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Medien: Das enge Sprecher-Korsett

Eva Herman pausiert in der „Tagesschau“ – wegen ihrer Ansichten zur Emanzipation

ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke spricht von einer „Entscheidung, die großen Respekt verdient“. Eva Herman habe ihm am Freitag „von einem Buch zum Thema Emanzipation berichtet, das sie geschrieben hat und das voraussichtlich für kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit“ sorgen werde. „Mit Rücksicht auf die Neutralität der ,Tagesschau’ will sie deshalb ihre Arbeit ruhen lassen“, sagt Gniffke. Schon ab Ende August gibt Herman ihren Sprecher-Job auf.

Ob Eva Hermans Entscheidung ganz freiwillig zustande kam oder unter gewissem Druck, werden nur Gniffke und Herman wissen. Ihre Thesen zur Emanzipation – sie ist eine vehemente Gegnerin – hat sie bereits im Frühjahr in der Zeitschrift „Cicero“ dargelegt und dafür heftige Kritik von Frauenverbänden geerntet. Eine Nachrichtensprecherin, die polarisiert – das verträgt sich nicht mit dem Image des Berufsstands. „Tagesschau“- Sprecher gelten traditionell als Menschen ohne Unterleib und Meinung. Seit der Umgestaltung des ARD-Nachrichten-Studios im vergangenen Jahr sieht man zumindest während des Abspanns der „Tagesthemen“ ihre Beine. Unorthodoxe Meinungsäußerungen sind aber immer noch eine heikle Sache. „Sie können alles sagen“, sagte ein ARD-Oberer, als er Jan Hofer zu seiner Beförderung zum Chefsprecher gratulierte, „nur als Chefsprecher der ,Tagesschau’ nicht mehr“.

Trotz des Zwangs zum Mäßigung oder gerade deshalb ist bei den „Tagesschau“-Sprechern ein Hang zum Skandal zu beobachten. Vor Eva Herman ist bereits Susan Stahnke deshalb vom Bildschirm verschwunden. Das Delikt: Sie hatte sich 1999 in der „Gala“ in Strapsen fotografieren lassen. Die Strafe: erst mal keine. Der damalige ARD-Aktuell-Chefredakteur Bernhard Wabnitz schickte ihr nur einen Brief, in der er sie an das seriöse Image der „Tagesschau“-Sprecher erinnerte. Doch Stahnke war nicht mehr zu bremsen. Sie erklärte öffentlich, dass sie in einem Hollywood-Film die Ehefrau von Hermann Göring spielen werde und teilte dann dem Sender ihre Kündigung in der „Bild am Sonntag“ mit.

Jens Riewa durfte bleiben – obwohl er sich zweier Vergehen schuldig machte: der Indiskretion und der Pöbelei. 2002 sagte er in der „Bild“-Zeitung, die Schlagersängerin Michelle sei eine „Granate im Bett“. 2004 sang er beim Eishockeyspiel ERC Ingolstadt gegen Iserlohn Roosters ins Stadionsprecher-Mikrophon „Scheiß Iserlohn…“. Der NDR-Fernsehchef Jürgen Kellermeier sprach im zweiten Fall von einer „gelben Karte“, die Riewa bekommen habe. Riewa entschuldigte sich, ihm wurde verziehen. Und auch Eva Herman darf an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Das ist wohl die Belohnung dafür, dass sie den NDR über den möglichen Eklat vorgewarnt hat. In ein, zwei Jahren, kündigt die ARD an, sehe man sie wieder in der „Tagesschau“. nol

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