen "in Kompetenzentren gegliedert sind und verschiedene Zeitungen bedienen".

Immer, wenn Journalismus als "Content" und Redaktionen als "Kompetenzcenter" bezeichnet werden, ist Vorsicht angebracht. Muss eine eine Zeitung keine Seele haben, um vom Leser gekauft, gelesen und gemocht zu werden? Kann eine einzige Redaktion zwei unterschiedliche Zeitungen machen, ohne dass nicht mindestens eine, wenn nicht gar beide darunter leiden? Wer rein wirtschaftlich denkt, vergisst, dass die Produktion von Holzschrauben nach anderen Regeln funktioniert als die Produktion von Zeitungen. Wer rein wirtschaftlich denkt, der stört sich daran, dass in einem Haus, in dem mehrere Zeitungen erscheinen, mehr als ein Journalist über einen und denselben Sachverhalt schreibt. Kann man sich alles sparen! Und dann werden Ideen umgesetzt wie die gerade von Springer beschlossene Fusion von "Berliner Morgenpost" und "Welt".

Am heutigen Dienstag ist Aufsichtsratssitzung beim Axel Springer Verlag. Es ist davon auszugehen, dass neben dem Projekt Alpha - so heißt intern der Plan zur Fusion von "Berliner Morgenpost" und "Welt" - noch weitere Umbau- und Einsparpläne diskutiert werden. Viele warten darauf, dass auch im Zeitschriftenbereich eingespart wird. Der trägt sowieso weit weniger zum Umsatz des Verlages bei als die Zeitungen. Und schließlich gibt es auch Zeitschriften, die ihren Teil zu den Gesamtverlusten beitragen. So viel ist klar. Es werden weitere, so genannte "bereichsübergreifende Kooperationsmöglichkeiten" geprüft, heißt es bei Springer.

Im Aufsichtsrat sitzt auch Großaktionär Leo Kirch. Der hatte noch vor ein paar Wochen in der "FAZ" angekündigt, er werde sich künftig mehr um das Zeitungsgeschäft von Springer kümmern. Er sagte, er sehe eine große Fusionswelle kommen, da die Anzeigenbasis wegbreche und die Lesebereitschaft in der Bevölkerung weiter zurückgehe. Hier werde in den kommenden zehn Jahren "viel Fallholz" entstehen. Mit Springer wolle er "an der Konsolidierung des Zeitungsmarkts beteiligt sein und aus Fallholz Bauholz machen". Mittlerweile sagen manche hinter vorgehaltener Hand, mehr als Kleinholz werde er bei Springer wohl bald nicht mehr vorfinden. Konsolidiert werde bei Springer intern - indem das Bauholz ("Berliner Morgenpost") mit dem Fallholz ("Welt") auf einen Haufen geworfen werde.

Die Frage ist nun, ob Kirch noch lange Großaktionär der Axel Springer Verlag AG sein wird. Im kommenden Jahr, so die Vereinbarung, will Springer bei der ProSieben Sat 1 Media AG aussteigen. 1,5 Milliarden Mark soll Kirch Springer dafür zahlen. Doch ob er das Geld hat, ist fraglich. Fraglich ist auch, ob Kirch sich nicht gezwungen sieht, seine (beliehene) Springer-Beteiligung abzugeben. Damit würde Springer zum Übernahmekandidat: zum Beispiel für Rupert Murdoch oder John Malone.

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