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Wie sehen die Nachrichten-Formate von morgen aus? "heute+"-Moderator Daniel Bröckerhoff spricht in eine Studio-Kamera in der Greenbox

© dpa

Crossmediales Info-Format: "heute+" oder das Ende der "Tagesschau"

Am Montag hat das ZDF "heute+" gestartet. Die Sendung ist vieles, aber eines nicht: eine klassische Nachrichtensendung, die den Tag zusammenfasst.

Also, das Zweite Deutsche Fernsehen ist schon mal zufrieden mit dem Start des neuen crossmedialen Nachrichtenangebots „heute+“. „Wir haben sowohl von den Online-Nutzern als auch von den Fernsehzuschauern viel Zustimmung und Aufmunterung erhalten“, sagte Sendersprecher Thomas Hagedorn am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). „heute+“ startete am Montagabend. Die Fernseh-Ausstrahlung um 23 Uhr 50 schalteten rund 660 000 Zuschauer ein, das entspreche dem bisherigen Niveau von „heute nacht“, sagte Hagedorn.

"heute+" will vieles, aber kein klassisches Nachrichtenfernsehen sein wie das "Nachtmagazin" im Ersten oder das "Nachtjournal" bei RTL. Bei der der ZDF-Konkurrenz wird vor allem das Publikum bedient, das die wesentlichen Ereignisse des Tages in komprimierter Form serviert bekommen möchte. "heute+", das "heute nacht" nach mehr als 20 Jahren ablöst, geht andere Wege. Schon bei der Verbreitung: Um 23 Uhr wird da Format in der ZDF-Mediathek bereitgestellt, einzelne Inhalte werden schon vorher online und über soziale Medien verbreitet. Die Live-Sendung ist quasi eine Zusammenschau für jene Zuschauer, die sich weiter an das linear ausgestrahlte Programm halten wollen.

Mit dem neuen Angebot will das ZDF nach eigenen Angaben eine jüngere Zielgruppe für die Nachrichten der „heute“-Familie gewinnen. Der durchschnittliche ZDF-Zuschauer ist um die 60 Jahre alt, damit gehört das ZDF-Hauptprogramm zu den "ältesten" Programmen im deutschen Fernsehen.

Klarer Bruch mit der bisherigen News-Tradition

"heute+" in der Premiere vom Montag ist ein Bruch mit der Tradition des bisherigen Nachrichtenfernsehens. Moderator Daniel Bröckerhoff moderiert in Jeans, Hemd aus der Hose und Händen zuweilen in den Hosentaschen. Das ist weit entfernt vom "Kanzelauftritt" in "Tagesschau", "heute" und "heute-journal". Bartträger Bröckerhoff steht nicht hinterm Tisch, sondern quasi frei im Studio und inmitten einer nächtlichen Großstadtkulisse. Cool ist die Absicht. Eine Grundsatzfrage wird zudem berührt: Wenn "heute+" nicht die Zusammenfassung eines Tages sein will, was dann? Wahrscheinlich ein Magazin. Schwerpunkt der ersten Sendung war das Thema Flüchtlinge mit Beiträgen zu einem Schleuser aus Nairobi und einem Flüchtling aus Somalia. Der Klimawandel wurde thematisiert, Radfahrer gezeigt, die Berlin des Nachts zum Leuchten bringen wollen. Interessante Beiträge, doch nur bedingt relevant in der Agenda des Montags.

Das ZDF traut sich mit "heute+" etwas und mutet den Zuschauern allerhand zu, weil davon ausgegangen wird, dass sich das Publikum über alle anderen Nachrichtenkanäle - News in Radio und TV, Live-Ticker, Homepages - längst informiert hat. Da will das neue, crossmediale Angebot jenseits der Tagesaktualität nur bedingt mithalten. Es geht um Zubrot, um Mehrwert, es geht letztlich um die Frage, welche Nachrichten-Auswahl am späten Abend ein mehr oder minder großes Publikum interessieren kann. Der Begriff der Nachricht ändert sich.

"heute+" muss dabei in seiner Grundannahme richtig liegen, dass der Normalmensch über den Tag quasi im Nachrichtenstrom steht und in der althergebrachten News-Zusammenfassung eben nur eine Wiederholung erlebt. Die Annahme ist kühn, und es wird sich zeigen müssen, ob die traditionelle Konkurrenz davon profitiert - oder darunter leidet.

Wie epd berichtet, äußerten sich auf Facebook und Twitter Nutzer zustimmend über die erste Ausgabe. „War echt gut... nicht nur gut. Eher sehr interessant“, „Ein interessantes Konzept, bei dem zu hoffen bleibt, dass es seine selbst gesetzten Ziele erreicht“ und „Super! Nur auf Dauer leider nichts für mich, da zu spät (zumindest live...)“ lauteten Kommentare. Kritik gab es auch: Ein Nutzer sah „Potenzial für Kindernachrichten“ und schlug vor: „heuteplus sollte um 17 Uhr gesendet werden und mitternachts dann bitte wieder Nachrichten für Erwachsene und Informierte.“

"heute+“-Projektleiter Clas Dammann sagte: „Die Diskussion zu unseren Beiträgen auf Facebook war sehr engagiert und an den Themen orientiert, was uns sehr gefreut hat.“ Verständlich. Aber der wahre Härtetest kommt erst noch.

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