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Medien: „Da kann man einfach mehr bewegen“

Maria von Welser über ihre neue Aufgabe als Landesfunkhauschefin in Hamburg

Sie zitieren gern: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Welchen Zauber hat das Amt der Direktorin einer Landesrundfunkanstalt?

Es ist eine wunderbare breit angelegte Aufgabe, in der ich all das einbringen kann, was ich mein Leben lang gemacht habe, nämlich Hörfunk und Fernsehen. Alles unter dem Dach des Journalismus und das Ganze in einer verantwortlichen Position. Das ist perfekt. Ich denke, dass Frauen „ja“ sagen sollten, wenn sie eine leitende Funktion angeboten bekommen.

Grundsätzlich?

Schon. Für mich ist vollkommen klar, wann immer es eine Möglichkeit gibt, redaktionelle Verantwortung zu übernehmen, ergreife ich sie. Das habe ich schon bei „Mona Lisa“ gemacht. Da kann man einfach mehr bewegen.

Der Titel „Direktorin der Landesrundfunkanstalt“ klingt sperrig. Nach Sitzungen und Gremien: Haben Sie keine Sorge, ins VerwaltungsAbseits zu geraten?

Überhaupt nicht. Was mich als Journalistin immer gestört hat, ist, dass sich in bestimmten Hierarchien Leute bewegen, die keine Ahnung von unserem Beruf haben.

Wie sieht Ihr Tag aus?

Ein typischer Tag, wie der heute, läuft in etwa so ab: 9 Uhr 45 Redaktionskonferenz, 10 Uhr 15 Bürobesprechung mit meinen engen Mitarbeitern, danach Gespräch in der Intendanz, anschließend Termin mit dem Justiziar. Am Nachmittag die ersten Personalgespräche, abends Präsentation von Siegfried Lenz’ „Fundbüro“. Dazwischen versuche ich, viel Programm zu sehen, zu hören, präsent zu sein. Und zu schreiben.

Was schreiben Sie denn?

Ich habe gerade wieder ein Buch fertig. Es heißt „Zurück zur Zuversicht“ und erscheint im September.

Was bedeutet der Titel?

Ich schreibe über meine Jahre in London, aber vor allem über meine Krankheit. Ich habe seit vier Jahren Blepharospasmos, eine Form der Dystonie. Das bedeutet ein unwillkürliches Blinzeln meiner Augenlider.

Wie zeigt sich das?

Ich habe meine Lider nicht unter Kontrolle, sie zucken, manchmal schließen sie sich wie in einem Krampf. Ich war zeitweise wie blind und völlig deprimiert. Vor allem, weil zunächst kein Arzt herausfand, was ich habe.

Sind Sie inzwischen geheilt?

Dystonie ist unheilbar. Aber alle drei Monate lasse ich mich spritzen, dann merke ich überhaupt nichts mehr.

Warum gehen Sie mit Ihrer Krankheit an die Öffentlichkeit?

Ich will mit meinem Buch den Tausenden Dystonie-Patienten in Deutschland helfen und ihnen Mut machen.

Vor Ihrer Berufung nach Hamburg waren Sie zweieinhalb Jahre fürs ZDF in London. Denken Sie, dass der klassische Korrespondenten-Job bedeutungsloser geworden ist, wie Kritiker manchmal sagen?

Ich weiß nicht, wie es früher war. Der Job hat sich verändert, seitdem die Programme den ganzen Tag über senden. Wir waren in London täglich in allen Sendungen vertreten. Das bedeutet, der Korrespondent ist immer im Studio, schneidet, produziert und kommt kaum aus dem Haus.

War das ein Grund, warum Sie London verlassen haben?

Nein, ich mochte meine Arbeit da. Aber dann bekam ich von NDR-Intendant Jobst Plog das Angebot. Diese Herausforderung konnte ich nicht ablehnen.

Was macht eigentlich eine Landesrundfunkanstalt?

Das Landesfunkhaus Hamburg macht zwei große Programme: Im Hörfunk ein Vollprogramm mit einer guten Mischung aus Wort- und Musikbeiträgen. Dazu kommen 45 Minuten tägliches TV-Regionalprogramm Hamburg.

Was möchten Sie hier erreichen?

Ich bin erst ein paar Wochen hier und finde ein funktionierendes Haus vor. Ich sehe nichts, was ich direkt verändern müsste …

… klingt nicht gerade nach Herausforderung.

Ich lerne jetzt erst mal die Menschen kennen. Was ich auf jeden Fall möchte, ist, mich für junge Menschen einzusetzen. Das liegt mir am Herzen. Und dann möchte ich mich engagieren für Frauen in Führungspositionen. Wobei es beim NDR bereits 46 Prozent Frauen in den Redaktionen gibt. Wobei – nach oben wird es dünn.

Was raten Sie jungen Kollegen?

Es gibt da ein paar Tricks.

Zum Beispiel?

Prinzipiell samstags und sonntags arbeiten. Einsatz zeigen ist immer gut. Dienst an Weihnachten, Silvester und Ostern machen und in den Sommerferien. Ich muss einfach spüren, dass jemand diesen Beruf unbedingt will.

Wie ist Ihr Führungsstil?

Kommunikativ und effektiv. Ich versuche immer, möglichst schnell zu entscheiden. Und: reden, Informationen weitergeben. Transparenz. Meine Bürotür ist immer offen.

Schlussfrage: Was ist Ihre Lieblingssendung?

(Lacht schallend) Das Bergprogramm von ORF und dem Bayerischen Rundfunk. Ich liebe das in der Früh. Ich seh die Almen, die Berge und höre bayerische Musik.

Das Gespräch führte Carla Woter.

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